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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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Schönheitswettbewerb, die sich zum ersten Mal dem Blitzlichtgewitter aussetzt, während eine Stimme in ihrem Kopf schreit: Das bin nicht ich!
    Mit einer schwungvollen Pianisten-Geste tippte Kendrick den letzten Punkt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er war ein gut aussehender Mann, ein oder zwei Jahre älter als Vilner, und seine Erscheinung hatte etwas leicht Beunruhigendes. Seine auffälligen Gesichtszüge waren offensichtlich das Resultat einer verwirrenden Kombination von Genen. Nach allem, was Vilner hatte in Erfahrung bringen können, stammte Kendrick aus Trinidad und war der Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmanns mit Handelsinteressen in der Karibik, von der Freizeit- und Tourismusbranche über Versicherungen bis hin zum Ölgeschäft. Sein Vater war ein weißer Engländer, doch der Stammbaum seiner Mutter war eine komplizierte Mischung aus karibischen, venezolanischen, indonesischen und holländischen Wurzeln. Das erklärte vielleicht das dunkle, wellige Haar, in dem sich schon erste graue Strähnen zeigten, die milchkaffeebraune Haut und die strahlend blauen Augen.
    Der unverkennbare, singende Karibik-Akzent war nicht minder verwirrend, vor allem wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Jargon einer Generation weißer Jugendlicher, die nie in ihrem Leben über den Londoner Autobahnring hinausgekommen waren.
    »Was für ein Tag, hm?«, meinte Kendrick.
    »Ich hatte einen Anruf von George Matheson.«
    Ein nachdenklicher Ausdruck schlich sich auf Kendricks Züge und ließ sie milder erscheinen. Er starrte eine Weile den Laptop an, beugte sich dann vor und klappte ihn zu. »Was hat er gesagt?«
    »Nicht viel. Er will sich mit dir treffen.«
    Kendrick gluckste. »Na ja, ich denke, nächste Woche könnte ich mir ein bisschen Zeit für ihn freischaufeln. Hast du noch mal was von dem Playboy gehört?«
    »Toby? Nein. Er ist ganz brav gewesen.« Vilner wollte fragen, warum Matheson für heute nicht auch eingeladen worden war, überlegte es sich aber anders. Kendrick hatte zweifellos seine Gründe.
    Stattdessen sagte er: »Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, warum ich hier gebraucht werde.«
    »Du bist als Gast hier, James. Wir feiern hier künftige Erfolge, und wenn jemand einen Anspruch auf einen Anteil daran hat, dann du.«
    »Denkst du nicht, dass es taktlos wirken könnte, an einem Tag wie diesem zu feiern?«
    Kendrick deutete mit einer Kopfbewegung zum Festsaal, wo, nach dem anschwellenden Stimmengemurmel zu urteilen, die ersten Gäste eingetroffen waren. »Meinst du, diese Leute da hätten irgendetwas anderes im Sinn als ihr eigenes Luxusleben und wie sie es aufrechterhalten können?« Er lachte in sich hinein, aber die Verachtung in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Du könntest die halbe Bevölkerung auslöschen, ohne dass diese Clique davon Notiz nehmen würde.«
    Vilner zuckte mit den Achseln. Wenn du meinst … Kendrick schlüpfte in sein Jackett, dann griff er in die Ledertasche und zog einen kleinen schwarzen Revolver hervor. Als er Vilners fragende Miene sah, hielt er ihm die Waffe hin.
    »Smith & Wesson 686, Vier-Zoll-Lauf. Ein Prachtstück, nicht wahr?«
    »Wozu brauchst du den?«
    Es war eine spontane Reaktion, und es klang barscher, als Vilner beabsichtigt hatte. Zorn flackerte in Kendricks Augen auf. Er steckte sich den Revolver in den Hosenbund und vergewisserte sich, dass er durch das Jackett verdeckt war. Dann warf er einen Blick auf seine Uhr.
    »Das wirst du schon sehen«, sagte er.

16
     
    Toby Harman hatte den größten Teil des Tages auf seinem langen weißen Sofa liegend verbracht, wo er von einem Nachrichtensender zum nächsten umschaltete wie ein Junkie auf der Jagd nach dem immer noch größeren Kick. Es war eine ernüchternde Lehrstunde über das Gesetz des abnehmenden Ertrags, aber inzwischen war er schon zu lethargisch, um irgendetwas anderes anzufangen.
    Toby war sechsundzwanzig Jahre alt, eins achtundsiebzig groß und zweiundsiebzig Kilo schwer. Er war weder muskulös noch schwabbelig; er war Mitglied in einem exklusiven Fitnessclub, ließ sich aber nur selten dort blicken. Zwar aß er gerne in guten Restaurants, aber zu Hause war er meistens zu faul zum Kochen und konnte sich in seinen ungeselligeren Phasen tagelang von Käse und Ritz-Crackern ernähren.
    Er sah nicht sonderlich gut aus, wäre aber nie auf die Idee gekommen, irgendetwas an seinem Erscheinungsbild zu ändern. Er hatte ein langes Gesicht, dunkles, welliges Haar und dichte schwarze Augenbrauen.

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