Amok der Amazonen
ich. Es ist
leicht einzusehen, warum ihre Ehe mit Neeble schiefging. Doris ist ein masochistischer Typ, der sich gern herumkommandieren
läßt. Und nach allem, was ich über ihren Mann gehört habe, war der ganz und gar
nicht die starke, herrische Persönlichkeit, die sie braucht .«
»Und Libby ist so eine
Persönlichkeit ?«
Denice zuckte die Achseln und schob
ihr leeres Glas über die Theke. Ich ging nach hinten, um uns beiden frische
Drinks zu machen.
»Sie kennen Libby inzwischen
doch recht gut«, meinte Denice . »Halten Sie sie nicht
für eine starke Persönlichkeit ?«
»Doch, wahrscheinlich schon«,
gab ich zu. »Sie scheint Doris halb wie ein besitzergreifender Ehemann und halb
wie eine Glucke zu behandeln .«
»Libby kann beide Rollen sehr
gut spielen«, stellte Denice ruhig fest, ohne eine
Spur von Gehässigkeit in der Stimme.
»Carrie scheint mir auch eine
ganz bedeutsame Rolle zu spielen«, bemerkte ich. »Wie tüchtig ist sie denn in
ihrem Amt ?«
»Sehr tüchtig. Sie ist
schrecklich nüchtern, aber schüchtern ist sie bestimmt nicht. Ihr größtes Plus
ist ihre Zielstrebigkeit. Wenn sie etwas erreichen will, dann erreicht sie es
auch. Sie und Libby stoßen häufig zusammen, aber Carrie ist es gleich, wer das
letzte Wort hat, wenn sie nur ihren Kopf durchsetzt. In letzter Zeit hatte sie
viele Auseinandersetzungen wegen Doris mit Libby .«
»Wieso?«
»Carrie hat ihr sehr viel
Aufmerksamkeit gezeigt, und ich vermute, Libby ist eifersüchtig. Aber sie hat,
soweit ich sehen kann, gar keinen Grund dazu. Doris hat lediglich hin und
wieder einiges für Carrie getippt und so, und dadurch haben sich zwischen den
dreien Spannungen entwickelt .«
»Wie lange ist Carrie schon bei
den Amazonen ?«
»Sie war von Anfang an dabei.
Sie war die erste, die Libby sich auswählte, um mit ihr zusammen die
Organisation zu leiten .«
»Aber Denice ,
du wirst doch nicht mit dem Feind kollaborieren«, erklang hinter uns eine
sarkastische Stimme. »Nicht zweimal an einem Abend.«
Ich blickte über Denice hinweg und sah Carrie Nately an der offenen Tür lehnen. Die Beine unter dem engen, weißen Minirock waren
dünn, doch ihre Schlankheit paßte zu der knabenhaften
Gestalt. Die tulpenrote Bluse stand in vorteilhaftem Kontrast zum Rock und
betonte die tiefe Schwärze des Haares. Carrie trug flache Schuhe, doch alles in
allem war die Wirkung durchaus feminin.
Denice sah meinen Blick, drehte sich
aber nicht um.
»Hallo, Carrie«, sagte sie
nachlässig. »Ich habe Randy eben erzählt, wie sehr du dich für die Amazonen
einsetzt .«
»Ich glaube, das hat Mr.
Roberts bereits gemerkt«, erwiderte Carrie gelassen. Sie kam zur Bar und mixte
sich einen Wodka mit Orangensaft.
Ich sah Denice verschmitzt an. Sie kicherte und wandte sich ab. Carrie blickte scharf auf.
»Es würde mich interessieren,
ob Sie eine Theorie darüber haben, wer in den Mordfall verwickelt sein könnte«,
sagte ich. »Sie scheinen mir eine Frau mit sehr scharf umrissenen Vorstellungen
zu sein .«
»Das bin ich. Und eine davon
ist, daß Sie solche ernsten Fragen der Polizei überlassen und nicht auf eigene
Faust im Privatleben fremder Menschen herumstöbern sollten .«
»Soll das heißen, daß es in
Ihrem Leben Dinge gibt, die Sie mir lieber verheimlichen wollen ?«
»Natürlich. Eine ganze Reihe
sogar, die einen Fremden nichts angehen. Aber es gibt natürlich auch Leute, die
exhibitionistisch veranlagt sind .« Sie blickte
vielsagend Denice an, deren Gesicht sich unter diesem
Blick verschloß. »Trotzdem finde ich, daß Sie die Ermittlungsarbeit der Polizei
überlassen sollen .«
»Ich war sowieso gerade auf dem
Weg ins Bett«, bemerkte Denice . »Vielen Dank für den
Drink, Randy. Sie sind ein Prachtkerl .« Sie zwinkerte
mir zu.
Carrie ging um die Theke herum
und ließ sich auf dem eben freigewordenen Hocker nieder, während ich Denice nachblickte, die leichtfüßig aus dem Raum huschte.
»Ich sehe, Sie haben für
Direktheit etwas übrig«, stellte Carrie mit grimmigem Spott fest.
Ich sah sie an und lächelte
breit, während ich mich fragte, ob das ein Versuch sein sollte, mein Interesse
auf sie zu lenken.
»Ich bin mir noch nicht ganz im klaren darüber, was Sie für ein Typ sind«, erwiderte
ich. »Aber sicherlich würde ich mit Ihnen einige Überraschungen erleben .«
»An mir ist nichts Geheimnisvolles,
falls Sie das meinen«, erklärte sie seufzend. »Ich bin eine einigermaßen
attraktive Frau mit etwas Ehrgeiz. Leider hat man es
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