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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von dem, was sie unternahm, den Eindruck der Heimlichtuerei erweckte. Sollte Nick sie zur Rede stellen, hatte sie vor, ihm Augenzeugen zu nennen, die ihre Aussagen bestätigten.
    Das Bewegen war ihr eine Hilfe; ebenso half es ihr, auf der Grundlage eigener Entscheidungen zu handeln. Zunächst ging sie nur die Strecke zurück, die sie vorher zu dem Labor genommen hatte, in dem Vector gegenwärtig an seiner Tätigkeit saß. Doch sobald sie einen der Hauptkorridore des Schwarzlabors betreten hatte, schaute sie sich nach Werkschutzleuten um.
    Techniker und Wissenschaftler in Kitteln latschten in beide Richtungen des Korridors – so viele, daß Mikka vermutete, in den weitverzweigten Laboratorien und Experimentierstätten des Illegaleninstituts lief gerade ein Schichtwechsel ab. Wie viele Menschen lebten hier? Sie wußte es nicht. Die Einrichtung war groß, allerdings relativ klein, verglich man sie mit einer Schwarzwerft wie dem vernichteten Kassafort. Gewöhnliche Raumpiraterie lockte mehr Illegale an als verbotene Forschung, und wenn allein aus dem Grund, weil Stehlen und Rauben leichter fiel als die Art von Betätigung, der sich Beckmann hingab.
    Nach fünf Minuten bemerkte Mikka voraus einen Werkschutzmann, der die gleiche Richtung wie sie einhielt. Sie folgte ihm. Er betrug sich, als suchte er jemanden. Sie tippte an seinen Arm, um seine Aufmerksamkeit zu erregen; er fuhr herum und schaute sie unfreundlich an, so als wäre er bei etwas Wichtigem gestört worden.
    Auf den ersten Blick war er ihr unsympathisch. Aus irgendeinem Grund reizte seine Angespanntheit ihre Nerven so sehr, daß ihr die Haut kribbelte wie von Läusen.
    Trotzdem merkte sie sich als erstes den Namen, der auf seinem Werkschutz-Id-Schildchen stand: Klimpt. Zeugen mit Namen waren nützlicher als welche ohne Namen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie, nachdem sie seine Beachtung gefunden hatte. »Ich bin Mikka Vasaczk von der Posaune. Ich suche meinen Bruder Ciro.«
    Wie von Nick war ihr Bruder, seit sie beide auf der Käptens Liebchen angeheuert hatten, auch ihrerseits stets ›Lumpi‹ gerufen worden. Doch seit einigen Tagen erregte Ciros Spitzname bei ihr Anstoß. Ciro verdiente eine anständigere Behandlung.
    Der Werkschutzmann blickte weg, sah sich im Korridor um, schenkte seine Aufmerksamkeit wieder Mikka; höflich zu sein, gab er sich keine sonderliche Mühe.
    »Wen?«
    Mikka spürte, wie sich ihr Gesicht unter dem Kopfverband zu ihrer gewohnten grimmigfinsteren Miene verzog; aber sie blieb bei einem neutralen Tonfall. »Kapitän Succorso nennt ihn ›Lumpi‹. Er hat den Auftrag, bei Ihrem Lebensmittellager einiges zu ordern. Ich muß ihn sprechen.«
    Klimpt musterte sie schärfer. »Warum?« verlangte er zu erfahren.
    Mikka zuckte die Achseln, um ihm zu zeigen, daß seine Feindseligkeit sie nicht beeindruckte. »Wir brauchen dies und jenes, von dem Ciro vielleicht nichts weiß. Ich möchte sicher sein, daß er es auf die Bestelliste setzt.«
    Die Feindlichkeit des Werkschutzmitarbeiters ließ nach; statt dessen nahmen seine Gesichtszüge einen Ausdruck der Genervtheit an. »Dann können Sie mir helfen«, meinte er leise, um von keinem Unbeteiligten gehört zu werden. »Der kleine Scheißkerl hat sich irgendwohin verdrückt. Wir sollen ihn ausfindig machen.«
    Mikka fühlte, wie ihr Herz flatterte. Am liebsten hätte sie Klimpt dafür, daß er ihren Bruder als ›kleinen Scheißkerl‹ diffamierte, aufs Maul gehauen. Gleichzeitig war ihr danach, sich die Haare zu raufen, zu zetern, blindlings loszulaufen. Sich verdrückt? Ciro? Bei dem schauderhaften Schiß, den er hatte – und obwohl er die Ereignisse noch weniger als Mikka begriff?
    Aber Anwandlungen von Panik führten zu gar nichts; hatten so wenig Zweck wie Hiebe für den Werkschutzmann. Sie behielt ihre Stimme in der Gewalt.
    »Glänzende Leistung«, brummte sie. Jetzt verstand sie, woher Klimpts feindselige Einstellung rührte. »Wie haben Sie das geschafft?«
    »Wir haben es nicht geschafft«, widersprach er trotzig. »Es ist einfach passiert.«
    Wo haben Sie schon gesucht? wollte Mikka fragen, überlegte es sich jedoch anders. Darüber zu reden wäre zwecklos. Die örtlichen Gegebenheiten des Schwarzlabors waren ihr unbekannt; durch überflüssige Erklärungen Klimpts verlören sie nur Zeit. »Ist mit Sib Rücksprache genommen worden?« fragte sie statt dessen. »Sib Mackern?«
    Klimpt schüttelte den Kopf.
    »Sagen Sie mir, wo ich ihn finde. Ich spreche mit ihm, während Sie

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