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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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als die Polizei würde eine Zeitung kaum Bedenken haben, ihr aufgrund von Behauptungen, die sich vielleicht als haltlos erweisen würden, Schutz zu gewähren. Der Presse ging es allein um den Nachrichtenwert der Story – ob sie auch der Wahrheit entsprach, spielte da eine untergeordnete Rolle.
    Einer Frau, die unter der qualvollen Trennung von ihrer Familie litt, musste das wie die ideale Lösung erschienen sein. Und sie könnte damit immer noch auf Umwegen das erreichen, was Julia wollte: eine Wiederaufnahme der polizeilichen Ermittlungen. Das Einzige, was ihr nicht behagte, war die Art und Weise, wie Alice sie ungefragt eingespannt hatte, doch hatte sie den Verdacht, dass dahinter eher der Reporter steckte.
    Das Schwimmbad gehörte zu einem Freizeitkomplex mit riesigen Fensterfronten an beiden Längsseiten. Jedes Mal, wenn sie eine Ruhepause einlegte, ging ihr Blick zu einem Streifen Himmel über den Klippen, die sich hinter der Stadt erhoben. Jetzt beobachtete sie, wie sich ein dünner grauer Wolkenfinger langsam über die Bläue schob, wie ein Bluterguss, der sich auf heller Haut ausbreitete.
    Sie fröstelte. Es war Zeit zu gehen.
    Sie trocknete sich ab und zog sich in einer kalten, engen Kabine um, die sie an ihre Schulzeit erinnerte – feuchte Klamotten, fiese Streiche und Handtuchschlachten. Als sie zum Ausgang ging und die Automatiktüren sich vor ihr öffneten, wehte ihr ein kalter Windstoß entgegen. Die Frau an der Kasse rief erschrocken: »Meine Güte, das bläst aber ganz schön da draußen!«
    Julia nickte. Sie war froh, dass sie mit dem Auto gekommen war, aber noch lieber wäre es ihr gewesen, sie hätte die Wohnung an diesem Tag nicht mehr verlassen müssen.
    Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten, doch etwas langwieriger war die Suche nach einem Parkplatz in den verstopften Straßen um die Burg herum. Als sie ausstieg, verschwand die Sonne gerade endgültig hinter den Wolken, und es war, als wäre schlagartig eine andere Jahreszeit angebrochen. Noch regnete es nicht, aber der Wind war schneidend – geradezu heimtückisch fiel er einen aus dem Nichts an, um sich fast ebenso schnell wieder zu legen. Sie lief zu ihrer Wohnung, während die Böen hinter ihr Papierfetzen und trockenes Laub über den Asphalt jagten. Mehr als einmal drehte sie sich um, überzeugt, dass jemand sie verfolgte.
    Ihr Name war Louise, und sie arbeitete seit kurzem in einem Pub in Crouch End, dessen Mitinhaber Vilner war. Sie war fünfundzwanzig, zierlich gebaut und hübsch, mit großen, glänzenden Augen und einer reizenden Lücke zwischen den Schneidezähnen. Soviel er wusste, hatte sie ein paar Jahre mit Reisen und Arbeiten im Ausland verbracht und war nach England zurückgekehrt, nachdem eine Beziehung in die Brüche gegangen war.
    Was ihn vor allem beeindruckte, war, dass sie sich von ihm nicht im Geringsten einschüchtern ließ, anders als die meisten. Sie sah ihm in die Augen, und wenn er eine seiner sarkastischen Bemerkungen fallen ließ, konterte sie jedes Mal schlagfertig. Sie hatten sich erst einmal verabredet und waren nur mit einem züchtigen Gutenachtkuss auseinandergegangen, doch er hatte gespürt, wie es zwischen ihnen geknistert hatte. Heute Abend wollte er sie in eines seiner Lieblingsrestaurants ausführen, draußen in Amersham, und danach mit etwas Glück auf einen Schlummertrunk in seine Wohnung.
    Das war später. Aber zuerst galt es noch etwas zu erledigen.
    Das Haus wirkte kalt, leer, verlassen. Vilner wartete auf der Straße, im Schutz der Bäume, und beobachtete es volle fünf Minuten lang. Der Wind wirbelte über das Dach, rüttelte an den Ziegeln und heulte um die Schornsteine. Eine zerdrückte Coladose wurde über den Hof geweht und verfing sich in der Hecke. In einem der Nebengebäude schlug eine lose Latte gegen etwas Metallisches. Jede Menge Geräusche, die ihn ablenkten und ihm das Leben schwermachten, aber schließlich war er überzeugt, dass die Luft rein war.
    Er ging einmal um das ganze Haus herum, begutachtete die Fenster und Türen und blieb häufig stehen, um zu horchen. Er wusste, dass niemand zu Hause war, aber da überall die Vorhänge und Jalousien geschlossen waren, konnte er keinen Blick ins Innere werfen. Die Hintertür war ebenso fest verschlossen wie der Haupteingang. Sie bewegte sich keinen Millimeter, als er die Klinke herunterdrückte.
    Er ging wieder nach vorne zur Haustür. Sie war mit zwei Schlössern gesichert: oben ein einfaches Zylinderschloss, darunter ein Einsteckschloss.

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