An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
gerissen, warteten einige der Befreiten mit angsterfüllten Gesic h tern auf den Aufbruch. Am langen Ruder im hinteren Teil des Bootes stand der alte Darius und blickte besorgt den langen Weg entlang, den sie vor einiger Zeit gekommen waren.
Die anderen sechs vollbesetzten Boote, hatten schon kurz nach ihrem Eintreffen die Leinen gelöst und ihre gefahrvolle Reise durch die finsteren Stromschnellen begonnen.
Feiner Sandregen und herausgebrochener Kiesel rieselten, gelöst von unheilvollen Vibrationen über ihren Köpfen von der Felse n decke und verstärkten die quälende Ungewissheit des Wartens.
„Wir müssen ablegen, Binschli!“, rief er dem Gedankenversunk e nen am Ufer zu, „dort oben muss etwas Schreckliches passiert sein und egal, was es ist, wir sollten schnellstmöglich von hier ve r schwinden!“
„Nein! Nein! Nein!“, quengelte der missmutige Landstreicher, „wir müssen warten … ist etwas, das getan werden muss … ein-zige Hoffnung … auf den richtigen Weg gebracht we r den … Vernen des Schicksals … erwachen! Nein ! Nein! Nein!“
Darius vernahm das Gemurmel nur bruchstückhaft, schüttelte daraufhin verwirrt den Kopf und stütze sich entmutigt auf das Ruder.
„Lass ihn hier, Darius! Sieh nur die Frauen und Kinder, wie sie leiden! Sie werden nicht mehr kommen. Wahrscheinlich sind sie tot!“, wollte einer der Insassen Darius überzeugen, doch der eifrige Mann fand kein Gehör bei dem greisen Ruderführer und, als hätten die Götter das innige Bitten des Ratsherren erhört, tauchten just in diesem Moment einige Gestalten im Schatten des verschlungenen Pfades auf, die sich vorsichtig näherten.
Angespannt versuchte Darius die Absichten der kleine Gruppe zu erkennen, die noch im Halbdunkel verborgen war, jederzeit b e reit, bei Gefahr die Taue zu durchschneiden und sich den tre i benden Wassermassen zu ergeben.
„Dem Himmel sei Dank! Sie haben es geschafft!“, erleichtert atmete Darius beim Anblick des Kriegers auf, der einen Jungen auf den Schultern tragend, die buntgemischte Clique den schm a len Pfad hinabführte.
Außer sich vor Freude tanzte Binschli über das Gestade, als auch er die erhofften Gesichter erspähte, auf sie zueilte und den sic h t-lich überraschten Wolf mitsamt seiner angespannten Begleiter überschwänglich begrüßte.
„Jawohl! Ist genau richtig so!“, rief er ihnen schon von weitem zu, „so soll es sein. Jawohl!“
Natas wurde von seinem Träger über den Kopf gehoben und auf dem Boden abgesetzt, wo er von dem Landstreicher unter skept i scher Beobachtung Hannahs, herzlich umarmt wurde.
„Da bist du, mein Junge. Da bist du!“
Natas erinnerte sich an den brummigen Geruch nach alten Pfe r dedecken und erwiderte das verschmitzte Lächeln des fast zah n losen Greises.
„Adler, das Scharfauge und Stier, der Unbezähmbare! So soll es sein!“, fuhr Binschli fort.
„Was ist das denn für einer?“, murmelte Adler nach der ihm zu-g e dachten Zuneigungsbekundung und schaute verwirrt zu Gal, die dicht neben ihm stand.
„Ich kenne ihn! Das ist Binschli, der Wanderer. Er war oft bei meinem Vater zu Besuch!“ Noch bevor sie ihren Satz vollendet hatte, wurde auch sie innig begrüßt.
„Galina Morgenstern, die Gesandte der Waldzwerge und die ehr-würdige Hannah. So soll es sein!“ Binschli schien das allg e meine Unverständnis und die wohlwollende Zurückhaltung wenig zu interessieren, als sich die Frauen mit ihren Kindern ungeduldig an ihm vorbeidrängten und er ihnen aufmerksam zunickte.
Hastig überquerten die Flüchtlinge die Anlegebrücke und na h men mit hoffnungsvollen Gesichtern gerne die Hilfe der Pass a giere an, die schon mehrere Stunden auf sie gewartet hatten. Viele von ihnen fielen sich weinend in die Arme und einige verzweife l te Väter umarmten ihre totgeglaubten Familien mit trö s tender Gewissheit.
„Na kommt schon, wir müssen ablegen!“, rief Darius ungehalten den Rettern zu, die immer noch am Ufer mit dem Greis zu tun hatten.
„Lass uns vorbei Binschli! Was soll der Unsinn?“, Galina und die anderen waren sichtlich irritiert von dem seltsamen Verhalten des alten Mannes, der ihnen stur den Weg versperrte und dabei lan g sam rückwärts über den Steg ging.
„Ihr Sechs“, entschlossen zauberte er einen langen Dolch aus seinem weiten Mantel und hielt ihn den Überraschten entgegen, „euer Weg ist ein anderer! Jawohl! Nicht dieser!“.
Geistesgegenwärtig zog Wolf das Schwert von seinem Rücken und stellte sich
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