Amok: Thriller (German Edition)
koscher ist. Sie sind die Einzige, die das bestätigen kann.«
»Und wenn ich nein sage?«
Fisher sog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Das könnte den ganzen Deal gefährden. Ich will nicht sagen, dass es so weit kommen muss. Aber auf jeden Fall wird es dann schwieriger, eine Bewachung rund um die Uhr genehmigt zu bekommen.«
Arschloch , dachte Alice. Alices Sicherheit als Druckmittel zu benutzen, um sie zur Zusammenarbeit zu nötigen.
»Alice hat uns versichert, dass Sie bereit sein würden, uns zu helfen«, fuhr er fort. »Sie sagte, Sie seien wirklich ein anständiger Mensch. Die Tatsache, dass Sie sich um sie Sorgen gemacht haben, beweist das.«
Julia seufzte. »Was müsste ich tun?«
»Sie müssten sich einfach nur mit mir treffen und das Statement durchgehen. Das dauert zwanzig Minuten, maximal eine halbe Stunde. Ich bringe eine Erklärung mit, in der wir uns verpflichten, Sie nicht direkt zu zitieren.« Er zögerte. »Es sei denn, Sie wollen es sich noch einmal überlegen? Ich kann Ihnen eine gute PR-Agentur empfehlen, falls Sie sich vorher noch beraten lassen möchten.«
»Nein«, erwiderte Julia bestimmt. »Ich bin bereit, es für Alice zu tun, aber das ist alles.«
»Na schön. Wir haben allerdings einen ziemlich engen Zeitrahmen. Können wir uns heute Abend treffen?«
»Das müsste klappen«, sagte sie. Und dachte sofort: Ich will dich nicht in meiner Wohnung haben.
»Sie sind in Lewes, nicht wahr?«, fragte er. Sie konnte das Klappern einer Tastatur hören. »Das Hamsey Arms – taugt das was?«
»Das ist okay.«
»Prima. Ich kann wahrscheinlich frühestens um sieben dort unten sein, aber später wird es knapp mit dem Redaktionsschluss. Passt das?«
Sie stimmte widerwillig zu. »Woran kann ich Sie erkennen?«
»Das ist leicht. Ich sehe einfach umwerfend aus.« Er war der Einzige, der darüber lachte. »Nee, Quatsch – ich werde der Typ sein, der sich um die Zeit immer noch’nen Wolf arbeitet. Sie können mich nicht verwechseln.«
Als sie den Hörer auflegte, kochte sie vor Wut. Da verzehrte sie sich schier vor Sorge, dass Alice Selbstmord begehen könnte, und dabei hatte die Frau bloß ihre Story an die Klatschpresse verhökert. Sie schnappte sich ihre Tasche und knallte die Tür hinter sich zu.
62
Vilner hatte ein ungutes Gefühl, als er in Richtung Süden fuhr. Das war sein dritter Besuch in Chilton in vier Tagen und möglicherweise der wichtigste von allen. Er war sich immer noch nicht sicher, dass er das Richtige tat, aber er hatte es gründlich abgewogen und war zu dem Schluss gekommen, dass es einen Versuch wert war.
Er fuhr vorsichtig, hielt sich an das Tempolimit und stoppte an jeder roten Ampel. Bei der Art von Ausrüstung, die er mit sich führte, durfte er es nicht riskieren, in eine Verkehrskontrolle zu geraten. Als Kendrick anrief, ignorierte er ihn einfach. Er wollte das Gespräch aufschieben, bis diese Sache erledigt war. Danach würde er genau wissen, womit er es zu tun hatte.
Das Treffen könnte unangenehm werden, also hatte er sich sorgfältig vorbereitet. Das fing damit an, dass er über eine Stunde zu früh dran war. Er hatte sich einen anonymen, zwei Jahre alten Volvo ausgeliehen, den er im Dorf abstellte. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und einen Kaschmirmantel. Das Wetter war umgeschlagen, und es waren nur eine Handvoll Leute zu sehen, dem Anschein nach alles Schaulustige. Vilner zog kaum einen Blick auf sich, als er eine Aktentasche aus dem Kofferraum nahm und über die Straße zur Hurst Lane ging.
Die Bäume bogen sich im Wind, als wären sie am liebsten woanders gewesen, und ihr Rauschen war wie ein Klagegeheul aus Hunderten von Kehlen. Um ihn herum regnete es Blätter und kleine Zweige, und einen Moment lang empfand er eine nostalgische Sehnsucht nach dem Lärm und dem Geruch der Autoabgase, den brodelnden Menschenmassen.
Als er weiterging, dachte er kaum an das, was vor ihm lag. Stattdessen dachte er an die Frau.
Julia hatte den Zeitpunkt für ihren Besuch im Schwimmbad gut gewählt. Am frühen Nachmittag war hier am wenigsten los, und es fiel ihr nicht schwer, die wenigen anzüglichen Blicke zu ignorieren. Um drei, wenn eine riesige Hüpfburg zu Wasser gelassen würde und Scharen von Schulkindern anrückten, um sich darauf auszutoben, wollte sie längst wieder draußen sein.
Während sie in aller Ruhe ihr Dutzend Bahnen schwamm, legte sich allmählich ihre Wut, und sie konnte Alices Entscheidung mit weit mehr Nachsicht betrachten. Anders
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