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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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Wahrheit zu viel Angst einjagte, deshalb.
    Der Grund für meine Kopfschmerzen war offensichtlich, dass ich mit Medikamenten betäubt worden war. Und warum war ich betäubt worden? Weil Drake mich in den Operationssaal geschafft hatte. Warum war ich den Operationssaal geschafft worden? Weil Dr. Marshall gesagt hatte ...
    Er sagte, er braucht meine Beine.
    O Gott, nein. Bitte nicht. Nicht meine Beine.
    Nicht meine verfluchten Beine!
    Meine Gedanken schienen zu erstarren. Ich wollte – konnte – mir nicht erlauben, daran zu denken. Am liebsten wäre ich auf der Stelle gestorben. Und zwar, bevor ich herausfinden würde, ob etwas mit mir geschehen war.
    Ich schlug die Augen auf.
    Dann begann ich zu schreien.
    Ich hatte noch keinen Beweis dafür, dass meine Beine verschwunden waren – ich hatte nicht nach unten geblickt –, aber ich brauchte keinen. Kaum zwei Meter von mir entfernt lag in seinem Bett festgezurrt – Lucas, der ältere Mann, der mich angefleht hatte, sein Leiden im Blutbankzimmer zu beenden. Er schaute direkt zu mir, schüttelte den Kopf und betrachtete mich mit trauriger Miene.
    »Willkommen in der Hölle«, flüsterte Lucas, dann wandte er das Gesicht von mir ab.
    Das kann nicht wirklich passieren.
    Doch das tat es. Es gab nur einen Grund, warum ich neben Lucas liegen würde. Dr. Marshall hatte seine Drohung wahr gemacht und mir die Beine weggenommen. Schlimmer noch, er hatte beschlossen, mich in seinen besonderen Raum im dritten Stock zu sperren. Er hatte mich auseinandergenommen und in einen seiner Bluter verwandelt.

Kapitel 21
    Ich musste wieder das Bewusstsein verloren haben, denn als ich die Augen das nächste Mal öffnete, war Nacht. Der Bluterraum lag totenstill und dunkel da. Die einzige Helligkeit fiel durch das Fenster ein, wo sich das Mondlicht den Weg durch eine zwanzig Zentimeter breite Lücke zwischen den Vorhängen bahnte. Trotzdem war es zu dunkel, um etwas zu erkennen, was ich als etwas nervend empfand, aber zumindest hatten sich meinen Kopfschmerzen erheblich gebessert.
    Ich versuchte, mich ein Stück aufzusetzen, um mich in der Düsternis umzusehen, stellte dabei jedoch fest, dass ich an der Matratze festgegurtet war.
    Ich vermutete, damit ich nicht aus dem Bett fiel. Ohne Arme und Beine war das eine gute Idee, trotzdem stank es mir. Ich begann, mich hin- und herzuwinden, um mich zu befreien. In einem sinnlosen Anflug reiner, adrenalingeschürter Wut bäumte ich mich auf, zuckte nach links und rechts, warf mich hin und her.
    Um die Wahrheit zu sagen, meine Wut hatte eigentlich nichts mit den Gurten zu tun; sie brachten das Fass nur zum Überlaufen, nachdem ich in letzter Zeit körperlich und seelisch derart misshandelt worden war. Schließlich beruhigten mich Erschöpfung und Schmerzen, und ich lag keuchend in der Dunkelheit, während mir Tränen über beide Wangen liefen.
    »Alles in Ordnung, Mike?«, fragte eine Stimme zu meiner Rechten.
    Es war eine vertraute Stimme, dennoch konnte ich sie nicht recht einordnen. Sie klang nicht nach Lucas, aber der hatte doch zuvor neben mir gelegen, oder? Ich drehte den Kopf und konnte einen großen Klumpen auf dem Bett neben mir ausmachen, mehr jedoch nicht.
    »Wer ist da?«, fragte ich zurück. »Bist du das, Lucas?«
    »Nein. Lucas ist im Bett zu deiner Linken. Ich bin Rotbart, Mike – erinnerst du dich an mich?«
    »Klar. Wie geht’s dir?«
    Dumme Frage, aber sie hatte meinen Mund bereits verlassen, bevor ich darüber nachdachte.
    »So wie dir«, antwortete Red. »Ich wurde von diesem dreckigen Scheißkerl von einem Chirurgen zu einem Nichts zusammengeschnippelt und wünschte, ich wäre tot.«
    Ich sah mich erneut im Raum um und versuchte zu erkennen, wie viele andere Betten er enthielt.
    »Ich kann kaum etwas sehen, Red. Sind Bill Smith und Rolli auch hier?«
    »Nein. Nur wir. Rolli war eine Zeit lang hier, aber er starb im Schlaf. Ich glaube, sie haben ihm zu viel Blut abgezapft. Der Glückspilz. Hab allerdings keine Ahnung, was aus Bill Smith geworden ist. Hab ihn nie wiedergesehen.«
    »Vielleicht ist Bill geflüchtet und hat es hier rausgeschafft. Ich hab es auch versucht.«
    »Ich auch«, sagte Rotbart. »So bin ich hier gelandet. Ich glaube, wenn man Dr. Marshall verärgert, steckt er einen hierher. Oh, und keine Sorge wegen deiner Sicht. Deine Augen werden sich besser daran gewöhnen, etwas in der Dunkelheit zu erkennen, wenn du erst ein Weilchen länger hier bist. Es sind ja erst drei Wochen. Hab ein bisschen Geduld.«
    Drei

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