Amors Glücksfall (German Edition)
Karims Herumwippen entnehme ich, dass er gespannt ist, wer mir geschrieben hat. Doch statt auf den Maileingang zu gehen, klicke ich mich erst einmal weiter durch die neu hochgeladenen Bilder im Singleforum.
„Hörst du mal auf zu wippen?“, frage ich ihn beiläufig und wechsle die Maske. Der Junge rückt mit dem Oberkörper sofort näher und starrt auf den Computermonitor. Asta hat mir geschrieben, gleich zweimal. Genau darauf hat Karim offenbar spekuliert. Er grinst erwartungsvoll.
„Ach, was willst du denn?“, murmle ich.
„Ich?“, fragt Karim erschrocken.
„Nein , sie hier.“ Ich meine Asta.
„Was ist?“, fragt Mia von der anderen Seite des Tisches. Ich mache die erste Nachricht auf.
„Nichts, Asta hat mir geschrieben“, murmle ich weiter. Ich überfliege den Text.
„Das mit dem Retuschieren war wirklich gemein von dir“, lese ich. Karim lehnt sich zurück und sagt kein Wort. „So unfreundlich warst du noch nie zu mir“, schreibt sie weiter. Karim hüstelt.
„Was ist?“, frage ich. Ich wette, ihm liegt ein: „Habe ich doch gesagt!“ auf der Zunge. Ich öffne die zweite Nachricht und muss sofort schlucken. Das glaube ich jetzt nicht! Das geräuschvolle Zwängen des Kloßes durch meinen Hals lässt den Jungen sich wieder aufsetzen und nach vorne schauen. Er liest durch, was ich gerade gelesen habe.
„Oh oh“, flüstert er. Ich nehme einen größeren Schluck Kaffee. „Ist das nicht eigentlich gut?“, fragt er. So schnell wendet sich also das Blatt. Mit den Worten: „Er findet mich süß. Trotz Pickel“, schliesst Asta ihre zweite Nachricht ab. Erst jetzt sehe ich, dass sie sich bei uns abgemeldet hat. Na toll! Zwei Versuche von mir und sie verliebt sich draußen in irgendeinen Jungen.
„Ist doch schön“, lüge ich, sehe zu Mia, dann zu Karim. Beide tauschen Blicke aus und schweigen. Ich lösche die E-Mails und beschließe mir kein einziges Pärchen mehr durch die Lappen gehen zu lassen.
„Sag mal Mia“, beginne ich nach einer Weile.
„Ja?“ Sie sieht zu mir, hört kurz zu tippen auf. Ich zwinge mir ein Lächeln ab. Etwas tief in mir bringt Lorenzos Körper dazu, dass sein Herz sich plötzlich verkrampft. „Willst du die Lang- oder die Kurzversion?“, will ich sie fragen. Stattdessen versuche ich so ruhig wie möglich weiterzuatmen. Nur nicht in Panik verfallen! Dieser Körper gehört zu jemandem, der offensichtlich leicht hysterisch wird. Nicht, dass ich das in dieser Situation nicht verstehen könnte. Das mit Asta zeigt mir, dass ich mir die Sache mit dem Verkuppeln einfacher vorgestellt habe, als sie es in Wahrheit ist. Das bisschen Lorenzo in mir bekommt offenbar Angst, dass das mit den zehn Paaren zu einem Problem werden könnte. Ich versuche weiterzuatmen und mir dabei vor Augen zu führen, dass Lorenzo ein Panikmacher ist, der mich jetzt grundlos aus der Fassung zu bringen versucht. Aber als Mark bin ich gefasst. Ich bin gefasst und völlig cool. Gewesen. Jetzt bin ich panisch. Ich bin es nicht gewohnt, die Kontrolle zu verlieren und nun stehe ich offensichtlich kurz davor, eine handfeste Panikattacke zu bekommen. Mein Herz beginnt in Lorenzos Körper zu rasen. Was soll denn der Mist? Nun ist es nicht mehr die Situation, sondern der Körper von Amor, über den ich die Kontrolle zu verlieren drohe.
„Ich könnte jetzt ein Wasser brauchen“, flüstere ich. Mir wird heiß und kalt auf einmal. Kalter Schweiß tritt auf die Stirn und rinnt langsam, dann imm er schneller das Gesicht herunter.
„Ganz ruhig“, höre ich Mias Stimme nach einer ganzen Weile irgendwo in der Nähe. „Versuche zu atmen. Jaaa, gut so. Ein und Aus.“ Sie tätschelt meine Schulter und gibt mir zwischendurch Wasser zu trinken. Ich gehorche, trinke und spüre langsam, dass es nach und nach immer besser wird. Nach einer halben Stunde habe ich mich wieder beruhigt und fühle mich plötzlich kämpferischer als je zuvor.
„Karim?“
„Was ist?“
Ich beginne damit, parallel Daten von Mitgliederprofilen in eine Suchmaske einzugeben. Der Junge scheint überrascht, mich so arbeitswütig zu sehen. Wie wild hämmere ich in die Tastatur ein. „Nicht mit mir, mein Freund!“, schimpfe ich in Gedanken den dicken Amor in mir.
„Wir versuchen jetzt etwas anderes“, flüstere ich Karim zu, weil ich sehe, dass Mia wieder telefoniert. „Die Masse ist das Zauberwort“, sage ich und diesmal hoffe ich es gleichzeitig. „Hier, gib die Daten, so wie sie sind, in die Maske hier ein“, fordere
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