Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
Vom Netzwerk:
Seine Oberlippe war ein wenig voller als die Unterlippe, und durch den ausgeprägten Amorbogen sah es so aus, als ob er ständig sarkastisch lächelte oder die Lippen zum spöttischen Kuss spitzte. Die Frauen waren wahlweise hingerissen oder fanden ihn abstoßend; beide Reaktionen genoss er gleichermaßen, obwohl die letztere die Eroberung zu einem befriedigenderen Erlebnis machte.
    Als das Telefon klingelte, war er mit einem Schlag wieder voller Energie. Wurde aber auch langsam Zeit .
    »Ich dachte, ich sollte dich warnen«, sagte George. »Die Presse belagert mein Haus. Sie sind mir von Chilton hierher gefolgt.«
    »Du warst in Chilton? Heute?« Tatsächlich wusste Toby bereits Bescheid, da mehrere Sender darüber berichtet hatten, doch er würde George nicht die Befriedigung gönnen, es sich anmerken zu lassen. Er rechnete damit, dass er mehr Informationen aus ihm herausbringen würde, wenn er sich unwissend stellte.
    »Terry Sullivan wollte, dass ich komme. Ca… der Täter hat offenbar im Gutshaus eingebrochen.«
    Toby hätte fast das Telefon fallen lassen. »Du weißt, wer es ist. Was haben sie dir gesagt?«
    George seufzte. »Ich bin nicht in der Stimmung dafür.«
    »Es wird früh genug rauskommen. Ich verstehe nicht, wieso du mir nicht -«
    »Mein Gott, Toby. Die Caplans wurden heute ermordet und Gott weiß wie viele Menschen noch.«
    »Der neueste Stand ist: zwölf Tote, laut BBC. CNN sagt vierzehn.«
    George ließ nur ein unterdrücktes Stöhnen hören.
    »Was ist mit Philip Walker?«, fragte Toby. »Ist er unter den Opfern?«
    »Ich habe keine Ahnung.« George wirkte verblüfft, als hätte er noch gar nicht darüber nachgedacht. Natürlich hast du das , dachte Toby.
    »Wenn ja – wer weiß, was dann passieren könnte?«, deutete er an. »Warte mal ein paar Wochen, bis die Gemüter sich beruhigt haben. Vielleicht ist ja den Protestlern die Lust zum Kämpfen bis dahin vergangen.«
    »Jetzt hör mir mal zu«, sagte George mit stahlharter Stimme. »Kannst du dir vorstellen, wie wir unter Beschuss geraten würden, wenn auch nur ein Wort von dem, was du gerade gesagt hast, nach außen dringen sollte?«
    »Beruhige dich. Ich denke doch nur laut.«
    »Es ist schon schlimm genug, dass ich uns immer noch Vilner vom Hals halten muss.«
    Toby seufzte. Das war es also, was George in Wahrheit plagte. »Was sagt er denn?«
    »Wenn er nicht den Vertrag bekommt, den du ihm versprochen hast, dann will er eine weitere Teilzahlung.«
    »Sag ihm, er kann mich mal.«
    »Du hast hier gar nichts zu melden!«, brauste George auf. »Es sind schließlich deine verdammten Schulden, um die ich mich kümmere, schon vergessen?«
    Toby brummte etwas Unverständliches. Auf das Thema wollte er sich erst gar nicht einlassen.
    »Wie auch immer«, sagte er, »hier geht es schließlich auch um meine Einnahmen. Was ist, wenn wir länger warten müssen, bis wir einen zweiten Antrag stellen können? Wovon soll ich denn in der Zwischenzeit leben?«
    Zum zweiten Mal trat eine so intensive Stille ein, dass Toby förmlich sah, wie George vor Entrüstung bebte.
    »Ich werde so tun, als hätte ich das nicht gehört«, sagte George leise und legte den Hörer auf.
     
    Wie ein Gast kam Vilner sich nicht gerade vor. Niemand beachtete ihn. Niemand schmeichelte ihm oder versuchte, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Kendrick ignorierte ihn völlig, genau wie Jacques. Und sogar die Damen vom Catering ließen sich ziemlich viel Zeit, bis sie mit ihren Champagner-Tabletts zu ihm kamen.
    Er beschloss, dass ihm das gerade recht war. Er trank sowieso lieber Cola. Nachdem er sich seinen Teller am Buffet vollgeladen hatte, suchte er sich ein ruhiges Plätzchen in der Ecke. Er aß langsam, ließ den Blick durch den Saal schweifen und fragte sich, was Kendrick eigentlich genau zu demonstrieren versuchte.
    Er musste nicht lange auf die Antwort warten.
    Es war eine erlesene Gesellschaft, höchstens zwei Dutzend Gäste, fast alle männlich. Alle sahen wohlhabend und selbstzufrieden aus. Die herrschende Klasse. Bevor er nach London gegangen war, hatte Vilner dem Konzept skeptisch gegenübergestanden. In seinen Augen war es ein Klischee aus längst vergangenen Zeiten; verwässert, wenn nicht gar völlig überholt. Aber hier konnte er sie in Lebensgröße bewundern, mit ihren geröteten Wangen und ihrem wiehernden Lachen; von klein auf gewohnt, Befehle zu erteilen und ihresgleichen zu erkennen. Man sah es an der Art, wie sie die Drinks mit ihren Händen magnetisch anzogen,

Weitere Kostenlose Bücher