An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
senden von ihren Pferden zu steigen, um der schnellen Läuferin weite r hin folgen zu können.
„Diese großen Tiere sind hier sehr unnütz!“, lachte sie und setzte unbeirrt ihren Weg fort.
„Also wenn sie nicht so klein wäre, könnte man sich glatt in sie verlieben!“, witzelte Adler und erntete dafür von Stier nur ve r ständnisloses Kopfschütteln.
„Doch wirklich! Ich könnte mir vorstellen mit ihr …“
„Halt dein Schandmaul und geh weiter, bevor wir sie verli e ren!“, unterbrach ihn Stier unsanft, der ungeduldig sein etwas widerwi l liges Pferd hinter sich herzog und ständig versuchte, den Angri f fen der Millionen von Insekten Herr zu werden, die in diesem schwülen Klima und in seiner Person scheinbar ihr Paradies ge-funden hatten. Adler schmunzelte nur und beobachtete am ü siert die unkontrollierten und hektischen Abwehrversuche seines Kameraden.
„Sie lieben dich eben, Stier!“, bemerkte Adler lakonisch und ver-suchte dann schnell zwischen sich und dem erbosten Mückenj ä ger Abstand zu bekommen.
Die strahlenden Lichtsäulen zwischen den schwarzen Bau m stäm-men wurden spärlicher, je tiefer sie in das dunkle Herz des Mo o res vordrangen. Unaufhörlich nahm die Luftfeuc h tigkeit zu und jeder weitere Schritt wurde für Mensch und Tier zur Qual.
„Die Tiere sind verstummt!“, bemerkte Adler misstrauisch mit gedämpfter Stimme.
Mit der erdrückenden Atmosphäre ging auch ein unangenehm beißender Geruch einher, der sie dazu brachte schützend die Hand vor Mund und Nase zu halten.
„Bei den Göttern! Was ist das für ein Gestank!“, beschwerte sich Stier.
„Snaati!“, bemerkte Gal lapidar, „hier ist Einfluss besonders stark. Aber man gewöhnt sich daran!“ Unbeirrt lief sie weiter und sprang leichtfüßig über eine der zahlreichen Wurzeln, die tückisch aus dem Boden ragten.
„Wer oder was ist Snaati?“, rief Adler ihr hinterher.
„Mutter der Zeit und Hüterin dieses heiligen Ortes. Sie ist allwi s send und allgegenwärtig in jedem Baum und jedem Grashalm der auf diesem Boden gedeiht und sie gestattet uns seit Generationen hier zu leben. Aber genug der Worte! Mein Vater wartet schon sehr lange auf euch und kann euch die Antworten geben, die ihr sucht. Also lasst uns keine Zeit verlieren!“
Zügig schritt sie voran, ohne auf die fragenden Gesichter der Folgenden einzugehen.
„Wir werden erwartet?“, Adler schüttelte ungläubig sein Haupt, dann besann er sich, „wie auch immer! Scheinbar wissen all diese alten Männer mehr über uns, wie wir selbst!“
„Alte Prophezeiungen, die wir nicht kennen!“, murmelte Stier und schritt nachdenklich an seinem Freund vorbei.
„Wir sind da!“ Gal blieb stehen und drehte sich erwartung s voll um.
Irritiert schauten sich die beiden Kameraden an und versuc h ten in der diesigen Umgebung etwas zu erkennen.
„Wo sind wir? Was ist hier?“, sprach Adler das aus, was auch Stier dachte.
Gal hob lächelnd den Arm und zeigte nach oben. Als sie dem Zeig der Waldzwergin neugierig folgten, blieben ihre Münder vor Erstaunen offen stehen. Weit über ihnen, zwischen den gewalt i gen Astwerken uralter Baumriesen hingen unzählige hölzerne Bauwerke, die durch ein dichtes Netzwerk von stabilen Hänge-brücken und breiten Stegen miteinander ve r bunden waren, auf denen Hunderte Zwerge jeden Alters standen und sie neugierig beäugten. Ächzend senkte sich eine Plattform vor ihnen auf den Boden und setzte mit einem genüsslichen Schmatzen auf der schlammigen Erde auf.
„Willkommen meine Freunde!“, wurden sie überschwänglich von einem kleinen buckligen Mann begrüßt, dem seine Begleiter vo r sichtig von dem Hebewerk halfen, „ich sehe, meine Tochter Galina hat euch wohl behalten hergeführt!“
Einer der umstehenden Helfer überreichte dem alten Zwerg einen knorrigen Gehstock, den der Greis dankend entgege n nahm.
„Kommt! So kommt doch!“, er winkte die überraschten Neua n kömmlinge zu sich. „Eine halbe Ewigkeit habe ich auf diesen Moment gewartet. Morekai hat immer gesagt: Hab Geduld, die Zeit wird ko m men!“
„Ihr kennt den alten Geschichtenerzähler?“, fragte Adler neugi e rig.
„Sicherlich! Er und ich sind die letzten verdorrten Überblei b sel aus dem Kreis der Wissenden!“
„Der Kreis der Wissenden?“ Adler kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
„Lasst eure Pferde in der Obhut meiner Leute und seid meine Gäste. Ich habe euch viel zu erzählen!“
Hoch über dem übelriechenden Moor, in
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