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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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anzusehen.
    Cleatus Fane beobachtete den Deputierten mit verschleiertem, nichtssagendem Blick.
    Abdullah räusperte sich, als ob Fanes Beachtung ihm Unbehagen bereitete. »Herr Vorsitzender Len, ehrenwerte Konzilsdeputierte, der durch das Konzil zu dem Zweck, gegen Polizeipräsident Dios und die VMKP gerichtete Vorwürfe schwerwiegender Dienstvergehen zu untersuchen, ernannte Sonderbevollmächtigte hat mehrere fragwürdige Sachverhalte aufgedeckt, die uns Anlaß zu ernster Besorgnis geben. Die VMKP hat sich zu gewagten Geheimaktionen im Bannkosmos verstiegen und dabei Personen dubiosen Charakters eingesetzt. Der Direktor der Abteilung Datenakquisition hat eingeräumt, eine Leutnantin der Operativen Abteilung Verhältnissen ausgeliefert zu haben, die man als Prostitution bezeichnen muß, wenn nicht gar als Sklaverei. Ein notorischer Illegaler, Kapitän Angus Thermopyle, ist mit Hilfe eines verräterischen Subjekts aus dem Gewahrsam der Abteilung Datenakquisition entflohen. Und jetzt« – mit einem Wink wies Abdullah auf Hashi Lebwohl – »sitzt hier unter uns derselbe Direktor der Abteilung Datenakquisition, der im Laufe der Videokonferenz in Polizeipräsident Dios’ Namen so erschreckende Einlassungen geäußert hat. Es wäre eine Vernachlässigung unserer Pflicht, würden wir die Gelegenheit versäumen, ihm unsere Fragen zu stellen.«
    Die Stimme des OU-Deputierten nahm einen nörglerischen Tonfall an. »Kapitän Vertigus«, quengelte er, »ich muß Sie bitten, Ehren Dringlichkeitsantrag zurückzunehmen. Ich halte es für richtig, die Sondersitzung statt dessen zu einem Forum für die Untersuchungen unseres Sonderbevollmächtigten Maxim Igensard zu machen.«
    Eifrig beugte Igensard sich an seinem Platz vor, um aufzuspringen.
    So wie alle übrigen Anwesenden heftete Hashi Lebwohl nun den Blick auf Kapitän Vertigus. Selbst unter wesentlich günstigeren Voraussetzungen wäre Sen Abdullahs Wunsch kaum abzuschlagen gewesen. Und unter Cleatus Fanes Augen mochte der Alte eine Weigerung als geradezu unmöglich empfinden.
    Kapitän Vertigus saß noch immer mit angelehntem Kopf und geschlossenen Augen im Sessel. Aus seinem offenen Mund drang ein leises Rasseln, als ob er schnarchte.
    »Kapitän Vertigus…!« Konzilsvorsitzender Len hatte eine Abneigung gegen Ungehobeltheit – ganz zu schweigen von Bestimmtheit –, und infolge seines Unbehagens glitt er in unnötig herrisches Gehabe ab. »Sie müssen darauf antworten. Gehen Sie auf das Ansinnen des Konzilsdeputierten Abdullah ein und ziehen Ihren Dringlichkeitsantrag zurück?« Der Greis zuckte. Er senkte den Kopf, schlug die Augen auf; ratlos spähte er rundum, als hätte er vergessen, wo er sich aufhielt. »Was?« fragte er. »Ach so, ja«, fügte er jedoch sofort hinzu. Unüberhörbar zitterte ihm die Stimme.
    Hashi Lebwohl, der hinter Koina Hannish saß, konnte sehen, wie sich ihre Schultern verkrampften. Etlichen Deputierten stockte der Atem.
    »Ich überlasse meinem verehrten Kollegen liebend gerne das Wort«, sagte Kapitän Vertigus ziemlich leise.
    Igensard hob das Gesäß vom Stuhl. Fanes Reaktion blieb unter seinem Bart verhohlen.
    »Aber erst«, stellte der VWB-Deputierte klar, »wenn ich fertig bin.«
    Verdutztheit ging wie eine statische Entladung durch den Beratungssaal. Hashi Lebwohl erlaubte sich ein Schmunzeln, während Igensard eine Fratze schnitt und Abdullah sich eine Entgegnung verkniff. »Gut gegeben, Kapitän«, bemerkte Hashi, allerdings nur halblaut. Sixten Vertigus galt schon so lange als Konzilstrottel, daß die meisten Leute seine alte Heldenmütigkeit vergessen hatten.
    Koina Hannish enthielt sich jeder Reaktion; wagte sich kaum zu regen. Sie konnte es sich nicht leisten, womöglich die Tatsache zu verraten, daß sie wußte, was Vertigus beabsichtigte.
    »Möchten Sie es sich nicht noch einmal überlegen, Kapitän?« fragte Vorsitzender Len eilig, um eine Konfrontation zu umgehen. »Ich bin sicher, wir finden noch Zeit für Ihre Vorlage, wenn Sonderbevollmächtigter Igensards Anliegen nachgekommen worden ist.«
    Kapitän Vertigus seufzte vernehmlich. »Nein…« Als er aufstand, hörte man seiner Stimme die Anstrengung an. »Ich überlege es mir nicht anders. Die Sache ist zu wichtig.« Er stützte sich mit den Armen auf die Ratstafel. »Und in bezug auf die ›provokativen‹ Themen, die mein geschätzter Kollege vorhin erwähnt hat, ist sie keineswegs irrelevant.«
    Seine nächsten Worte klangen nach einer gewissen Herbheit. »Keine Bange,

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