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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wiebelt
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Instrumenten unzählige dieser Laternen entzündeten, aber Natas hatte so etwas noch nie gesehen und während Wolf ernst nickte und an dem Kerzenkünstler vorbeischritt, beobachtete Natas die Tätigkeit des Mannes mit ungleich eifrigerem Interesse und grenzenloser Ne u gier. Einige Minuten später erreichten sie die Ruine des alten Wirt s hauses, mit seinen verkohlt schimmernden Holzbalken, die wie mahnende Finger in den Himmel ragten und selbst nach die-ser langen Zeit noch von dem Unglück zeugten, das diese Stätte heimgesucht hatte.
    Ein riesiger Krater klaffte zwischen den angrenzenden G e bäuden, deren verrußte Fassaden ebenso unbarmherzig von der Feuer s brunst gezeichnet worden waren und nun verlassen dem Verfall entgegendämmerten. Zerfetzte Überreste von Vorhängen flatte r ten gespenstisch durch zersplitterte Fenste r gläser und verrottete Holztüren quietschen leise in ihren ve r bogenen Scharnieren, um laut in verrostete Schlösser zu fa l len, die ihren Sinn und Zweck schon lange nicht mehr erfüllten. Bedächtigen Schrittes überque r te Wolf das unselige Trümmerfeld, immer auf der Hut im schw ä cher werdenden Licht der künstlichen Fackeln nicht zu stolpern. Das vermoderte Holz knirschte unter seine Stiefeln, als er durch die grotesk verbogenen Überre s te eines Türbogens stapfte.
    Wolf bemerkte das zusätzliche Gewicht auf seinem Rücken und ahnte, dass Natas eingeschlafen war. Er hing regungslos in den Trageriemen, seine Beine baumelten unkontrolliert an der Seite,  und der Kopf des Jungen lag schwer zwischen seinen Schulte r blättern.
    Er lächelte bei dem Gedanken, dass der unkontrollierte Speiche l fluss des Tiefschläfers ihm wieder einen feuchten Nacken besch e ren würde.
    Ein flüchtiger Schatten huschte einige Meter entfernt an i h nen vorbei. Wolf wirbelte herum und zog instinktiv seine beiden Dol-che hervor. „Halt!“ schrie er. Ohne auf seine schlafende Fracht zu achten, hechtete er elegant über die  verfallenen Hol z balken, die ihm den Weg versperrten.
    Durch das hektische M a növer wurde Natas jäh aus seinem tiefen Schlaf gerissen und stieß einen spitzen Schrei aus.
    „Still, Natas!“, beruhigte ihn Wolf und horchte konzentriert in die Dunkelheit. In diesem von der Straße abgewandten Teil der Ru i ne war er mit Blindheit geschlagen und musste versuchen, sich mit den verble i benden Sinnen zurechtzufinden.
    „Was wollt ihr hier!“, röchelte eine unsichtbare Stimme.
    Wolf drehte sich langsam und versuchte die Herkunft der Worte zu ermitteln.
    „Das hier ist mein Reich und …“, der rasselnde Atem des Spr e chers war zu hören, „und ihr seid Eindringlinge. Ve r schwindet und lasst die Toten ruhen!“
    „Ich suche einen Mann namens Willay?“, entgegnete Wolf mit ruhiger Stimme.
    „Willay?“, ein irres Kichern war zu hören, „der verrückte Willay? Sein Körper wurde von den unbarmherzigen Fla m men verzehrt. Nur sein Geist ist noch hier. Bei mir!“
    Wolf stutzte. „Kann ich mit ihm reden?“
    „Sicherlich! Er hört euch zu. Aber sehen werdet ihr ihn nicht!“
    Ein kaum hörbares Rascheln ließ Wolf herumschnellen. Mit sei-ner rechten Hand packte er das Phantom an seinen verfil z ten Haaren und zerrte es gewaltsam über den staubigen Schutt ins Licht. Die Kreatur schrie und schlug um sich, konnte aber dem festen Griff nicht entkommen. „Nein! Nein! Lasst uns in Ruhe. Wir haben euch nichts getan. Bitte!“
    Wortlos warf Wolf die Gestalt auf den schmutzigen Boden, wo sie sich zusammenkauerte und panisch versuchte, ihren Körper vor dem Schein der Laternen zu schützen, doch der armselige, zerfetzte Umhang bot nur ungenügenden Schutz vor neugierigen Blicken. Natas schaute über Wolfs Schulter und erschrak, als er die pergamentartige, vernarbte Haut unter der spärlichen Bekle i dung erkannte.
    „Ich werde dir nichts tun!“, begann Wolf, „aber ich will sehen, mit wem ich es zu tun habe!“
    Mit zornigem Blick reckte die kniende Gestalt ihr Haupt in die Höhe und zeigte dabei ihr entstelltes Gesicht.
    „Seht uns an!“, klagte Willay, „Ihr seid nicht besser, wie die and e ren, die über mich lachen oder sich vor Ekel von mir abwenden. Brennende Rache hat diesen Körper verzehrt und alle Teufel, die diesen unseligen Ort bewohnten.“ Langsam richtete er sich auf, verhüllte sein Gesicht mit einem schmutzigen Tuch und verharrte wenige Schritte von Wolf en t fernt. „Verflucht seid ihr, der ihr die Ruhe dieses Aschenhügels stört! Die Seelen der Toten

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