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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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Parton
     
     
    »Pass auf«, raunte ich Roger mit jagendem Puls zu. »Ich denke, du solltest ganz leise den Motor anlassen und dann so schnell wie möglich rückwärts aus der Einfahrt verschwinden.«
    »Wie kriegt man denn einen Motor leise gestartet?«, flüsterte Roger zurück. »Erinnerst du dich noch, wie die Einfahrt aussieht? Da soll ich rückwärts rausfahren?«
    »Roger, er hat eine Kettensäge«, zischte ich. »Ich hab keinen Bock, mein Leben in Kentucky zu lassen.«
    Roger bekam einen Lachanfall, als der Typ mit seinem kettensägenfreien Arm winkte und rief: »Hallo! Habt ihr euch verfahren?«
    »Siehst du«, sagte Roger, »er ist friedlich gesinnt.«
    »Das macht er doch nur, um seine Opfer anzulocken. Da gibt’s ganze Filme drüber!«
    »Du meinst sicher Texas Chainsaw Massacre«, antwortete Roger immer noch grinsend, verdrehte die Augen und stieg aus. »Hallo«, rief er. »Ich wollte nur ... äh ... ich suche Hadley Armstrong.«
    Beim Näherkommen nahm der Typ seine Maske ab und schaltete glücklicherweise die Kettensäge aus. Offensichtlich hatten wir irgendeinen Bewegungssensor ausgelöst, denn die Einfahrt war jetzt dezent beleuchtet und ich konnte erkennen,
dass der Typ eigentlich ganz normal aussah. Er trug Bootsschuhe, Kakihosen und ein Polohemd. Und obwohl er ungefähr so groß war wie Roger, wirkte er viel kräftiger. Nicht unbedingt dick, sondern insgesamt stämmiger. So ähnlich wie ein Teddybär. Da er damit als Mörder vorerst ausschied, öffnete ich ebenfalls meine Tür und stieg langsam aus.
    »Ich bin ihr Bruder«, erklärte der Typ. »Lucien Armstrong.« Er streckte seine Hand aus, die Roger schüttelte. Dann sagte er: »Nett, dich kennenzulernen.«
    »Roger Sullivan«, antwortete Roger. »Dito.«
    »Ah!«, rief Lucien jetzt und schnippte mit den Fingern. »Du bist der, der die Rosen geschickt hatte, stimmt’s?«
    Roger räusperte sich und deutete in meine Richtung. »Und das ist Amy Curry«, fügte er hinzu.
    Ich lehnte am Auto und rührte mich nicht von der Stelle. »Hi«, grüßte ich und hob lässig die Hand.
    »Hallo«, erwiderte Lucien, ignorierte meine reservierte Haltung und kam zu mir herüber. Er hielt mir die Hand hin, ich schüttelte sie und hatte das Gefühl, in meinem ganzen Leben noch nicht so viele Leute per Handschlag begrüßt zu haben wie in den letzten Tagen. Seine Hand war riesig und umschloss meine fast komplett. Er sah Hadley kein bisschen ähnlich. Seine blonden Haare waren ein bisschen zu lang und von der Sonne gebleicht. Auf den Wangen hatte er Sonnenbrand. Eigentlich sah er ganz gut aus, stellte ich überrascht fest. Ich wollte gerade einen Schritt zurückmachen, hatte allerdings vergessen, dass ich schon am Auto lehnte.
    »Schön, dich kennenzulernen«, sagte ich und entzog ihm vorsichtig meine Hand.

    »Tut mir leid wegen der Kettensäge, hab nur gerade ein paar Sträucher verschnitten«, meinte er und schaute von mir zu Roger. »Und ihr seid also Freunde von Hadley?« Roger nickte und ich ebenfalls, weil ich annahm, dass das einfacher war, als ihm die wahren Verhältnisse zu erklären.
    »Ja, also ...« Roger schob seine Hände in die Hosentaschen. »Wir waren gerade in der Gegend. Ich hatte mit ihr schon telefoniert, aber dann ist sie nicht mehr rangegangen. Da dachte ich mir, ich schau mal, ob sie zu Hause ist. Ich hab ihr zwar auf die Mailbox gesprochen, aber ...«
    »Ach, das ist aber wirklich saublöd«, erwiderte Lucien. Im Gegensatz zu den meisten Leuten in meinem Alter – er wirkte ungefähr so alt wie ich – meinte er das, was er sagte, offenbar wirklich ernst. Er runzelte die Stirn und sagte mit aufrichtigem Bedauern in der Stimme: »Echt schade, dass ihr sie nicht erreicht habt, dann hättet ihr euch die Fahrt hierher nämlich sparen können. Had ist vor ein paar Stunden zu einem Reitturnier losgefahren und kommt erst morgen wieder. Es wird ihr bestimmt leidtun, dass sie euch verpasst hat.«
    »Oh«, antwortete Roger nickend. »Alles klar.« Ich sah, wie er wieder die Hände in die Taschen schob und plötzlich ganz kraftlos und verloren aussah. Ich bekam eine unbändige Wut auf diese Person, der ich noch nie begegnet war. Wieso sagte sie zu Roger, er solle sie anrufen, sobald er in Louisville sei, wenn sie gar nicht vorhatte, dort zu sein. Ich konnte nur erahnen, wie es ihm jetzt ging – wahrscheinlich ungefähr so, als wenn wir den weiten Weg bis nach Yosemite auf uns genommen hätten, um dann festzustellen, dass er montags

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