An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
des ungleichen Kampf in die Höhe katapultiert, kippte schräg ab und riss beide Widersacher von den Beinen. Um das losgelöste Plateau herum brach der Boden ein und bildete eine unüberwindbare Schneise, die in ihrer bodenlosen Finsternis alles zu verschlingen drohte.
Der harte Aufprall raubte Stier den Atem, als er unversehens vornüber kippte und mit dem Brustkorb auf den Schaft seines Hammers stürzte. Haltlos und benommen rutschte er bäuchlings die schräge Ebene hinunter.
Schnell war er wieder Herr seiner Sinne und betätigte hektisch den verborgenen Hebel am Griff seiner Waffe. Lange Dornen schnellten aus den Schlagflächen, die er mit einer kraftvollen Aus-holbewegung aus seiner liegenden Position heraus in das marode Gestein hämmerte.
Auf ihrer Suche nach rettendem Halt frästen die scharfen Eggen tiefe, lange Rinnen in den bröckelnden Untergrund.
Stier klammerte sich verbissen mit beiden Händen an den Griff seines treuen Hammers und schloss schützend seine Augen vor den feinen Geröllsplittern, die wie Nadelstiche sein Gesicht mal- t rätierten.
Das soll es also gewesen sein – drang es tief aus seinem Innersten in seltsam ruhiger Gewissheit, ehe ein heftiger Ruck ihn aus se i nen Gedanken riss, das hilflose Abrutschen unsanft gestoppt wurde und seine Beine in der gähnenden Leere der Kluft baume l ten. Angestrengt versuchte er sich am lederumwickelten Stiel seines Lebensretters empor zu ziehen.
Der Schaft eines Pfeils schlug mit scharfem Pfeifen neben seinem rechten Knie in den Felsen, kurz darauf ein zweiter auf der Li n ken.
„Das hilft dir auf die Sprünge, alter Freund!“, rief Adler ihm aufmunternd zu.
„Stier! Pass auf!“, folgte die aufgeregte Stimme Galinas von der gegenüberliegenden Seite der unergründlichen Erdspalte, die sich stetig vergrößerte.
Kaum hatte Stier die Steighilfen genutzt, um über den Rand des Plateaus zu blinzeln, erkannte er den Grund für die Warnung und ließ sich fluchend wieder nach unten fallen.
Sein außergewöhnlicher Rivale schlingerte, ebenso wie er, hilflos über die sandig, glatte Oberfläche der steilen Ebene.
Die schwere Axt, die er haltsuchend hinter sich in den Boden ge-schmettert hatte, vermochte nicht annähernd das horrende G e wicht des Eigentümers abzufangen und riss mit brachialer B e harrlichkeit einen tiefen Graben in das zermürbte Gestein.
Stier versuchte sich, so gut es ging, vor dem herannahenden U n -heil in Deckung zu bringen, ließ seinen Hammer los und hielt sich mit beiden Händen an der schmalen Klippe fest, die sich aufgrund der plötzlichen Gewichtsverlagerung immer mehr dem schwarzen Schlund entgegenneigte.
Der scharfe Grat, an dem er sich krampfhaft festklammerte, schnitt tief in seine geschundenen Finger und kleinste Blutstro p fen benetzten sein konzentriertes Gesicht.
Wild gestikulierend schoss der Gigant über die Klippe, gefolgt von der Schneide seiner Hacke, die sich tief in den felsigen U n tergrund gegraben hatte, haarscharf an dem hilflos über dem Abgrund baumelnden Stier vorbeizischte, wuchtig an die gegen- ü berliegende Felswand knallte und dann unkontrolliert in die Tie-fe taumelte.
Alarmiert von dem heftigen Einschlag unter ihnen, wichen seine drei Kameraden einige Schritte zurück, als unter ihren Füßen das unbeständige Gestein nachgab und mit dröhnendem Donner von dem gierigen Abgrund verschlungen wurde.
Nur mit einem beherzten Sprung konnten sich die Drei in S i cherheit bringen, doch ihr Freund rückte somit in unerreichbare Ferne.
Wolf rappelte sich auf und versuchte durch den grauen Schleier zerstobenen Gesteins, der sogar die Umrisse von Galina und Ad-ler verbarg, etwas zu erkennen. „Stier?“, schrie er auf der Suche nach einem Orientierungspunkt.
„Ich bin noch da!“, hallte eine schwache Stimme zu ihnen
hin ü ber, „aber bei dieser Tortur bald nicht mehr!“
Als sich der beißende Nebel allmählich lichtete, erkannte Wolf den Grund für Stiers Besorgnis, der sich mit schwindenden Krä f ten an dem Überhang festklammerte. Der totgeglaubte Widers a cher hatte sich instinktiv am Knöchel seines rechten Beines fes t gekrallt und baumelte nun benommen über dem Nichts.
„Bei den Göttern! Diese hässliche Missgeburt reißt mir gleich das Bein ab!“, stöhnte Stier und versuchte vergebens mit einer Hand den Griff seines festgeklemmten Hammers zu erreichen.
„Warte!“, versuchte Adler seinen Freund von dem riskanten Ma-növer abzubringen und schickte im nächsten Moment
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