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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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hier«, sagte Roger und wies auf die linke Straßenseite. »Siehst du das?«
    Ich schaute. Eigentlich waren sie kaum zu übersehen. Auf einer großen Grünfläche standen lauter in Tierform geschnittene Büsche. Viel größer und detailgetreuer als alles, was ich bis dahin in dieser Art gesehen hatte. Zwei Bären, wahrscheinlich maßstabsgetreu, standen auf den Hinterbeinen und hoben die Tatzen, um vorüberfahrende Autos zu grüßen. Hinter ihnen winkte freundlich ein Fuchs mit der Pfote. »Wow«, murmelte ich. Roger ließ das Auto langsam wieder anrollen, und ich drehte mich um und betrachtete die Werke, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. Im rasch schwindenden Tageslicht sahen sie beinahe aus wie Skulpturen oder verzauberte Wesen. Jedenfalls sah man kaum noch,
dass es eigentlich beschnittene Sträucher waren. »Ist es das dort?«, fragte ich, als ich ein Schild vor einem doppelten Tor sah. »Dort links?«
    Die schmiedeeisernen Tore waren riesig und zu beiden Seiten von Ziegelsäulen flankiert. ARMSTRONG FARMS ESTATES, war in eine silberfarbene Tafel an der linken Zaunsäule graviert. Auf der rechten stand: HUMMINGBIRD VALLEY, KENTUCKY. Die ganze Szenerie wirkte total einschüchternd. Aber zu unserem Glück standen die Tore offen.
    »Wahrscheinlich«, sagte Roger. Er war so nervös, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Ich beobachtete ihn, wie er das Lenkrad abwechselnd fest umklammerte und wieder losließ.
    Ganz so, wie er es vermutet hatte, brauchten wir eine ganze Weile, bis wir das Haus erreichten. Wir fuhren eine sanft gewundene Einfahrt hinauf, die von grünen Hügeln umgeben war. Aber nach einer Weile fand ich, dass man das eigentlich kaum noch Einfahrt nennen konnte. Ab einer gewissen Länge war es doch eher eine Straße. Während wir so dahinrollten, durchzuckte mich urplötzlich der Gedanke an unser Haus in Kalifornien, mit dem Schild der Maklerin auf dem Rasen und der Einfahrt, für die ich maximal zehn Sekunden gebraucht hatte.
    Noch einmal bogen wir um die Kurve und da lag es auf einmal vor uns: gewaltig und imposant und ungefähr das, was man vor Augen hatte, wenn man sich ein Südstaatenanwesen vorstellte. Das Gebäude war groß, weiß, mit Säulen und dunkelgrünen Fensterläden. Dahinter erstreckten sich diverse Nebengebäude. Davor befand sich ein kreisförmiger Fahrweg, aber es war kein Auto geparkt. Im Dämmerlicht
sah ich wunderschön angeordnete Blumenbeete und weiße Pflanzgefäße mit blühender Pracht auf den Treppenstufen. Soweit ich sehen konnte, war das Haus umgeben von großen, wunderbar gepflegten Grünanlagen.
    »Wow«, sagte ich und schaute immer noch.
    Roger nickte und sah sich ebenfalls um. »Sie hatte es mir beschrieben, aber irgendwie hat sie wohl untertrieben.« Er parkte das Auto und schaltete den Motor ab.
    Ich ließ meinen Blick vom Anwesen zu Roger wandern. »Und jetzt?«, fragte ich. »Irgendein Schlachtplan? Willst du einfach so klingeln?«
    »Wohl schon«, erwiderte er. »Darüber hab ich vorher echt nicht nachgedacht. Ich hab überlegt, wie ich hierherkomme und was ich sage, wenn ich sie sehe, aber den Teil dazwischen habe ich einfach ausgeblendet.« Roger räusperte sich und ließ seine Fingergelenke knacken. »Okay«, sagte er. »Dann mal los.« Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und sie standen wieder in alle Richtungen vom Kopf ab. Was wahrscheinlich nicht so gedacht war, falls er Hadley beeindrucken wollte.
    »Prima«, meinte ich so aufmunternd wie möglich. »Wenn ich nur kurz ...« Damit lehnte ich mich hinüber, überwand die Lücke zwischen uns und hob die Arme. Dann legte ich meine Hände fest an seinen Kopf, wobei ich spürte, wie weich und kräftig seine braunen Haare waren und dass sie vom vielen Fahren in der Sonne auf der linken Seite wärmer waren. Am liebsten wäre ich ihm spontan mit den Fingern durchs Haar gefahren, was ich aber besser sein ließ. Stattdessen strich ich nur mit der flachen Hand über den Wirbel am
Hinterkopf und glättete ihn. »So«, kommentierte ich. »Viel besser.« Mit einem knappen Lächeln zog ich mich auf meinen Sitz zurück.
    »Oh«, sagte er und sah noch einmal in den Spiegel. »Danke schön.«
    Ich wollte ihm gerade viel Glück wünschen, als ich vom Anblick einer Person abgelenkt wurde, die seitlich hinter dem Haus hervorkam. Die Person war sehr groß, trug eine weiße Arztmaske und schwang eine Kettensäge. Und sie kam direkt auf unser Auto zu.



You’d better go on home, Kentucky gambler.
    – Dolly

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