An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
worden war.
„Das ist doch Matt!“, staunte Stier, als er sich neben Adler hockte und seinen schweren Hammer auf die kalte Erde legte.
„Der Pfeil muss von da drüben gekommen sein!“ Adler stand gedankenverloren auf, stieg über den Toten hinweg und lief mit maßvollen Schritten auf die andere Seite des Platzes.
Dort fand er einen zweiten Leichnam, dem eine Klinge das G e sicht zerschmettert hatte. Neben ihm lagen ein zerborst e ner Bo-gen und mehrere Pfeile, die aus dem Köcher gefallen waren, den die Leiche noch auf dem Rücken trug.
„Hier liegt Nevill. Jemand hat ihm den Schädel gespalten. Die Pfeile, die hier herumliegen, gehören ihm, er hat sie immer g e kennzeichnet!“
„Was ist hier passiert?“, rätselte Stier der immer noch bei Matts Leiche saß.
Adler kam zurück, blieb grüblerisch stehen und erkundete mit prüfendem Blick die Umgebung. „Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder die beiden Streithähne haben sich gegenseitig ihr L e benslicht ausgelöscht, oder - was ich für wahrscheinlicher halte, sie haben Wolf gefunden und zur Rede gestellt. Aber Wolf ist hier nirgends, also muss er noch am Leben sein. Wenn er verletzt sein sollte, wovon ich ausgehe, kann er nicht weit sein, denn die be i den hier sind erst ein paar Tage tot!“
„Und wenn er uns angreift, wenn wir ihn finden sollten? Wir haben keine Ahnung, was mit ihm geschehen ist und was ihn da-zu gebracht hat zu fliehen!“ Stier erhob sich und schnallte seinen Hammer auf den Rücken.
„Das werden wir wissen, wenn wir ihn gefunden haben. Also lass uns aufbrechen!“
„Sollen wir die beiden hier einfach liegen lassen?“
„Was willst du denn machen? Löcher in den hart gefrorenen Bo-den graben, um sie vor den Geiern zu bewahren? Sie waren Söl d ner, wie wir, und wussten beide, was es bedeutet, als solcher zu sterben. Also komm schon und schenk deine Barmherzigkeit den Lebenden. Die Tiere hier müssen auch leben!“ Adler lächelte, während Stier noch kurz überlegte und dann zustimmend nickte.
Als sie zurück zu den Pferden liefen, um ihre Suche wieder au f zunehmen, war die anfängliche Freude einem unterschwe l ligen Verdacht gewichen, denn keiner der beiden wusste nun, wie ihr alter Freund bei einem Wiedersehen reagieren, g e schweige denn bereit dazu sein würde, ihnen seine Bewe g gründe zu erklären und Licht ins Dunkel zu bringen.
Auf ihrem Weg fanden sie weitere Wegweiser Wolfs und folgten ihnen immer noch mit der Hoffnung, dass sie mit freundschaftl i cher Absicht hinterlassen, und nicht der Weg in einen Hinterhalt sein, würden.
Beim Lichte des nächsten Tages erreichten die Reiter eine zw i schen hohen Felsen versteckte Siedlung. Doch erst im Schutze der Dämmerung näherten sie sich und trabten wac h samen Bli-ckes vorbei an den einfachen Hütten. Beide bemerkten die u n heilvolle Stille, die über diesem scheinbar verlassenem Ort lag.
„Wir werden beobachtet!“, flüsterte Adler, während sie sich lan g sam dem großen Dorfplatz näherten.
„Ich weiß!“, bestätigte Stier kurz und griff instinktiv mit einer Hand nach hinten, um den Griff seines Hammers fest zu u m schließen.
Der eiskalte Nordwind hatte bedenklich zugenommen und zerrte unbarmherzig an ihren Pelzmänteln, die wild und lau t stark in der sternenklaren Nacht flatterten, als sie das Zen t rum des kleinen Nestes erreichten. Ein alter Mann mit w e henden, weißen Haaren stand inmitten dreier brennender Fackeln und stütze sich wartend auf einen knorrigen Stock.
Adler hob die Hand, worauf er und sein Begle i ter die Zügel der Pferde an sich zogen, um sie zum Stehen zu bringen. Nur das Schnauben der Tiere durchdrang das brausende Heulen des Stur-mes, der zwischen den Häusern hindurchjagte.
„Wer seid ihr?“, krächzte der Alte und verbarg sein Gesicht g e senkten Hauptes.
„Wer will das wissen?“, tönte Adler.
„Morekai ist mein Name. Verzeiht meine Unhöflichkeit, aber in diesen schweren Zeiten vergisst man schnell die Sitten der Gas t freundschaft.“ Der Greis blickte auf und sah die Reise n den mit seinen trüben Augen an. „Ihr sucht einen Freund. Das ist doch richtig!“
Stier schaute überrascht zu seinem Begleiter, ohne dass dieser auf dessen verdutzte Miene eingegangen wäre.
„Ah! Ein alter Seher. Ich dachte, eure Zunft wäre ausgelöscht worden!“
„Mag sein, dass einige von uns den Tod durch die Handlanger Muriels fanden, aber ihr seht, ich bin am Leben!“
„Zweifellos!“, entgegnete Adler
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