Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Wasser
Vom Netzwerk:
gesagt, dass du es nie wieder machen wirst ...“ Hä, es gibt einiges, was ich nie wieder machen werde. Frauen von Freunden vernaschen zum Beispiel gehört dazu. Rosana ist eine der Wenigen, bei denen ich es nicht probiert habe. Mit den Männern der anderen bin ich nicht mehr befreundet. Was noch? Ich lasse meine Finger von Spekulationen für fremde Rechnung und betrunken Autofahren sowieso. Aber das alles hat irgendwie nichts mit meinem Geschäft zu tun. Ich starre Paul ins Gesicht und versuche seine Gedanken zu erraten. Nach ein paar weiteren Minuten gebe ich es auf. Die Sensibilität von Amor hat offensichtlich nicht viele Spuren bei mir hinterlassen. Ich bin also eindeutig nicht schwul!
    „Keine Ahnung, was du meinst“ , Paul lehnt sich zurück, geht mit dem Rücken nach vorne und lehnt sich wieder nach hinten. So wippt er eine Weile in seinem Stuhl, bis mir plötzlich doch etwas einfällt.
    „Warte mal, dieser Tanner . Er heißt nicht zufällig Frank, oder?“
    Er beobachtet mich, antwortet aber nicht.
    „Kann das sein, dass es der gleiche Mann ist, der mich ...“ Ich zucke zusammen. „Nein, Paul, nein, auf keinen Fall!“ Innerhalb von Sekunden begreife ich, was hier vorgeht.
    „Ach komm schon, Mark!“, ruft er. Das ist das erste Mal, dass er mich bei meinem Namen nennt, und es fühlt sich für mich selbst überraschend fremd an. „Ich bin doch Mark, wieso ist das bitte so komisch?“, bevor ich weiter überlegen kann, redet Paul weiter auf mich ein. „Dann fehlen dir nur noch 5.000 Euro! Und die kriegen wir schon irgendwie zusammen. Das ist doch die Idee!“
    Ich bin schockiert. Ich sitze da, erstarrt, unfähig zu reagieren und in der Zeit um ein paar Wochen zurückversetzt.
    „Wer sagt überhaupt, dass ich es gewinnen kann?“, quillt es aus mir heraus. Ich kann nicht einmal fassen, dass Paul mit diesem Vorschlag daherkommt. Frau Fuchs hatte ihn seinerzeit in CC gesetzt, was zur Folge hatte, dass er jede E-Mail in Sachen Jungunternehmerpreis mitverfolgen konnte. „Ich habe das Ding schon einmal gewonnen“, habe ich ihr damals zurückgeschrieben. Sie war erst unsicher, machte sich aber schlau und verkündete mir einen Tag später, dass dies gar kein Problem sei.
    Sie kann nicht wissen, dass ich mit diesem Gewinn von , im Vergleich zu dem Ende der Fahnenstange, läppischen 25.000 das verbinde, was ein trockener Alkoholiker mit einer Rumkugel im Mund verbindet: Eine Ankündigung, bald womöglich richtigen Stoff verschlingen zu können.
    „Es ist ein bisschen theatralisch, findest du nicht?“, sagte Paul, als ich damals meine Gedanken mit ihm geteilt hatte.
    Jetzt sitzt er da und erinnert sich sicher an meine Wut von diesem Tag. Ich habe die Empfehlung von Frau Fuchs, ohne die ich nicht einmal unter die Bewerber gekommen wäre, freundlich abgelehnt, was Paul natürlich überhaupt nicht verstanden hat. Und dass er jetzt zu Kreuze gekrochen ist, um diese Entscheidung ungeschehen zu machen, ist mir unangenehm. Nein, genaugenommen ist es mir peinlich und unangenehm. Im Geheimen hoffe ich, dass die Frist längst abgelaufen ist. Ich kann mich nicht erinnern, wann der Termin gewesen war, weil ich mir die Bewerbungsunterlagen nicht einmal genau angesehen ha tte. Die Sensibilität des Schwulen – oder das, was ich mir so dazu denke – hat Amor offensichtlich an meinen Freund vererbt. Sein Mustern endet nämlich damit, dass er meine Gedanken liest.
    „Ich habe den 15. September beim Herrn Moser nicht ohne Grund herausgebettelt. Er wollte eine plausible Erklärung, warum das Geld ausgerechnet da liquide sein sollte.“
    „Lass mich raten: Da ist die Preisverleihung?“, sage ich resigniert. Er nickt überschwänglich. „Das hast du dir ja gut zurechtgelegt“, sage ich streng. Ich will wütend sein. Doch was ich spüre, ist nur Angst. „Wer sagt denn, dass ich dabei gewinnen könnte?“, wiederhole ich meine Frage. Im Moment bin ich ja eher Verlieren gewöhnt.
    „Ich sage das“, antwortet Paul ganz ruhig. „Ich kenne die Zahlen der Firma und ich kenne dich!“
    „So spricht ein Freund“, denke ich: „Und Freunde sind parteiisch. Oder hat er vor Angst, bei seiner Frau aufzufliegen, schon jemanden geschmiert?“ Ich denke an Tanner und entscheide mich für die Version mit den parteiischen Freunden. Am liebsten würde ich aufstehen und Paul umarmen. Es ist wie ein Reflex, der aus den Untiefen von Lorenzos Körper steigt. Ich stelle mir schon vor, wie mein Steuerberater zwischen Lorenzos nackten

Weitere Kostenlose Bücher