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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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und schaute starr geradeaus, als wir quer über den Parkplatz zurück zu unserem Auto gingen. Die Postkarte hatte ich auf die Graffitimauer gelegt und mit dem schwersten Stein zugedeckt, den ich auf der Straße finden konnte. Als ich Roger im Souvenirshop wieder traf, war ich nicht sonderlich gesprächig. Und auch jetzt hatte ich keine große Lust zu reden.
    Wir stiegen ins Auto. Roger griff in seine Tasche und holte einen kleinen, in Seidenpapier gewickelten Gegenstand heraus. »Wahrscheinlich wirst du sie nicht wollen«, erklärte er, als ich ihn überrascht ansah. »Aber ich konnte einfach nicht dran vorbeigehen.«
    Vorsichtig riss ich das Seidenpapier auf und hielt eine Sonnenbrille in der Hand – eine Goldrandsonnenbrille im Elvis-Look. Ich sah sie an und musste an meine alte Sonnenbrille denken, die bei dem Aufprall kaputtgegangen war. Eins der Gläser hatte ich inmitten der ganzen Glassplitter auf der Straße gesehen. Eigentlich war es ziemlich blöd gewesen, eine neue Brille abzulehnen. Als ob das irgendetwas ändern würde. Ich sah Roger an, und mein Gesicht verzog sich zu
etwas, was einem Lächeln schon ziemlich nahekam. »Danke schön«, sagte ich und setzte sie auf. »Und — was sagst du?«
    Als Antwort bekam ich ein echtes Lächeln. »Chic«, antwortete er und ließ den Motor an. »Mittagessen?«
     
    Roger hatte sein persönliches Himmelreich entdeckt, und zwar Krystal, eine Fast-Food-Kette, von der wir beide noch nie was gehört hatten. Sie war echt gut – es gab Mini-Burger, und die Pommes waren wunderbar salzig. Außerdem hatten sie meinen geliebten Sweet Tea im Angebot. Wir saßen bei offener Heckklappe im Kofferraum, baumelten mit den Beinen und ließen es uns schmecken. Direkt vor uns auf der anderen Straßenseite befand sich das Tennessee-Alabama Fireworks Emporium, ein Supermarkt für Knallkörper aller Art, und mir fiel auf, dass Roger immer dann, wenn er sich nicht gerade über die Vollkommenheit unserer Burger ausließ, den Laden für meinen Geschmack ein bisschen zu interessiert betrachtete.
    Ich hatte die USA-Übersichtskarte auf den Knien liegen und war wieder mal fasziniert, wie weit wir schon gekommen waren. Wir hatten immer noch ein gutes Stück Weg vor uns, aber ich bekam langsam den Eindruck, dass der größte Teil des Landes inzwischen hinter uns lag.
    »Was haben wir eigentlich heute so vor?«, fragte Roger und hielt mir die Pommes hin. Ich nahm eine, tauchte sie in die Barbecuesoße, die in einem kleinen Becher zwischen uns stand, und Roger verzog das Gesicht. Er konnte nämlich Barbecuesoße auf Pommes nicht leiden, wie ich kürzlich herausgefunden hatte.

    »Keine Ahnung«, sagte ich, obwohl ich beim Blick auf die Karte ziemlich genau wusste, wohin ich wollte. Wir waren auch gar nicht weit weg davon. Nur ein Bundesstaat lag dazwischen. »Ich glaube, ich muss dir was sagen«, holte ich aus. Roger ließ die Pommes, die schon fast in seinem Mund war, wieder sinken und sah mich an. »Mein Bruder ist gar nicht zum Sommerkurs. Er ist auf Entziehungskur.« Einen Moment lang hing das Wort in seiner vollen Hässlichkeit und Bedeutungsschwere zwischen uns.
    »Oh«, sagte Roger schließlich leise.
    »So sieht’s aus.« Ich lachte kurz. »Und ich denke ...« Mit dem Finger fuhr ich quer durch Tennessee bis nach North Carolina, in Richtung Asheville. »Ich glaube, dass ich ihn gern besuchen würde.«
     
    Gegen ein Uhr morgens hatten wir Asheville dann erreicht. Die Fahrt war ziemlich schweigsam verlaufen. Wir hatten uns nur Walcotts Demo angehört, die mit Lautstärke ausglich, was dem Leadsänger an Stimme fehlte. Dann hatte Roger einen Mix von sich gestartet, aber dann gefragt, ob er sich nicht vielleicht eins von meinen Musicals komplett anhören könne, weil ihm immer der Handlungsfaden fehle, wenn er die Lieder so aus dem Zusammenhang gerissen hörte. The Producers gefiel ihm so gut, dass er es sich gleich zweimal anhörte.
    Schließlich waren wir da. Doch da es auf unserem Weg durch Tennessee ziemlich spät geworden war, mussten wir nun noch bis zum Morgen warten, um Charlie zu besuchen. Während Roger mit Nathan Lane mitsummte, musste ich an
meinen Bruder denken. Nach all den Monaten, in denen wir kein Wort gewechselt hatten, konnte ich es nun kaum erwarten, endlich mit ihm zu reden. Es war höchste Zeit dafür.
    Wir fuhren an einem Wal-Mart auf den Parkplatz, damit wir einen kurzen Kassensturz machen konnten, um zu sehen, wie viel Geld wir für ein Hotel hatten, und um zu

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