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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wiebelt
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flammenden Findlinge g e wann die Finsternis die Oberhand und verschlang die kleine Gruppe augenblicklich.
    „Verdammt noch mal!“, fluchte Adler lautstark, „das tat weh!“
    „Wolf! Hannah!“, rief Gal aufgeregt, „seid ihr noch da?“
    „Ja! Uns geht es gut. Hannah ist bei mir!“, hallte Wolfs Antwort zurück.
    „Ich kann meine Hand vor den Augen nicht sehen. Was sollen wir jetzt tun?“, Galinas Frage verebbte unbeantwortet im Nichts.
    „Wolf?“
    Wolf spürte Hannahs zitternden Atem an seinem Hals und ihr wild schlagendes Herz. Er hielt sich mit einer Hand we i terhin fest und legte die andere beruhigend auf ihre Wange.
    „Du bist nicht allein!“, flüsterte er.
    „Wolf?“, abermals erklang der verzweifelte Ruf der Waldzwergin.
    „Das hier ist sehr ungemütlich, alter Freund!“, hörte er Adler rufen.
    „Wartet und bewegt euch nicht, sonst wird es euer letzter Schritt sein!“, erwiderte er gelassen.
    „Warten?“, Adler konnte den zynischen Unterton in seiner Stim-me nicht verbergen, „auf was denn? Wenn nicht ein Wunder ge-schieht, sind wir so gut wie tot!“
    Das Zittern der Erde wurde stärker und ungleich größere G e steinsbrocken polterten gefährlich nahe an ihnen vorbei, bis in der unendlichen Tiefe unversehens ein seltsames Leuchten zu er-kennen war, das langsam nach oben stieg.
    „Bei allen Himmeln dieser Welt, was ist das denn?“, Adler traute seinem gesunden Auge nicht, als er nach unten sah und inmitten einer gleißenden Symphonie aus Tausenden von Sternenkindern, die stolz aufragenden Masten und den mächtigen Bug eines e m porsteigenden Schiffes erkannte.
    „Ein Schiff?“, ungläubig rieb er sich das Auge.
    „Das ist die Gyntiver! Der verschollene Weltensegler Raphaels!“, stieß Gal voller Begeisterung aus.
    Eines der kleinen Lebewesen löste sich aus dem Kollektiv und schwirrte geschäftig auf sie zu.
    „Ungeduldige Narren!“, fiepte es empört, „warten konntet ihr nicht, also springt, wenn ihr leben wollt!“
    Die schwerelose Gyntiver kam immer näher. Wolf hörte schon das müßige Knarren der alten Planken und das angestrengte Schnalzen der gespannten Takelage, die das riesige, flatternde Hauptsegel in Zaum hielten.
    Unterhalb der deutlich erkennbaren Wasserlinie des beeindr u ckenden Weltenseglers, wie Gal ihn nannte, dort, wo der breite Rumpf einst den peitschenden Wellen getrotzt hatte, schimmerte ein bernsteinfarbener Teppich versteinerter Muscheln und ein Wirrwarr an wuchernden Korallen.
    Jeder von ihnen glaubte selbst das Salz des Meeres, gleich einer sanften Brise, auf der Zunge schmecken zu können, je mehr sich die unglaubliche Erscheinung näherte.
    Wolf blickte Hannah ernsthaft in die Augen. Sie nickte zaghaft, löste sich langsam von ihm, suchte einen sicheren Halt, auf dem,  was von der Treppe übrig geblieben war und ergriff entschlossen seine Hand.
    „Los!“ Wolf stieß sich mit aller Kraft von der Felswand ab und riss sie mit sich ins Ungewisse.
    Der freie Fall raubte Hannah fast den Atem und sie spürte, wie das Blut in ihren Venen pochte, als sie beide dem alten Schiff entgegenstürzten.
    Ungebremst prallte Wolf mit dem Oberkörper auf das Schiffsg e länder, doch trotz der brennenden Schmerzen in seiner Brust, gelang es ihm, sich mit einer Hand an der morschen Reling fes t zuhalten.
    Er schrie vor Schmerzen, als Hannahs Gewicht an seiner verlet z ten Schulter riss, die besinnungslos vom Aufprall an seiner Hand baumelte. Unter Aufbietung seiner ganzen Kraft versuchte er sie nach oben zu ziehen, doch sein Griff lockerte sich unaufhaltsam.
    „Wach auf, Hannah!“, stöhnte Wolf, „Hilf mir!“
    Hannah kam langsam zu sich, während ihre langen Haare im scharfen Aufwind wild umherpeitschten. Entkräftet hob sie ihren Arm, um den sich lösenden Halt zu verstärken. Wie in Trance umschloss sie Wolfs Hand, dessen verzweifeltes Gebaren, sie nur weit entfernt durch den trüben Schleier verführerischer Oh n macht wahrnahm.
    Jemand packte Wolf unter den Schultern und hievte ihn kraftvoll über die Balustrade.
    „Lass sie nicht los!“, ermahnte Adler seinen Freund.
    Er und Galina hatten den gewagten Sprung unbeschadet übe r standen und halfen nun mit vereinten Kräften den beiden an Bord des geheimnisvollen Weltenseglers.
    Kraftlos sank Wolf zu Boden, mit dem Rücken an dem alten, mit meisterhaften Schnitzereien und prachtvollen Intarsien verseh e nen Schiffsgeländer, das ungeachtet der langen Zeit nichts von seiner Stabilität eingebüßt

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