Amy on the summer road
Stelle.
»Ja«, stimmte ich ihr zu. »Also, er ist wirklich ...«
»Und ich finde es echt unmöglich, was diese Tusse ihm angetan hat. So ein netter Typ. Aber für eine wie Hadley nur eine Übungsnummer.« Mir fiel auf, dass Bronwyn ihren Namen ganz anders aussprach als Roger. Sie spuckte die Silben regelrecht aus. »Die hat ihn sich doch nur ausgesucht, weil sie ihre Krallen an ihm wetzen wollte.« Ich nickte naiv und hatte das Gefühl, mitten in einen Tornado geraten zu sein. Eilig ging ich noch einmal durch, was sie so alles gesagt hatte, und grübelte nach einer passenden Antwort auf irgendwas davon. »Also ...«, begann ich.
»Mannomann, wo sind bloß meine Manieren geblieben? Bitte setz dich doch.«
Ich konnte keine Stelle entdecken, wo das möglich gewesen wäre, aber Bronwyn fegte einfach ein paar Klamotten vom Bett und strich es glatt. Dann ging sie zu ihrem Schreibtisch und setzte sich darauf. Vorsichtig nahm ich auf dem
Fleckchen Platz, das sie für mich frei gemacht hatte. Da sie mich erwartungsvoll ansah, setzte ich zu einem neuen Versuch an. »Also ...«, begann ich wieder und wartete erst einmal ab. Als sie mir nicht ins Wort fiel, fuhr ich fort: »Also, du bist hier den Sommer über Quartierchefin?«
»Ja genau«, antwortete sie mit einem gutmütig klingenden Seufzen. »Ich hab freie Kost und Logis und muss den Sommer nicht zu Hause verbringen, wo ich zur Sklavenarbeit in der Kinderbetreuung meiner Tante gezwungen werde. Aber jetzt hab ich genug über mich geredet!« Sie beugte sich vor. »Erzähl doch mal was von dir! Wie läuft denn euer Roadtrip?«
»Ach«, sagte ich und fand es ziemlich ungemütlich, dass ihre ganze Aufmerksamkeit jetzt auf mich gerichtet war. »Ganz gut bisher, denke ich.«
»War sie schon Thema?« An der Art und Weise, wie sie dieses »sie« aussprach, ließ sich unschwer erraten, wen sie damit meinte.
»Nein«, antwortete ich. »Nicht so richtig. Er hat nur wenig darüber gesprochen.«
Bronwyn nickte. »Hab ich mir gedacht. Aber keine Sorge, meine Liebe, ich bring ihn schon dazu, dass er’s ausspuckt.«
»Äh«, sagte ich, »aber ich glaube, deshalb sind wir hier. Unter anderem«, fügte ich hastig hinzu. »Er hat gemeint, dass er auf der Suche nach Hadley ist, und er denkt, sie könnte jetzt im Sommer hier auf dem Campus sein.«
Bronwyn schnaubte verächtlich. »Nein, ist sie nicht. Wenn sie es wäre, wüsste ich das und hätte sie schon auf meine Fahndungsliste gesetzt, so viel ist sicher.« Sie drehte sich zu
ihrem Schreibtisch um und nahm ein gerahmtes Foto in die Hand. »Willst du sie mal sehen?« Noch ehe ich etwas antworten konnte, stand sie schon neben mir und drückte mir das Bild in die Hand.
Darauf waren vier Leute zu sehen: ganz links Bronwyn, daneben ein schnuckliger, kompakter Typ mit kurz geschnittenen schwarzen Locken. Dann kam Roger und neben ihm stand eine Hinguckerblondine. Höchstwahrscheinlich Hadley, schlussfolgerte ich nicht nur aus den Hörnern, die ihr jemand mit rotem Filzstift an den Kopf gemalt hatte. Ich sah sie mir genauer an. Sie war fast so groß wie Roger, superschlank und hatte feine, ebenmäßige Gesichtszüge, gebräunte Haut und hellblonde Haare. Sie lächelte abwesend an der Kamera vorbei, was Roger, der sie freudig anstrahlte, nicht zu bemerken schien. »Tja«, sagte ich, weil ich nicht so recht wusste, was ich dazu sagen sollte.
»Ich weiß«, bestätigte Bronwyn. »Der Hammer, was? Man kann es ihr richtig ansehen.« Sie nahm mir das Foto wieder ab. »Aber nun schau dir doch mal Jaime an«, forderte sie mich auf und tippte entzückt auf den Typen, der neben ihr stand. »Ist er nicht total süß? So richtig zum Anbeißen, oder?«
»Hmhm«, machte ich so neutral wie möglich, weil ich annahm, dass ich ihr hier nicht allzu enthusiastisch zustimmen sollte. »Ist das dein Freund?«
»Volltreffer«, seufzte sie entzückt, »und außerdem so ziemlich Rogers bester Kumpel hier. Dadurch habe ich ihn auch kennengelernt, weißt du. Und sie auch«, fügte sie noch missmutig hinzu.
»Also, was genau ist denn nun mit den beiden passiert?«, fragte ich und hoffte, dass sie nun gleich ein riesiges Mysterium lichten würde.
Bronwyn schob eine weitere Ladung Klamotten auf den Boden und setzte sich neben mich. »Wenn ich das wüsste, dann hätte ich die Sache schon vor zwei Monaten klären können. Das Problem ist wahrscheinlich, dass da eigentlich gar nichts ist zwischen ihnen. Wahrscheinlich ist ihr langweilig geworden und sie wollte
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