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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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So unwirklich wie die Entscheidung des Vaters, sie mit Reinmar ziehen zu lassen. Lange hatte sich Hinrich Sievers geweigert – so schnell lass ich meine jüngere Tochter nicht nach Venezuela. Heißt das überhaupt so? Oder Neugranada? Oder noch ganz anders? Ach, egal. Südamerikanische Wildnis halt  – und auf bessere Zeiten verwiesen, wenn die schlimme napoleonische Besatzung in Hamburg endlich vorbei wäre. Dann, so der Vater, habe er Kopf und Blick frei, um sich darüber Gedanken zu machen, ob er das jüngste seiner drei Kinder mit einem Pferdezüchter ziehen ließ. Danach war Napoleon entmachtet worden, und er hatte gemeint, wegen der sich rasend schnell erholenden Wirtschaft habe er keine Zeit für Heiratsthemen. Schließlich hatte er das Ende des Wiener Kongresses abwarten wollen, auf dem die königlichen Köpfe das europäische Riesenreich des Korsen aufzuteilen gedachten. Als Napoleon plötzlich aus seinem Exil zurückgekehrt war und wieder in Paris herrschte, hatte Hinrich Sievers die Zeitung sinken lassen, langsam ein Glas teuren Hamburger Rotspon getrunken, den die gierige französische Soldateska übersehen hatte, und zu Reinmar gesagt: Also nehmen Sie meine Tochter, und bringen Sie sie fort, bevor der Kerl noch mal herkommt .
    Napoleon war bei Waterloo endgültig geschlagen worden. Aber Reinmar hatte Jannas Hand nicht mehr hergegeben.
    So wie jetzt.
    Sie sah ihm in die Augen, während sie zum Abschluss Ich steh an deiner Krippen hier sang. Betrachtete die Bewegungen seines Mundes. Das Vaterunser und den abschließenden Segen Pastor Jensens bekam sie nur am Rande mit. Kaum war die Mette beendet, kam Leben in die Mannschaft. Die Männer begannen mit den Wilden zu tanzen, und das Deck verwandelte sich in eine brodelnde Masse ausgelassener Leiber. So mancher riss sich das gestreifte Hemd vom Körper und bewies seinem indianischen Gegenüber, dass man sich auch anderswo darauf verstand, allerlei Bildnisse auf der Haut zu verewigen. Kapitän Vesterbrock bot der verzweifelten Frau Wellhorn den Arm, um sie unter Deck zu geleiten.
    Reinmar ließ sich Zeit, Janna hinunterzuführen. Sie hatte es nicht eilig; zu aufregend war das alles. Allein der Sternenhimmel war prächtig mit seinen vielen andersartigen Sternzeichen, aus denen das kleine Kreuz des Südens strahlend herausragte. Von der nahen Küste wehte der würzige Duft der Mangrovenwälder herüber. Aber schließlich stand sie vor einer der Niedergangsluken, die ein Matrose für sie öffnete. Reinmar sprang hinab ins Zwischendeck und half ihr hinunter. Sie hörte Frau Wellhorn in der gemeinsamen Kabine brummeln. Hätten die Wilden dort Unordnung gemacht, so hätte sie geschimpft und geklagt.
    «Ihr Gesicht sah aus wie aus Stein gehauen.» Reinmar seufzte tief. «Und wie ein solcher liegt mir im Magen, dass diese Frau in unserem gemeinsamen Haushalt leben wird.»
    Janna knuffte ihn in die Seite, damit er die Stimme senkte. «Wir werden oft ausreiten. So oft, dass wir abends zu müde sind, um uns an Strafpredigten zu stören.»
    «Einverstanden. Aber nur, wenn wir des Nachts für einiges andere nicht zu müde sein werden.»
    Ihr zweiter Stoß fiel so heftig aus, dass er sich die Seite rieb. Was er meinte, ahnte sie. Nur wissen tat sie darüber noch nichts. Schließlich öffnete sie die Kabinentür, drehte sich im Hineingehen und legte eine Hand an den Türrahmen.
    «Kiek mol wedder in», sagte sie kokett zum Abschied.
    «Aber gern, Liebste.» Er lachte, und sie wollte die Tür schließen. Doch er hielt sie zurück. «Wir wollten doch nach Pizarro sehen.»
    Sofort war sie wieder draußen.
    Er half ihr die weiteren Niedergänge hinab bis in den untersten Frachtraum. Hier stank es fürchterlich; überall knarrte und krachte das Holz, und das schmutzige Bilgenwasser schwappte unter den quer zum Kiel genagelten Brettern. Hier musste sich der arme Pizarro den knapp bemessenen Platz mit Sekretären, Toilettentischen, Schränken und anderem teuren Ameublement teilen, das in strohgepolsterten und mit Öltuch verzurrten Kisten darauf wartete, die Räumlichkeiten exotischer Stadtpalais in Angostura zu schmücken. Müde hing der englische Braune in seinem Geschirr. Reinmar strich über das stumpfe Fell. Dort, wo das Leder scheuerte, war die Haut blank und wund.
    «Es tut mir leid, dass ich dir das zumute», sagte er, während er über die glanzlose Mähne strich. «Aber bald ist es geschafft. Es geht noch einmal ein kurzes Stück aufs Meer hinaus, damit wir schneller zu

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