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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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hinüber, riss die Scheiben auf und drehte das Radio auf volle Lautstärke.
    101Punkt5 war auf Stationsspeicher eins. Gerade lief der Mittelteil eines Motown-Klassikers.
    »Was hast du vor?« Götz nahm sein Funkgerät vom Mund und sah sie fragend an.
    Sie ging zu ihm rüber, legte einen Finger auf seine Lippen. Dann griff sie ihn am Ärmel und zog ihn zu sich herunter.
    »Bolivien ist ein Binnenland«, flüsterte sie.
    »Was?« Er sah sie an, als ob sie den Verstand verloren hätte.
    »Es hat keine Küste. Verstehst du? Faust sagte eben, er würde nicht gerne in einem Krankenhaus an der bolivianischen Küste enden, wo er doch kein Wort Spanisch könne.«
    »Dann hat er sich eben geirrt.«
    »Nein. Denk nach. Er sagte, er könne es uns nicht sagen, weil wir nicht alleine wären. Ich glaube, er hat Angst, dass sein Raum von Marius verwanzt wurde. Er wollte nicht frei sprechen. Aber er hat uns einen Hinweis gegeben.«
    »Bolivien?«
    »Nein. Erinnerst du dich nicht, wie merkwürdig er über die Mafia sprach? Er nannte sie die >heilige Familie<. Auf Spanisch heißt das >Sagrada Familia<. Das ist eine ...«
    »... eine Kirche. In Barcelona. Ich weiß.«
    »Und Barcelona liegt an der Küste!« Götz steckte das Funkgerät weg und legte ihr beide Hände auf die Schultern.
    »Verdammt, wie sollen wir Leoni da finden? Das ist eine der größten Städte Spaniens! Und wir haben nur noch ...«, er sah auf die Uhr, » ... nur noch sieben Minuten.« Wie zur drohenden Bestätigung wurde der Song im Radio langsam leiser.
    »Erinnere dich, Götz!«, flehte Ira. »Was ist dir noch aufgefallen? Was hat Faust uns noch für ein Zeichen gegeben?« Sie flüsterte jetzt nicht mehr.
    »Hat er etwas gesagt, eine Geste gemacht, auf etwas gezeigt? Hat er .«
    Götz und Ira sahen sich an. Dann blickten beide in die Ecke des Zimmers.
    Zu der gelben Segeltuchtasche.

14.
    Der Grenzschutzbeamte zog ihren neuen amerikanischen Pass nun schon zum zweiten Mal durch sein Lesegerät. Bei allen anderen, die vor ihr die Kontrolle hatten passieren dürfen, hatte es nicht so lange gedauert. Susan wechselte den Arm, mit der sie die kleine Maja trug, und lächelte den jungen Kerl an. Er sah eigentlich ganz niedlich aus, wenn man einmal von dem dicken Pickel zwischen seinen Augenbrauen und den roten Punkten am Hals absah, die von einem ungeübten Umgang mit billigen Einwegrasierern zeugten. Keine Reaktion. Statt ihr Lächeln zu erwidern, starrte der Beamte grimmig auf den gefälschten Ausweis, als wäre es seine mickrige Gehaltsabrechnung. Dann griff er zum Telefonhörer. Was ist los? Bisher hatte es noch nie Probleme mit den Dokumenten gegeben. Sie waren perfekt. Außerdem wollte sie doch nur in die Schweiz und nicht nach Bagdad.
    Während der Mann es in irgendeinem Büro auf dem Aéroport El Prat klingeln ließ, verglich er abwechselnd Susans Foto mit ihrem Gesicht. Sie konnte sehen, wie es in seinem Kopf rumorte. Irgendetwas an ihr war ihm aufgefallen, und er schien es nicht richtig einordnen zu können. Er zuckte mit den Achseln. Offenbar ging keiner ran. Mit einem kurzen Seufzer schob er ihr die Unterlagen unter der Glasscheibe zu und winkte mürrisch die nächste Person in der Schlange zu sich heran. Was war denn das?, fragte sich Susan verwundert und ging weiter. Ein Hinweisschild machte die Passagiere auf die verschärften Sicherheitsbestimmungen aufmerksam. Wenn sie einen Laptop bei sich trug, sollte sie ihn aus seiner Tasche nehmen. Frauen und Männern mit Stiefeln wurde empfohlen, diese ebenfalls auf das Band zum Durchleuchten zu stellen. Susan musste nichts dergleichen tun. Sie trug leichte Riemchensandaletten, die ihre schlanken Fesseln betonten. Und ihr Handgepäck bestand aus Maja auf dem Arm, einer Tasche mit Babysachen, ihrem Handy und einem kleinen Schlüssel in ihrer rechten Hosentasche. Er sollte zu einem Schließfach auf dem Zürcher Hauptbahnhof passen. Dort würde sie die Wegbeschreibung zu dem Versteck und den Namen ihres neuen Kontaktmannes erfahren. Die Wohnung am Plaga de Catalunya und ihr bisheriger Vertrauter in Barcelona hatten ausgedient.
    Die Frau vor ihr in der Reihe flog ebenfalls mit einem Kind. Der kleine Junge trug ein Dinosaurier-T-Shirt und war etwa fünf Jahre alt. Seine Mutter hielt ihn fest am Handgelenk, als stünden sie an einer Supermarktkasse und sie müsste verhindern, dass er ungefragt eine Süßigkeit auf das Förderband legte. Der Kleine drehte sich um und lächelte Maja an. Susan küsste ihr Baby und

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