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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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denn heimgerufen werden? Er war doch hier daheim. Aber wenigstens hatten sie ihn hier begraben, neben dem Haus, das er so geliebt hatte. Wenigstens war er nicht alleine und nicht weit weg vom Rest seiner Familie. Wenigstens gab man sich Mühe, sich an ihn zu erinnern. Wenigstens hatte man ihn nicht in Orange County ganz alleine zurückgelassen.

Well they’ve been so long on Lonely Street they ain’t ever going to look back.
    – Elvis Presley
     
     
    ZWEI MONATE ZUVOR
     
    Meine Mutter, Charlie und ich standen nebeneinander und schauten nach unten auf die kleine Messingtafel. Der überbeflissene Bestatter hatte uns die Stelle gewiesen und sich dann zurückgezogen, nicht ohne uns wissen zu lassen, dass er in der Nähe war, falls wir etwas brauchten.
    Ich hatte keine Ahnung, was wir brauchen konnten, das er uns hätte geben können, und so sah ich ihn einfach nur finster an, während er sprach – bekam aber ein schlechtes Gewissen, als er ging und in respektvoller Entfernung wartete. Der Friedhof mit dem Namen Pacific View war sehr schön. Auf der Fahrt zur Grabstelle waren wir darüber informiert worden, dass John Wayne hier begraben war. Aber wir waren in Orange County, eineinhalb Stunden von Raven Rock entfernt. Und ich fand die Vorstellung schrecklich, dass mein Vater ganz allein hier draußen war, so weit weg von zu Hause.
    Eigentlich wollte ich überhaupt nicht an ihn denken, und ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass mein Vater da drin war, während ich auf den Boden schaute, auf die kleine Messingtafel: BENJAMIN CURRY, GELIEBTER EHEMANN,
VATER UND LEHRER. Er war immer zu groß gewesen für alles und hatte sich ständig über zu kleine Sitze im Kino und im Flugzeug beklagt. Wie konnte er da unter eine Messingtafel passen, die kaum größer war als meine Hand? Wie war das möglich? Und als ich wieder meine Mutter ansah und meinen Bruder, die beide zu Boden starrten, und als keiner einen Ton sagte, kam mir das Ganze so grundfalsch vor. Wir hätten ihn nicht in der kalten, dunklen Erde begraben sollen. Wir hätten seine Asche im Jungle-Room verstreuen sollen oder über den Schlachtfeldern von Gettysburg oder meinetwegen über unserem Rasen, den er so geliebt hatte. Er sollte nicht hier sein, inmitten von Fremden, von denen die meisten wahrscheinlich betagt und friedlich zu Hause gestorben waren.
    Meine Mutter räusperte sich ein wenig und sah dann Charlie und mich an. Ich erwiderte ihren Blick. Und obwohl ich es nicht wollte – weil ich mir sagte, dass ich es inzwischen besser wusste –, wartete ich darauf, dass sie etwas sagte. Oder uns in den Arm nahm. Nur um das irgendwie ein bisschen erträglicher zu machen. Doch sie drehte sich um und ging zu dem Bestatter hinüber.
    Ich sah Charlie an, der den Blick immer noch zu Boden gerichtet hatte. Seine Augen waren rot, und diesmal wusste ich nicht genau, was der Grund dafür war. Wir standen relativ dicht beieinander – ich hätte den Arm ausstrecken und ihn berühren können, doch es fühlte sich an, als wären wir meilenweit voneinander entfernt. Warum redeten wir nicht miteinander? Warum streckten wir nicht die Hände nacheinander aus?

    Dann ging Charlie auch noch weg. Er ging hinüber zu meiner Mutter und ließ mich stehen. Als ich allein war mit dem kleinen Stück Erde, in dem sich das befand, was von meinem Vater übrig war, langte ich in meine Tasche und nahm heraus, was ich ihm mitgebracht hatte. Als ich am Morgen in unserem 7-Eleven-Store war und vor dem Süßigkeitenregal stand, war ich erst erschrocken, weil ich mich plötzlich nicht mehr erinnern konnte, welche Sorten er am liebsten mochte. Warum hatte ich bloß nicht besser aufgepasst? Warum hatte ich nie daran gedacht, dass ich ihn eines Tages nicht mehr fragen konnte?
    Schließlich hatte ich Butter-Rum und Wint-O-Green genommen, die ich jetzt auf die Messingtafel legte, wo sie nach hinten rollten, bis sie an dem erhabenen B seines Vornamens hängen blieben. Es war immer meine Aufgabe gewesen, ihn mit Life Savers zu versorgen. Und nun war das die einzige Möglichkeit, das noch zu tun. Ich sah die Bonbonrollen an und wusste genau, dass sie zusammen mit den Blumen, die einmal in der Woche abgeräumt wurden, ungegessen entsorgt werden würden.
    Dann ging ich auch und ließ ihn ganz allein ...

I took a trip while I was gone.
I cashed in all my savings and bought
an El Dorado, drove to Tennessee.
    – Jason Robert Brown
     
     
    »Alles okay mit dir?«, erkundigte sich Roger.
    Ich nickte

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