Amy on the summer road
meinen Gedanken. Er öffnete alle vier Fenster einen Spalt weit. Trotzdem war es hinten im Auto ziemlich heiß. Die 9,99 $, die er für die Decke bezahlt hatte, hätten wir uns eindeutig sparen können. Ich gab ihm die Reisetaschen nach vorn, damit er sie auf dem Beifahrersitz stapeln konnte. Ganz obendrauf kam meine Eule. Dann schaltete er den Motor wieder
aus, verriegelte das Auto von innen und kletterte über den Fahrersitz nach hinten. Ich rutschte auf die linke Seite – meine Seite –, um ihm mehr Platz zu lassen. Aber es war wirklich verdammt eng, was ich nicht so richtig bedacht hatte. Ich legte mich hin, schob das nagelneue Kissen unter meinen Kopf und stellte fest, dass Roger mir hier näher war als in allen Betten, die wir uns zuvor geteilt hatten. Aber irgendwie machte es mir diesmal gar nicht so viel aus. Die Decke lag unten an unseren Füßen und seine Gegenwart so dicht neben mir war mir sehr deutlich bewusst, da seine nackten Beine nur eine Handbreit von meinen entfernt waren und keine Decke und kein Laken uns bedeckte.
Ich drehte mich auf den Rücken, sah durch das Heckfenster nach oben in den Himmel und versuchte, Sterne zu entdecken. Aber wahrscheinlich war das Flutlicht auf dem Parkplatz dafür zu hell und so war alles, was ich sehen konnte, das Innere unseres Autos, das sich in der Heckscheibe spiegelte. »Nacht«, sagte ich und drehte den Kopf, um Roger anzusehen, der vermutlich wie immer schon halb schlief.
Doch Roger wälzte sich hin und her und schubste die Decke noch weiter von sich weg. »Mann, ist mir heiß«, stöhnte er und zog an seinem T-Shirt. »Dir nicht?«
»Doch.« Jetzt, wo wir beide hier lagen, kam es mir im Auto noch heißer vor. Und die Luft stand förmlich, es fühlte sich an, als ob die Hitze direkt auf uns herabdrückte. »Aber ich bin hier nicht der Heizofen.«
»Ich weiß«, stöhnte Roger. »Ist echt eine Affenhitze hier.«
»Vielleicht können wir die Fenster ein bisschen mehr aufmachen?« , schlug ich vor.
»Draußen ist es so scheußlich warm, dass das wahrscheinlich kaum was bringt«, sagte er. »Außerdem hätte ich Angst, dass jemand einbricht.« Wieder drehte er sich von einer Seite auf die andere und setzte sich schließlich auf. »Würde es dich sehr stören«, fing er an und räusperte sich. »Also, hättest du was dagegen, wenn ich mein T-Shirt ausziehe?«
»Oh«, sagte ich und fühlte, wie meine Wangen noch etwas wärmer wurden. »Nein, geht schon in Ordnung.«
»Bestimmt?«
»Ganz bestimmt«, versicherte ich ihm und hoffte, dass sich das nicht gar zu enthusiastisch angehört hatte. »Also, ich meine, klar.« Roger zog sein Colorado-College-Shirt aus und ich versuchte, ausschließlich aus dem Fenster zu sehen. Doch als er sich wieder hinlegte, schielte ich doch zu ihm hinüber und wurde noch röter. Denn, ähm ... wow. Roger hatte einen tollen Körper. Schlank und nicht zu muskulös, aber die Bauchmuskeln sahen echt gut aus und ... Schnell sah ich an die Decke und hatte das Gefühl, dass es im Auto noch wärmer geworden war.
»Nacht, Hillary«, sagte Roger gähnend.
»Nacht, Edmund«, erwiderte ich, so ungezwungen ich nur konnte. Einen Moment später, als seine Atemzüge lang und gleichmäßig waren, sah ich wieder zu ihm hin. Er hatte sich, mit dem Gesicht zu mir, auf die Seite gedreht und ich rollte mich auch auf die Seite, mit dem Gesicht zu ihm. Ich schloss die Augen, hatte aber das deutliche Gefühl, dass ich nicht einschlafen würde. Vergangene Nacht hatte ich super geschlafen, aber das war schließlich in Luciens Luxushütte gewesen. Und nicht in einem stickigen Auto auf einem
Wal-Mart-Parkplatz mit einem halb nackten Roger neben mir.
Aber als ich das nächste Mal die Augen öffnete, sah ich draußen Licht – das kühle Licht eines heraufdämmernden Morgens. Irgendwann im Laufe der Nacht waren wir offenbar dazu übergegangen, uns ein Kissen zu teilen.
I was on your porch last night.
– The Format
SECHS MONATE ZUVOR
Ich saß draußen auf unserer linken Veranda und wartete schon seit zwei Stunden, wie mir die blassgrünen Ziffern meiner Armbanduhr anzeigten. Die Mücken nutzten das gnadenlos aus und verschlangen mich regelrecht. Ich fühlte mich wie ein All-you-can-eat-Buffet in Amy-Form. Ich hatte den Kampf längst aufgegeben und beschränkte mich nur noch auf gewaltfreien Widerstand, indem ich ab und zu an den Stichen kratzte.
Mein Vater fand, dass diese Veranda eine von den vielen Unsinnigkeiten war, die der
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