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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Granate.
    Es war zu spät. Im selben Moment eröffnete die Freistaat Eden das Feuer.
    Und in der nächsten Sekunde auch die Sturmvogel. Schlagartig verwandelte sich die Dunkelheit, indem Materiekanonen schieres Chaos entfesselten, in eine Wirrnis aus gleißend hellem Licht und Diskontinuitäten.
    Aber die beiden Raumschiffe schossen aufeinander. Herrgott, sie schossen aufeinander! Eines verübte am anderen Verrat. Die Posaune gab eine zu fette Beute ab, als daß man sie gerne geteilt hätte.
    Und sie konnten es sich leisten, den Interspatium-Scout zu ignorieren. Er erregte den Eindruck völliger Einsatzunfähigkeit.
    Hätte die Sturmvogel das Superlicht-Protonengeschütz eingesetzt, wäre die Freistaat Eden schon besiegt gewesen, zerrissen worden, bevor sie ein zweites Mal feuern konnte. Doch Angus kannte die energetischen Eruptionen von Materiekanonen; er erkannte sie auf den ersten Blick. Die Sturmvogel erwiderte das Feuer mit der gleichen Waffe…
    Dadurch befand sich die Freistaat Eden im Vorteil. Sie hatte zuerst geschossen und war folglich dazu imstande, die Kanone schneller wiederaufzuladen. Und sie hatte die Sturmvogel überrascht. Wenn eines der beiden Raumschiffe eine Aussicht hatte, das Gefecht zu gewinnen, dann war es die Freistaat Eden.
    Angus faßte seinen Entschluß rein gefühlsmäßig, zu schnell, um darüber nachzudenken. Er stemmte sich gegen die Granate, wuchtete sie mit jedem Quentchen und Restchen seiner artifiziell verstärkten Kräfte herum; aktivierte die auf Vollschub geschalteten Lenkdüsen.
    Was er vollbrachte, hätte ihm eigentlich unmöglich sein müssen. Die Singularitätsgranate wog fünfhundert Kilogramm. Und er war allein. Doch er mußte auf eine Art und Weise, die er nicht durchblickte, für genau diese Aufgabe geschaffen, mit ihm unvorstellbaren Mitteln und Wegen dafür trainiert worden sein. Entsetzen bedeutete Kraft; bedeutete Leben. Gefangen im Kinderbett des EA-Anzugs, kämpfte er mit dermaßen verzweifelter Anstrengung um Freiheit, daß wohl sogar seiner Mutter, hätte sie ihn sehen können, das Herz gebrochen wäre.
    Irgendwie gelang es ihm, die Granate der bedrohlich nahen Masse der Freistaat Eden geradewegs entgegenzuwerfen.
    Um sie zu treffen, mußte sie eine halbe Ewigkeit brauchen. Oder es wäre normalerweise so gewesen; doch die Freistaat Eden kam unablässig näher, weil sie für die Fortsetzung des Feuergefechts Position und Schußwinkel zu verbessern versuchte. Sie flog schneller auf die Granate zu, als sich die Granate auf sie zubewegte.
    Angus ließ seinem Interncomputer einen Sekundenbruchteil Zeit, um die relativen Trajektorien zu berechnen sowie den Punkt und die Zeit des Zusammenpralls zu schätzen. Dann sprang er auf den Rumpf der Posaune.
    In rasender Eile hakte er den Nullschwerkraftgurt des EA-Anzugs an einen Haltegriff, straffte den Gurt, um dagegen vorzubeugen, daß er abhob oder hin- und hergeschüttelt wurde. Die Stiefel stellte er auf den Sockel des benachbarten Partikelkollektors, erhöhte ihre magnetische Ladung, um festen Stand zu haben. Er schwenkte die tragbare Materiekanone herum und legte sie an.
    Eine zweite Garbe aus der Materiekanone der Freistaat Eden. Glutgezüngel umwaberte die Sturmvogel wie eine Penumbra des Verderbens. Bei dem Bemühen, Schäden abzuwenden, lohten und flackerten ihre Partikelkollektoren wie Sonnen. Wütend erwiderte sie das Feuer des Angreifers.
    Falls sie die Granate traf, ehe sie die Freistaat Eden erreichte… Ehe Angus selbst auf sie schießen konnte…
    »jetzt!« heulte er ins Mikrofon. Endlich vermochte er zu schreien, aus dem Innersten seines gebrochenen Herzens emporzuschreien, auch wenn seine Stimme in der Finsternis, die ihn umgab, ungehört und unbeachtet zu verhallen schien. »Jetzt ist’s soweit. Die Tasten drücken!«
    Indikatoren in seinem Raumhelm blinkten auf ihn ein, warnten vor Dehydration, Überhitzung, Lenkdüsen-Überlastung, Sauerstoffmangel. An die Materiekanone geklammert, wartete Angus, abhängig von Morns Gnade, in seinem Kinderbett darauf, daß sich klärte, ob er leben oder sterben sollte.

 
MORN
     
     
    »Es ist die Freistaat Eden!« hatte Davies in die Interkom gekrächzt. »Die Emissionssignatur ist zu ähnlich, als daß es ’ne Täuschung sein könnte. Guter Gott, Angus, was machen wir denn nun?«
    Auf den Bildschirmen sah Morn die Radarechos der beiden anderen Raumschiffe. Sie starrte ihre Positionen in der Kursprojektion an, als hätte ihr Herz ausgesetzt. Das gleiche Entsetzen

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