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Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Wasser
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wünschen“, denke ich und beschließe die Klappe zu halten.
    Stattdessen denke ich lieber an den Umstand, der mir die missliche Lage, in der ich mich gerade befinde, etwas erleichtert. Meine Gedanken gleiten um ein paar Stunden zurück. Ich schließe kurz die Augen, um meiner eigenen Wut zu entfliehen und befinde mich sofort wieder am heutigen Morgen. Ich sehe, wie ich zu Lorenzos Kleiderschrank rübergehe, in den ich bislang nicht einmal hineingesehen habe, obwohl ich schon seit Tagen hier wohne. „Lorenzo ist eine riesige männliche Frau“, denke ich auch jetzt wieder, während ich mir dabei zusehe, wie ich die Schranktür aufschiebe. Meine Kinnlade bleibt in der Luft hängen, das Herz hingegen beginnt wie wild zu pochen. Vielleicht sollte ich mich kneifen? Für einen Moment glaube ich nämlich wieder ich selbst zu sein. Alles ist gut! Ich grinse, betrachte eine auf einem Kleiderbügel aufgespannte Jeanshose und Hemden, die im Gegensatz zu Lorenzos Klamotten geradezu farblos sind. „Ist das ein Witz?“, murmle ich, drehe mich um und sehe zu dem bunten Klamottenhaufen auf dem Boden. Das Blut rauscht mir in den Ohren wie das abreißende Ende in einer Filmkassette und lässt mich wissen, dass sich nicht wirklich etwas verändert hat. Ich stecke noch immer in Lorenzos Körper fest. „Der einzige Trost ist dieser Anblick hier“, denke ich, nehme die Jeans herunter und probiere sie an.
    „Lorenzo?“, höre ich direkt vor mir.
    „Ja?“, gebe ich erschrocken zurück, reiße die Augen auf und starre statt Mia an mir selbst herunter. Was diese Sache hier soll, verstehe ich noch immer nicht. Doch ich kann damit leben, weil ich endlich ein bisschen mehr aussehe wie ich selbst.
    „Du siehst gut aus“, sagt Mia und lächelt. Ich nicke ihr zu und bemerke mit einem Mal, wie meine Wut auf sie bei ihren Worten endgültig verpufft. „Komisch“, denke ich, „ist gar nicht meine Art, auf Komplimente so hereinzufallen“. Ich sehe zu Karim, der etwas in sein Notizbuch kritzelt. Er schaut kurz auf und schmunzelt. Offensichtlich ist meine Verwandlung auch ihm aufgefallen. „Gut, dass er nichts sagt“, denke ich. Offenbar hat er verstanden, dass er es nicht mehr bei mir zu versuchen braucht.
    „Was macht die Arbeit?“, frage ich Mia und gehe auf meinen eigenen Maileingang, beziehungsweise auf den von Lorenzo.
    „Ach nichts“, antwortet sie. „Zwei Kündigungen und Martha24, die noch immer herumheult.“
    Ich krame nur kurz in meinem Gedächtnis. Der Name Martha24 sagt mir überhaupt nichts, was mich nicht wundert. Die Kundenbetreuer berichten mir nur von den wichtigen Dingen, zu denen eine heulende Kundin nicht gehört. Schon eher die Kündigungen. Seit wir vor ein paar Monaten einen kostenpflichtigen Mitgliederbereich eingerichtet haben, ist dieses Thema neben den Werbeeinnahmen das Wichtigste für mich.
    „Zwei Kündigungen?“, hake ich nach. Mia nickt und schweigt. Ich lege das Headset an und beginne mich durch die eigenen Nachrichten zu klicken. Die erste, die ich öffne, kommt von einer Frau namens Alpha.
    „Lieber Amor, wir wollten dir noch einmal danken!“, s chreibt sie. Ich lese den Text nicht zu Ende, sondern mache die Nachricht zu. Alpha scheint ihr Omega gefunden zu haben, mehr brauche ich nicht zu wissen. Unwillkürlich grinse ich. „Zehn von solchen Nachrichten und ich bin frei!“, denke ich. Zweiter Versuch: „Lieber Amor, irgendwas mache ich falsch“, schreibt mir eine Frau namens Asta. Ich klicke auf ihr Bild und erkenne sofort ihr Problem. Sie, also ihr Gesicht, meine ich. „Retuschiere die Pickel“, würde ich am liebsten sofort antworten, mache allerdings vorsichtshalber erst einmal ihr Profil auf und sehe es mir genauer an. Der Text ist nichtssagend, was dann nichts ausmacht, wenn die Bilder stimmen. Blöderweise für Asta täuscht mich mein erster Eindruck nicht. Ihre ganzen Fotos sind durch die Bank schlecht. Sowohl die Qualität der Aufnahmen als auch das Modell selbst lassen deutlich zu wünschen übrig. Und genau das teile ich Asta mit. Ungefiltert.
    „Das kannst du doch so nicht schreiben“, flüstert Karim und hält sich eine Hand vor den Mund, als ich mich umdrehe. „Entschuldige !“, er deutet meinen Blick richtig, lehnt sich zurück und lässt mich weiterschreiben. Als ich die Nachricht abschicke, ist Asta online. Und sie ist es auch zwei Stunden später. Dennoch bekomme ich weder eine Antwort, noch sehe ich, dass sie ihr Profil geändert hat. Sie schreibt auch niemanden

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