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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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»Wir verstehen uns nicht besonders gut.«
    »Oh«, sagte Lucien, und wieder herrschte betretenes Schweigen. Vermutlich würde er heute Abend keine neuen Gesprächsthemen mehr anschneiden.
    »Na ja, wenigstens hat er dich nicht gebissen«, warf Roger in bewusst aufgeräumtem Tonfall ein. Er hielt uns seine Handfläche hin, sodass wir eine kleine runde Narbe erkennen konnten. »Mein Stiefbruder«, erklärte er, »war ein sehr hungriges Kind.«
    »Das ist doch gar nichts«, konterte Lucien, krempelte seinen Ärmel hoch und zeigte uns eine blasse Narbe auf seinem Unterarm. »Als ich acht war, hat Hadley ihrem Pferd beigebracht, gegen mich auszuschlagen. Zwar hat sie das immer abgestritten, aber unser Stallbursche hat mir die Wahrheit verklickert.«
    Roger langte quer über den Tisch und klaute sich eine Erdbeere von meinem Teller. Lucien entschuldigte sich und legte seine Serviette auf den Tisch, wo sie von einem Kellner umgehend neu gefaltet wurde. »Tut mir leid«, sagte ich, sobald Lucien weg war, denn wir hatten vorher gar keine Gelegenheit gehabt, unter vier Augen zu reden. »Dass ich ihn eingeladen habe, meine ich.«
    »Nee, ist schon in Ordnung«, beruhigte er mich. »Er ist doch total nett.«

    »Ja, das stimmt«, antwortete ich. »Ich dachte nur ...« Ich hatte Roger noch nicht erzählt, wie ich mich gefühlt hatte, als ich ganz allein in unserem Haus wohnen musste. Wahrscheinlich war es mir nicht mal selber ganz klar – bis ich an Lucien etwas bemerkt hatte, was mir nur allzu vertraut vorkam. »Ich hatte halt das Gefühl, dass er sich einsam fühlt, das ist alles.«
    »Ist doch lustig mit ihm«, meinte Roger und lächelte kurz. Er schüttelte den Kopf. »Hadley hat zwar gesagt, dass sie einen Bruder hat, aber das war auch alles. Nie hat sie etwas von ihrem Zuhause oder ihrem Ort erzählt. Ist schon verrückt.« Er trommelte mit den Fingern auf die polierte Tischplatte und fuhr dann fort: »Jetzt, wo ich hier bin, kommt es mir so vor, als würde ich sie überhaupt nicht kennen.«
    »Tja«, sagte ich und versuchte, in Rogers Gesicht zu lesen, was das für ihn bedeutete. »Aber du willst sie trotzdem morgen treffen, oder?«
    »Ja«, antwortete er nickend. »Auf jeden Fall. Wenn wir schon mal hier sind.«
    Lucien kam zurück an den Tisch, setzte sich jedoch nicht wieder hin. »Wollen wir los?«, fragte er.
    »Müssen wir nicht noch bezahlen?«, fragte ich und hielt Ausschau nach einem der vielen Kellner, die uns den ganzen Abend nicht von der Seite gewichen waren, sich aber jetzt offenbar in Luft aufgelöst hatten.
    Lucien schüttelte den Kopf. »Schon erledigt«, verkündete er und zog meinen Stuhl für mich zurück. Da ich das nicht erwartet hatte, kam ich beim Aufstehen leicht ins Straucheln.

    »Das wär aber echt nicht nötig gewesen«, sagte ich, doch Lucien grinste nur.
    »War mir ein Vergnügen«, wiegelte er ab. »Danke für die Einladung. Immer alleine zu essen, macht nämlich echt keinen Spaß.« Roger wollte gerade etwas einwenden, aber Lucien schüttelte noch mal den Kopf. »Ganz ernsthaft«, wiederholte er, »ich hab mich total über eure Gesellschaft gefreut.«
    Als wir das Restaurant verließen, standen davor immer noch ein paar Leute, die schon vorher auf einen Tisch gewartet hatten und uns jetzt unfreundliche Blicke zuwarfen. Wir traten hinaus in die schwül-heiße Nacht, die sich noch kein bisschen abgekühlt hatte. Nach dem kalifornischen Wetter – Wüstenwetter -, wo es nachts empfindlich kalt wurde, kam mir das merkwürdig vor, irgendwie unvollendet. Als gäbe es irgendwo einen Schalter, den jemand vergessen hatte zu betätigen.
    Lucien lotste uns zurück nach Hummingbird Valley. Während der Fahrt musste ich immer wieder zu Roger hinübersehen, der ungewöhnlich schweigsam war. Er sah ziemlich fertig aus. Ich wusste nur nicht so genau, ob das vom Fahren kam oder von der bevorstehenden Begegnung mit Hadley.
    »Habt ihr auf dem Weg hierher eigentlich die Strauchskulpturen gesehen?«, fragte uns Lucien, als wir uns seinem Haus näherten. Dabei zeigte er auf die Figuren, die wir schon gesehen hatten und die jetzt im Dunkeln bei Mondschein nicht mehr ganz so unheimlich aussahen. Eher wie Wächter, die das dahinterliegende Anwesen schützten.
    »Ja«, antwortete ich. »Die sind unglaublich.«

    »Die sind hier echt Tradition«, erklärte er und beugte sich zwischen uns nach vorn. »Ihr solltet das mal zu Weihnachten sehen.«
    Roger blinkte und wir bogen wieder in die längste Einfahrt der

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