An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
Zehenspitzen über den nassen Tresen, um die wonnige Wi r tin dahinter genauer zu begutachten. „Dich kenne ich nicht! Wo ist denn die alte Marga?“, säuselte er mit interessiertem Blick auf ihr ausladendes Dekollete.
„Sie ist nicht mehr hier!“, ertönte eine brummige Stimme von der Balustrade des zweiten Stockes, „hat sich einiges geändert, sei t dem du das letzte Mal hier warst, kleiner König!“ Der Mann auf der Treppe lachte kehlig und stapfte schwerfällig die Stufen hi n unter.
„Was willst du hier, ehrwürdiger Monarch in meiner bescheid e nen Hütte!“
„Ich brauche deine Hilfe oder besser gesagt, mein Begleiter hier!“
Der großgewachsene, ältere Mann war von kräftiger Statur und hatte einen gewaltigen Bauch, den er erfolglos unter einem schmutzigen und zerrissenen Hemd zu verbergen suchte. „Was schaut ihr alle so neugierig drein! Kümmert euch um eure Ang e legenheiten! Das hier ist meine Destille und hier wird g e trunken und getanzt. Verdammt noch mal!“ Er schlug mit der flachen Hand auf einen Tisch neben sich, der unter der Wucht des Schl a ges bedenklich knarrte. E r schrocken zuckte der Musikant in der Ecke zusammen, klemmte sich hektisch seine Fiedel wieder u n ters Kinn und setzte, nach anfängl i chen Misstönen, gekonnt sein Repertoire fort. Die zwielichtigen Gestalten im Raum wandten sich von den Neuankömmlingen ab und widmeten sich wieder ihren G e sprächspartnern und dem Alkohol.
Dem stämmigen Wirt standen dicke Schweißperlen auf der Stirn und eine lange, kunstvoll geschnitzte Pfeife hing ihm lässig aus dem Mund. Er saugte genüsslich daran und blies den weißen Qualm in die Luft.
„Du hast keine Haare mehr, Gerald!“, stellte Maks lakonisch fest und deutete auf dessen kahle Platte.
„Ist angenehmer bei diesem ganzen Ungeziefer hier!“, erw i derte dieser und rieb sich mit seinen schmutzigen Pranken über den Kopf. Dann bedeutete er Maks, ihm zu folgen, drehte sich um und ve r ließ den Raum mit schwerfälligen Schritten durch eine kleine Seitentür unter der Treppe.
Der Zwerg gab seinem Begle i ter an der offenen Tür ein Zeichen. Kasim schloss die Tür hinter sich und durchquerte langsam die herunterg e kommene Spelunke.
Dicke Blutstropfen sammelten sich an seinen Fingerspitzen und folgten unaufhörlich der Schwerkraft, um auf dem rohen Diele n boden ihren kurzen Flug in einer kleinen purpurnen Explosion zu beenden. Er bemerkte das rege Interesse an seiner Verletzung, hörte das verräter i sche Flüstern, das seine Erscheinung zum The-ma hatte, achtete aber nicht weiter darauf und verschwand z u sammen mit Maks unter der Treppe.
In dem angrenzenden kleinen Raum waren unzählige Kisten und Flaschen mit allerlei Kräutern und Gewürzen in einfachen Reg a len gestapelt. Mehrere geräucherte Tierhälften hingen an groben Ketten von der Decke und schwangen zur Seite, als Gerald sich ungeduldig seinen Weg hindurch bahnte.
„Seitdem diese hungrigen Horden auf dem Weg in die Haup t stadt die Wälder hier durchstreifen, muss ich all meine Vorr ä te im Haupthaus lagern!“
Als sie am Ende des Verschlages angelangt waren, griff er mit einer Hand hinter das breite Regal vor ihm, tastete geduldig nach etwas und registrierte das darauffolgende mechanische Geräusch mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. Knarrend schwang das hölzerne Warengestell zur Seite und o f fenbarte einen geheimen Durchgang. „Und hier findet ihr die Dinge, die nicht für die Augen me i ner normalen Gäste bestimmt sind. Tretet ein!“ Stolz stellte er sich vor den steilen Treppenabgang und ließ seinen Be-s u chern mit einer freundlichen Geste den Vortritt.
„Dieses Versteck kenne ich gar nicht. Du warst schon immer ein gerissener Hund!“ Maks schüttelte grinsend den Kopf und betrat als erster die schmalen Stiegen, gefolgt von Kasim und dem schwergewicht i gen Gerald. Als sie in der Tiefe verschwunden waren, ve r schwand der Durchlass wieder hinter dem beweglichen Schrank, der mit einem leisen Klicken ins Schloss fiel.
Über die enge, gewundene Treppe gelangten sie in ein größ e res Gewölbe, das vollgestopft war mit Waffen und Rüstu n gen. Der Zwergenkönig bewunderte im schwachen Licht mehrerer F a ckeln, die an den unregelmäßigen Wänden des Lagers angebracht waren, einige kunstvoll geschliffene Schwerter. „Das ist doch das königliche Wappen Elderwalls auf dem Knauf?“, bemerkte er verdutzt.
„So ist es, alter Freund. Vor einiger Zeit kamen Soldaten zu mir und boten
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