Amore siciliano
ein Mensch, der in den einfachen Dingen des Lebens sein Glück finden konnte, wie in dem Mittagessen bei Signor Lapi: Er verwöhnte uns mit Bruschetta, Antipasti, Spaghetti mit getrockneten Tomaten und Oliven, einem Stück gegrillten Fisch, das ich ausließ, vino bianco und ein bisschen Sonnenschein. Was konnte es Schöneres geben? Paula und Jakob waren gutgelaunt, Ole sowieso, sogar Dieter war bester Dinge – nur Malte, der Griesgram, suchte nach etwas, womit er uns anderen die Laune verderben konnte.
»Da ist ein Haar im Olivenschälchen. Hier achtet wirklich niemand auf Hygiene«, sagte er beispielsweise, und: »Wenn es noch zwei Grad wärmer wird, werden wir zu spüren bekommen, dass im Bus die Klimaanlage ausgefallen ist.«
»Dann machen wir eben die Fenster auf«, konterte ich.
»Dann bekommen alle Zug und einen steifen Nacken.«
»Dann lassen wir uns im Spa in Messina massieren.«
»Damit uns wieder das Auto geklaut wird?«
Ich gab auf. Wenn er schlechte Laune haben wollte, sollte er doch. Ich beschloss, seine Nörgelei einfach auszublenden und ihn zu ignorieren.
Zurück auf I Moresani gab es eine Überraschung: An der Rezeption standen drei Männer Mitte dreißig und eine junge Frau, die sich mit Händen und Füßen zu verständigen versuchte. Das konnte doch nicht wahr sein! Sollte das etwa meine Charly sein?
»Jiiihaa!«, stieß ich einen Freudenschrei aus, und die Frau drehte sich prompt zu mir um: Es war Charly!
»Ciao bella!«, rief sie mir freudestrahlend entgegen und fügte an Michele gewandt hinzu: »Va bene.«
Dann liefen wir mit ausgebreiteten Armen aufeinander zu und fielen uns freudestrahlend um den Hals.
»Das gibt’s doch gar nicht, was machst du denn hier?«, fragte ich.
»Dich besuchen!«, erklärte Charly.
»Moment mal, du glaubst aber nicht, dass ich dich in den Film einschleusen kann, oder etwa doch?«, fragte ich alarmiert.
»Ach was, was soll eine Vollblutschauspielerin, wie ich es bin, in einer öden Doku über Körnerfresser?«, rief sie frech. »Marc und ich hatten nur Lust auf einen spontanen Ausflug, und da ich ihm die pictures gezeigt habe, die du gepostet hast, war er war total begeistert von der Idee, sich den Ätna live anzusehen.«
»Marc?«, fragte ich. »Aus England? Hört sich zumindest so an, so wie du sprichst.«
Charly nickte. »Ich hab dir doch von ihm erzählt, oder nicht?« Sie wies auf die drei Männer, die noch bei Michele standen und sich ihre Zimmerschlüssel geben ließen.
»Welcher von denen ist er?«
»Der Hübscheste natürlich. Die anderen beiden sind Kollegen von ihm.«
Ich tippte auf den großen Blonden in der Mitte und ging mit ausgestreckter Hand auf ihn zu: »Hi Marc, I’m Alex, nice to meet you.«
Der Blonde schüttelte grinsend den Kopf: »Hi, I’m Greg, this is Marc and this is John.« Charly und ich hatten immer schon unterschiedliche Definitionen davon, was gutaussehend bedeutete.
»Dann seid ihr also die unerwarteten Gäste, deretwegen Simona ihr Zimmer zur Verfügung stellen und bei Paolo übernachten muss«, tadelte ich, aber Michele, der das gehört hatte, wehrte ab: »Nicht doch, das macht meine Tochter gern.« Ich glaubte ihm aufs Wort.
»Und wie lange könnt ihr bleiben?«, fragte ich.
»Die Jungs müssen in zwei Tagen wieder zurück, aber ich wollte eigentlich mit dir noch ein paar Tage dranhängen und die Insel unsicher machen«, sagte Charly.
»Ach, das ist eine tolle Idee. Allerdings hat Dieter unsere Rückflüge schon gebucht, und ich weiß nicht, ob wir dich da noch mit auf die Passagierliste bekommen.«
»Das lass mal meine Sorge sein, ich komm schon irgendwie zurück. So, und nun erzähl mal, was hast du heute Abend vor? Bist du vergeben oder können wir was unternehmen?«
»Ich wollte mir von Nonna Margherita zeigen lassen, wie man Ricotta macht«, sagte ich. »Aber das ist sicher nichts für die Jungs.«
»Keine Sorge, so wie ich die kenne, werden die heute Abend erst einmal ausgiebig den Hauswein testen unddann ins Bett fallen. Wenn’s dich nicht stört, mach ich gern mit beim Käsemachen.«
Ich war begeistert: endlich eine vertraute Seele, jemand zum Reden, zum Spaßhaben! Nichts gegen Paula, aber sie war eben nur eine Kollegin und nicht in meinem Alter. Charly bot ihr an, die Zimmer zu tauschen, und da sie versprach, den Aufpreis für das Einzelzimmer zu übernehmen, schlug Paula begeistert ein. So teilten Charly und ich uns ein Zimmer wie früher auf Klassenfahrt.
Während Charly auspackte,
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