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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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ihm zu sein und in seiner Nacktheit zu schwelgen. Sie dachte daran zurück, wie sie ihn am Quellbad in der Mission beobachtet hatte. Noch ganz verängstigt und verwirrt von ihren widerstreitenden Gefühlen.
    Vielleicht wäre alles anders gekommen, wären sie beide imstande gewesen, beizeiten aufeinander zuzugehen. Sie hätte sich nicht in die Büsche geschlagen, um sich umzuziehen. Er wäre nicht länger das stille Wasser gewesen und hätte sie nicht angeschwiegen – weshalb eigentlich, sie wusste es nicht mehr –, und sie wären gemeinsam der Soldatenpatrouille entkommen …
    Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Das war nun Pott wie Deckel.
    Sie streckte sich nach ihm und berührte seine Hand. Am äußeren Finger hatte er ein Glied verloren. Ist bei den Schanzarbeiten passiert, zu denen man die Insassen zwingt , hatte er gesagt, als interessiere es ihn nicht. Und das Wundmal um seinen Hals? Das war die Garotte, die man mir schon umgelegt hatte, kurz bevor Bolívar kam. Statt ihn in die Silbermine zu verbringen, hatte man sich seiner nun entledigen wollen.
    Janna verbot sich die Gedanken, was geschehen wäre, wäre der Libertador – im wahrsten Sinne des Wortes der Befreier – zu spät gekommen. Ich habe ihm dein Gold gegeben , hatte sie Arturo gebeichtet. Und er hatte gesagt: Es war deines.
    Die Matratze raschelte, als er sich aufsetzte und einen Arm um sie legte. Sie wandte ihm den Kopf zu. Was sie sah, erstaunte sie fast mehr als das, was sie getan hatten. Er lächelte. Nicht dass er dessen zuvor nie fähig gewesen wäre – doch jetzt, da sie diese Freude in seinen Augen sah, wusste sie, dass es vorher nur Versuche gewesen waren. Manchmal waren sie recht erfolgreich gewesen: damals bei der Schildkröteneierernte, sein ausgelassenes Lachen. Dies hier jedoch … Die Handspanne, die ihre Gesichter noch trennte, war schnell zurückgelegt. Sie genoss den festen Druck seiner Lippen auf ihren. Seine tastende Zunge, der sie ganz selbstverständlich den Weg öffnete. Zu küssen verstand er. Er hatte keine Erfahrung mit Frauen und sie nicht mit Männern, aber das waren Instinkte, die nur geweckt werden mussten.
    «Na, Mädchen, bist du erschrocken?»
    Rasch legte sie einen Finger auf seine Lippen. «Wir sollten leise sein.»
    «Bin ich laut?»
    «Wie jemand, den es nicht interessiert, dass es Nacht ist.»
    Auch dieses Lächeln – diesmal spitzbübisch – ließ ihm ihr Herz zufliegen.
    «Ach, ist schon gut. Bei uns sagt man: Wenn uns der Pastor man nicht gesehen hat – mit unserem Herrgott werden wir schon fertig.»
    Fragend runzelte er die Brauen. «Ah, ich verstehe», sagte er dann. «Bei den Caruáque – dem Stamm, in den ich hineingeboren bin – nannte man es: ‹Der Mond sieht es, wenn man den Sternen nachjagt.› Aber was damit gemeint war, wusste ich nicht so recht. Ich war ja noch viel zu jung.»
    «Ich weiß noch so wenig über dich.» Sie ergriff seine Hand, berührte sacht die geröteten Stellen. Einer Eingebung folgend, knüpfte sie eine der beiden Schnüre mit den daran befestigten Schneckenhäuschen von ihrem Fuß und wand es um sein Handgelenk. «So. Das ist immerhin ein Anfang.» Und sie dachte daran, wie sie ihn zum ersten Mal erblickt hatte; wie ein Pirat hatte er ausgesehen, mit dem offenen Hemd, den bauschigen Kniehosen, dem Säbel und dem Leguan auf der Schulter. Eine Gestalt aus Abenteuergeschichten. Schließlich legte sie die Arme um ihn und ließ sich umfangen. An ihren nackten Brüsten spürte sie sein kräftig schlagendes Herz. Auch er erkundete aufs Neue ihren Körper, mit Berührungen, die so erregend wie wohltuend waren.
    «Wo kommt das alles her?», fragte er, und da er in ihre Hüfte kniff, meinte er wohl ihre Rundungen.
    «Wohl zu viel gesüßter Kakao.» Sie zuckte die Achseln. Die mageren Zeiten des Krieges hatten nicht mehr viel daran ändern können. Es schien, als habe die entbehrungsreiche Reise auf dem Fluss etwas in ihrem Körper aus dem Takt gebracht. «Gefällt es dir nicht?»
    «O doch, das tut es.»
    Gemeinsam ließen sie sich auf das Bett fallen; sie kam auf ihm zu liegen und küsste die alten Narben und das Brandzeichen.
    Was hatte sie alles aufgegeben seinetwegen? Im Grunde ihr ganzes Leben. Und was hatte sie gewonnen … ein ganzes Leben.
    «Arturo … Erzähl mir von dir. Wie bist du geworden, was du bist? Wer waren die Dämonen deines alten Lebens? Wer war Ángel?»
    Unwillkürlich hielt sie den Atem an, spürte die Anspannung der Muskeln unter sich,

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