Amors Glücksfall (German Edition)
kriegt. Wer soll sonst das nächste Mal mit mir flirten? Ich ziehe nur noch die Schuhe aus und schlüpfe aus den nassen Socken. „Das stört dich doch nicht?“ „So ist es viel angenehmer“, stelle ich in Gedanken fest und sehe zum Telefon. „Auf wessen Anruf warten wir eigentlich?“, frage ich. Und dann: „Den Vertrag schickst du mir doch zu, oder?“
Paul nickt und lächelt. Meine Offenherzigkeit scheint ihn zu entspannen. „Der Mann, mit dem ich jede Woche mindestens einmal in die Sauna gehe und der mich beim Joggen wie ein Pferd schwitzen sieht, den kann dieser Anblick nicht schocken“, beschließe ich. Auch wenn zwischen den beiden Versionen so um die siebzig Kilo liegen, will ich glauben, dass es so ist. Für eine Freundschaft sollte anderes wichtig sein. Das Telefon klingelt.
„Das ist sie!“, flüstert Paul und geht hin. Sie? „Eine Frau soll über mein Schicksal entscheiden?“, denke ich und schimpfe mich gleich selbst in Gedanken ein Chauvinistenschwein.
„Danke Frau Fuchs“, höre ich, „danke, dass Sie mich trotz später Stunde noch anrufen.“ Frau Fuchs? Meine Bankberaterin heißt so! „Aber das wird sie nicht sein“, beruhige ich mich. „Oder will Paul noch ein Darlehen für mich organisieren?“, überlege ich. „Ja, bei dem Wetter traut sich niemand freiwillig auf die Straße“, redet Paul weiter und schmunzelt in meine Richtung. „Meine Mail haben Sie bekommen?“ Er hört ihr zu. „Ja, das ist mein Ernst und ja, ich habe das mit Herrn Hübner bereits besprochen. Er hat seine Meinung dazu geändert. Was halten Sie von der Idee?“ Wieder redet Frau Fuchs und ich sterbe beinahe vor Neugier. Ich habe meine Meinung geändert. „Hm, was für eine Meinung soll das denn sein?“, überlege ich. Mir fällt nichts ein, worüber Paul, ich und Frau Fuchs uns in der letzten Zeit unterhalten hätten. „Ich weiß, dass die Fristen längst abgelaufen sind“, sagt er besänftigend. „Aber wir wissen beide, dass die Kandidaten dieses Jahr alles andere als vielversprechend sind.“ Paul unterbricht sich, weil ich aufstehe und auf dem Telefon nach der Lautsprecherfunktion greife. Er haut mir auf die Finger. Ich weiche zurück und schmolle. Was führt er im Schilde? Ich bin mir mittlerweile sicher, dass es die gleiche Frau Fuchs ist, die mir wegen der Pfändung keinen Kredit gegeben hatte. Vielleicht sieht die Sache ja jetzt, wo die Pfändung fast vom Tisch ist, ganz anders aus? Wäre ja immerhin möglich. Ich setze mich hin und überlege: „Ich werde am 15. September meine Auferstehungsparty haben und keine Scherben aufsammeln müssen!“ Das gute Bild, das ich von meinem Steuerberater bis zu dem unglücklichen Vorfall hatte, fügt sich langsam wieder zusammen. „Sie haben doch den besten Kontakt zum Herrn Tanner , oder? Sonst hätten Sie nicht in seinem Namen nach den passenden Kandidaten gesucht.“ Paul lächelt zuversichtlich. Kandidaten? Meine Gedanken verheddern sich. „Kandidaten wofür?“, flüstere ich. Er hält sich den Zeigefinger an den Mund. „Ich kann die Unterlagen sofort zusammenstellen, ja. Wir kennen beide die Geschäftszahlen, Frau Fuchs. Wenn die Pfändung vom Tisch ist, und dies ist gerade nur noch eine Formsache, ist die Firma mehr als gesund. Das Geschäftskonzept ist brillant. Das waren doch Ihre Worte, wenn ich mich richtig erinnere.“
Offensichtlich hat die Charmeoffensive in Richtung Frau Fuchs und Pauls Renommee ganze Arbeit geleistet. „Ja gut, Sie erreichen mich hier fast rund um die Uhr.“ Er hört überhaupt nicht auf zu lächeln und ich überlege, warum mir der Name Tanner so bekannt vorkommt. „Es war mir eine Freude, mit Ihnen geredet zu haben“, beendet er das Gespräch und legt auf. Ich stütze meine Ellenbogen auf der Tischplatte ab und lege den Kopf in die Handflächen.
„Was hast du mit mir besprochen?“, frage ich. Paul rutscht auf seinem Stuhl hin und her.
„Na ja, das ist genau das, was dir wohl nicht so gefallen wird“, antwortet er. Seine Wangen werden auf einen Schlag rot. Mir ist es noch nie aufgefallen, dass Paul auf Aufregung mit Gesichtsfarbe reagiert.
„Spuck ‘ es aus“, fordere ich ihn auf. Er steht unter Druck, das sehe ich ihm an. Dieses Gesicht macht Paul nur, wenn er mit dem Rücken an der Wand steht. Entweder ist das, was er für mich eingefädelt hat, furchtbar für ihn, was ich irgendwie nicht glauben kann, oder die Sache wird mir wirklich nicht gefallen.
„Es ist so“, beginnt er. „Eigentlich hast du
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