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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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größer an als die eines Kindes. Das Bild ließ ihm die Tränen in die Augen steigen; er stellte sich vor, wie es gewesen wäre, hier als Vater zu sitzen, eine Gutenachtgeschichte vorzulesen in einem Zimmer, das mit Spielsachen und Plüschtieren angefüllt war und nicht mit Monitoren und Morphium.
    Vanessa schlug die Augen auf. Sie sah seine Tränen und wandte den Blick ab, wie um ihm weitere Erniedrigung zu ersparen.
    »Falls es wahr ist, was sie behaupten – glaubst du, dass Kendrick etwas damit zu tun hatte?«
    George seufzte. »Darüber will ich gar nicht erst nachdenken.«
    »Du wirst Toby warnen müssen. Es ist nicht fair, ihn ins offene Messer laufen zu lassen.«
    »Aber können wir uns darauf verlassen, dass er den Mund hält?«
    »Du hast ihn eine Kopie des Berichts machen lassen«, erinnerte sie ihn.
    Er dachte einen Moment nach. Eine Frage lag ihm auf den Lippen, aber sie hatte die Augen wieder geschlossen, und ihr Atem hörte sich anders an. Diesmal war sie wirklich eingeschlafen, und sie brauchte den Schlaf. Sie brauchte ihre Ruhe.
    Geh einfach , drängte ihn eine innere Stimme. Mach dich gleich aus dem Staub, bevor alles noch viel schlimmer wird.
    Doch er wusste, dass er das nicht tun würde.

42
     
    Die Rückfahrt war zäh und nervenaufreibend. Es gab keine ideale Strecke quer über Land, und sehr bald steckten sie in einer Kombination aus verspätetem Schulabholerverkehr und frühem Pendlerverkehr fest.
    »Ist mir ein Rätsel, wieso es Rushhour heißt«, brummte Craig. »Es fängt um drei an und geht durch bis acht.«
    »Überbevölkerung«, meinte Julia. Die Ironie war ihnen beiden bewusst.
    »Er wird nicht aufgeben. In ein paar Jahren wird Chilton von neuen Wohnsiedlungen umringt sein.«
    »Seien Sie nicht so pessimistisch.« Sie dachte an Georges Bemerkung: Ich beabsichtige nicht notwendigerweise irgendetwas in der Art. Hatte sie sich die Betonung auf dem » ich « nur eingebildet?
    »Was halten Sie von ihm?«, fragte Craig.
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, er wusste schon von dem Polizeibericht. Seine anfängliche Überraschung bezog sich auf die Tatsache, dass wir eine Kopie haben, aber seine Reaktion auf den Inhalt war geheuchelt.«
    »Den Eindruck hatte ich auch. Ich frage mich, wie er ihn in die Finger bekommen hat.«
    »Auf die gleiche Weise wie Sie. Durch einen Kontakt bei der Polizei.«
    »Das ist eine beunruhigende Vorstellung«, meinte Craig.
    »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie ihm von dem zweiten Täter erzählen würden.«
    »Ich wollte sehen, wie er reagiert.«
    »Er schien ehrlich betroffen, als er über die Caplans sprach. Das zu heucheln wäre eine ziemliche Leistung, falls er sie selbst auf dem Gewissen hätte.«
    Craigs Miene verfinsterte sich. »Ich unterstelle ja nicht, dass er es selbst getan hat. Er dürfte jemanden engagiert haben.«
    »Was denn – einen Profikiller?«
    »Genau.«
    »Und warum sollte er dann Carl ins Spiel bringen? Warum hat er nicht den Killer alle erschießen lassen?«
    »Weil das zu viele Fragen aufgeworfen hätte. Früher oder später wäre die Polizei dahintergekommen, dass Matheson das perfekte Motiv hatte. So aber wurde ihnen die Antwort auf einem Silbertablett serviert. Ein gestörter Einzelgänger, der einen Groll hegt und irgendwann ausrastet. Er läuft Amok und tötet sich am Ende selbst. Eine blitzsaubere Lösung. Weitere Nachforschungen erübrigen sich, ebenso wie die Frage, wer davon profitiert.«
    Sie dachte einen Moment darüber nach. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie beide dasselbe dachten. Und dann sagte Craig: »Dieser andere Typ. Vilner.«
    Julias Finger krampften sich um das Tagebuch, und sie begann nervös an einer losen Ecke des Ledereinbands zu nesteln. Er warf ihr einen Seitenblick zu. Sondierte ihre Stimmung, ehe er es aussprach.
    »Könnte er es gewesen sein?«
    Sie ließ sich lange Zeit mit der Antwort. Sie näherten sich dem Städtchen Battle. Vor ihnen kam der Verkehr erneut ins Stocken, eine Kette von roten Lichtern, die in der Dunkelheit aufleuchtete.
    »Vielleicht«, sagte sie.
     
    Als sie durch Battle fuhren, schlug Craig vor, dass sie eine kurze Kaffeepause einlegten. Er hatte den Eindruck, dass Julia nur aus Höflichkeit zustimmte.
    In der High Street nahe der Abtei fanden sie eine Teestube, die noch geöffnet hatte. Craig bestellte Kaffee und ein Bacon-Sandwich, Julia eine Kanne Tee. Als sie aufstand, um zur Toilette zu gehen, fragte Craig, ob er sich ihr Handy ausleihen dürfe. »Die Person,

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