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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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war Ciro ziemlich fix. Erst machte er ein langes Gesicht, wirkte verstört, als überwältigte ihn die Panik; er schrak um einen Schritt zurück. Aber sein Rückwärtsweichen erwies sich als Finte. Viel zu schnell für echte Panik trat er flink nach der Injektionsspritze.
    Zum Glück war Sorus darauf vorbereitet. Sie schwang sich seitwärts, brachte die linke Hand vor Ciros Tritt in Sicherheit und versperrte ihm mit dem rechten Arm den Fluchtweg.
    Sein Fuß schoß an Sorus vorüber und auf Taverner zu.
    Ohne jede Anstrengung packte Taverner den Stiefel des Jungen, riß ihn mitten in der Luft herum und umklammerte ihn hinterrücks mit beiden Armen.
    Ciro wehrte sich wild und heftig, ohne einen Laut von sich zu geben. Doch genausogut hätte er versuchen können, sich aus Ketten zu befreien. Der Halb-Amnioni hatte mehr als genug Kraft, um ihn festzuhalten.
    Jetzt zögerte Sorus nicht mehr. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß das Finstere ihres Handelns aus ihrem Tiefinnersten emporschwallte und sie darin ertrank. Behend und unbarmherzig ergriff sie Ciros Handgelenk, zerrte seinen Unterarm aus dem Ärmel, um einiges an Hautfläche zu entblößen, und stach die Nadel der Injektionsspritze hinein.
    Nach zwei Sekunden war die Spritze leer.
    Vor Nick Succorsos vorgeblichem Steward lagen noch schätzungsweise zehn Minuten menschlicher Existenz.
    Rasch ging Sorus für den Fall, daß er ein zweites Mal zutreten sollte, von ihm auf Abstand. Aber sofort sah sie, daß er die Gegenwehr aufgegeben hatte. Starr hing er in Taverners Umklammerung; stierte den winzigen Einstich an, den die Spritzennadel in seiner Haut hinterlassen hatte. Danach erst warf er den Kopf in den Nacken und öffnete den Mund zu einem Schrei äußersten Grauens.
    Mit ausgestrecktem Arm versetzte Sorus ihm eine Ohrfeige. Der Hieb linderte ihren Selbstabscheu nicht im geringsten, aber erstickte Ciros Aufschrei.
    »Du sollst zuhören, hab ich dir gesagt!« schnauzte sie. »Sieh mich an!«
    Sobald sein Schädel nach vorn sackte, hatte er die Augen wieder auf den Unterarm gesenkt; die Stichwunde bannte seinen Blick unwiderstehlich. Aber als Sorus es verlangte, hob er langsam den Kopf.
    Sein Gesichtsausdruck weckte bei ihr den Wunsch, ihn zu erschießen.
    Während sie irgendwo in ihrem Innern zitterte, legte sie die Injektionsspritze beiseite und brachte aus der Tasche ein kleines Fläschchen zum Vorschein.
    »Denk mal ’n bißchen nach, Ciro. Würde ich dich in einen Amnioni verwandeln, wärst du für mich keine Hilfe. Succorso ließe dich gar nicht zurück an Bord. Du hast recht, ich habe dir ein Mutagen gespritzt. Aber es wirkt nicht sofort. Hast du gehört? Die Wirkung tritt nicht sofort ein. Damit ist frühestens in zehn Minuten zu rechnen. Das hier« – sie hielt das Fläschchen vor ihm hoch – »ist das Gegenmittel. Dieses erwähnte Medikament, das dafür sorgt, daß ein Mutagen passiv bleibt.« Sein Blick schien sich an dem Fläschchen festzusaugen, als wollte er den Inhalt mitsamt dem Glas und Plastik hinunterschlingen.
    »In der Flasche sind sechs Pillen«, teilte Sorus ihm mit. »Eine Pille pro Stunde. Ich kann dir jetzt sechs Stunden deines Lebens schenken. Und ich habe noch mehr von diesen Pillen. Viel mehr. Sogar genug, um uns beiden zu gewährleisten, daß wir Menschen bleiben, solange wir leben. Aber ich möchte, daß du mal hübsch nachdenkst. «
    Plötzlich bäumte Ciro sich gegen Taverners Klammergriff auf, warf sich in wütendem Widerstand hin und her. Doch die Mühe war vergeblich: ohne Zweifel hätte er Sorus ebenso leicht wie den Jungen bändigen können. Nach zwanzig Sekunden erlahmte Ciro, baumelte matt in Taverners Armen.
    »Sie wollen wissen, warum wir hier sind.« Jetzt schaute er weder Sorus noch das Fläschlein an; sein Kopf hing vornüber, als wäre sein Genick gebrochen. »Ich soll’s Ihnen verraten.« Seine Stimme entrang sich der beengten Brust als Ächzen.
    »Falsch.« Seine Furcht steigerte Sorus’ Zorn. »Warum ihr hier seid, weiß ich längst, verdammt noch mal. Ich bin über Shaheeds Forschungen informiert. Also, dein zweiter Versuch.«
    Er zuckte zusammen. »Dann verlangen Sie, daß ich was für Sie tu. Was gegen Nick. Oder das Raumschiff.«
    »Denk nach«, ermahnte Sorus ihn.
    »Es kann wohl nicht so sein, daß ich wen umbringen soll«, meinte er ganz leise. Sorus konnte sein Gesicht nicht erkennen; sie hörte kaum seine Stimme. »Für so was bin ich zu jung. Ich hätte keine Chance. Ihnen geht’s darum, daß ich was

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