Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
und rührte den Kaffee um, den seine Frau auf den kleinen Tisch neben seinem Bett gestellt hatte. «Irgendwann werden wir darüber sprechen. Ich denke oft an den Papua, möglicherweise, weil er der einzige Verdächtige war, der uns wieder entkommen ist, nachdem wir ihn geschnappt hatten. Ich nehme an, es ist besser, wenn du Juffrouw Rogge nach Hause bringst. Ich werde dich heute abend anrufen und dir sagen, was Grijpstra und ich herausgefunden haben, oder du kannst mich anrufen. Meine Frau wird wissen, wo ich bin.»
«Mijnheer», sagte de Gier und legte auf.
Um elf Uhr stand der schwarze Citroën des Commissaris vor Grijpstras Haus in der Lijnbaansgracht gegenüber vom Polizeipräsidium. Der Commissaris hatte den Finger auf dem Klingelknopf.
«Ja?» rief Mevrouw Grijpstras zerzauster Kopf aus einem Fenster in der ersten Etage.
«Ist Ihr Mann da, Mevrouw?»
«Oh, Sie sind’s, Mijnheer. Er wird gleich unten sein.»
Der Commissaris hustete. Er konnte die Stimme der Frau im Haus und Grijpstras schwere Schritte auf der schmalen Holztreppe hören. Die Tür öffnete sich.
«Morgen, Mijnheer», sagte Grijpstra. «Entschuldigen Sie meine Frau, Mijnheer. Sie wird zu dick, um sich noch viel zu bewegen, und geht deshalb nicht mehr an die Tür. Sie sitzt nur am Fenster und schreit herum. Direkt vor dem Fernseher, aber bis zum Nachmittag gibt es kein Programm.»
«Macht nichts», sagte der Commissaris.
«Wir gehen zuerst zu diesem Bezuur, nicht wahr, Mijnheer? Weiß er, daß wir kommen?»
Sie saßen jetzt im Wagen, und Grijpstra grüßte den schlaftrunken aussehenden Konstabel am Steuer. Der Polizist trug keine Uniform, sondern einen dunkelblauen Blazer mit dem gestickten Emblem des Sportvereins der Amsterdamer städtischen Polizei auf der linken Brusttasche.
«Ja. Ich habe angerufen. Er will uns gleich sprechen. Dann können wir irgendwo unseren Lunch nehmen und sehen, ob wir die beiden Damen ans Telefon kriegen. Ich würde sie gern möglichst noch im Laufe des Tages aufsuchen.»
«Okay», sagte Grijpstra und akzeptierte eine Zigarre. «Es macht dir doch wohl nichts aus, am Sonntag zu arbeiten, Grijpstra, oder?»
«Nein, Mijnheer. Überhaupt nichts, Mijnheer.»
« Solltest du nicht mit den Kleinen ausgehen?»
«Ich habe die Bälger erst letzte Woche zum Zoo mitgenommen, Mijnheer, und heute gehen sie zum Spielen zu einem Freund nach Hause. Und so klein sind sie auch nicht mehr. Der Jüngste ist sechs und der andere acht.»
Der Commissaris murmelte. «Wie bitte, Mijnheer?»
«Ich hätte dich nicht bitten sollen mitzukommen», wiederholte der Commissaris. «Du bist Familienvater und warst die halbe Nacht auf. Sietsema hätte ebensogut mitkommen können, ich glaube er bearbeitet gegenwärtig sowieso nichts.»
«Nein, Mijnheer. Sietsema sitzt nicht an diesem Fall. Aber ich.» Der Commissaris lächelte. «Was macht übrigens dein ältester Sohn? Er muß achtzehn sein, stimmt’s? »
«Stimmt, Mijnheer, aber mit dem Jungen stimmt nichts.»
«Läuft es schlecht mit seinem Studium?»
«Er hat es ganz aufgegeben und will jetzt aus dem Haus. Das Militär will ihn nicht. Und er wird nie Arbeit finden, selbst wenn er es wollte, was nicht der Fall ist. Wenn er das Haus verläßt, will er Fürsorgeunterstützung beantragen, sagt er. Ich weiß nie, wo er sich in diesen Tagen aufhält. Er rast auf dem kleinen Motorrad herum, denke ich, und raucht Hasch mit seinen Freunden. Schnupfen tut er auch, ich habe ihn vor einigen Tagen dabei erwischt. Kokain.»
«Das ist teuer», sagte der Commissaris. « Sehr.»
«Hast du eine Ahnung, woher er das Geld hat?»
«Von mir nicht, Mijnheer.»
« Also?»
«Ich bin seit langem bei der Polizei, Mijnheer.»
«Ist er Dealer?»
«Alles, glaube ich», sagte Grijpstra und gab vor, den Verkehr zu beobachten. «Er ist Dealer, stiehlt Motorräder, begeht regelrechte Einbrüche und betreibt ein bißchen Prostitution. Er mag keine Mädchen und wird deshalb nie zum Zuhälter werden, aber das ist das einzig Schlechte, was er nie werden wird.»
«Prostitution?» fragte der Commissaris.
«Er geht in anrüchige Kneipen, in diese Läden, wo man sich den Kaufmann vom Lande aufgabelt und ihn dazu bringt, einen ins Motel mitzunehmen.»
«Das ist schlimm», sagte der Commissaris. «Können wir etwas tun, um ihm zu helfen, daß er damit aufhört?»
«Nein, Mijnheer. Ich werde nicht meinen eigenen Sohn jagen, aber einer unserer Kollegen wird mal auf ihn stoßen, und dann wird er in die
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