An einem heißen Nachmittag im August
"Bedien dich!"
Bedächtig öffnete Tolliver die Schranktüren und wählte aus einer Vielzahl von Karaffen mit verschiedenfarbigen alkoholischen Getränken einen weißen Sherry heraus, von dem er wusste, wie gern Leto ihn mochte. Er goss zwei Gläser ein und gab eines an den König weiter.
"Auf unser Wiedersehen!", sagte Tolliver und prostete ihm zu.
Leto hob zweifelnd eine Braue, sagte aber nichts. Sie nippten an ihrem Sherry.
"Also?"
"Es ist nicht so, dass ich keine Sehnsucht nach dir gehabt hätte, Leto. Doch wie hätte eine ernsthafte Beziehung zwischen uns funktionieren sollen?! Du bist ein Elf und ich ein Dämon."
"Dämonen und Elfen tun sich öfter zusammen", entgegnete Leto.
"Aber nie in dieser Konstellation. Du bist ein König, ein einflussreiches Mitglied des Ältestenrates der Elfen. Irgendwann wirst du vielleicht sogar zum Hochkönig gewählt. Noch nie hat ein Dämon mit einem Elfenkönig zusammengelebt. Ich müsste mich dir ... unterwerfen." Das letzte Wort spie Tolliver wie einen Fluch aus.
"Ich verstehe!" Letos Stimme war kühl, fast eisig. "Du hättest keine Macht über mich."
"Ich bin ein Dämon. Es liegt in meiner Natur, beherrschen zu wollen. Eine Beziehung zu dir würde gegen jede Regel verstoßen, der sich ein Dämon verpflichtet fühlt. Ich würde vielleicht sogar aus der Gemeinde ausgestoßen und für vogelfrei erklärt werden. Aber auf jeden Fall würden die anderen Dämonen über mich lachen."
Abrupt drehte sich Tolliver um und ging zum Fenster, wo er in den gepflegten Park starrte. Was tat er überhaupt hier? Es war eine Schnapsidee gewesen, die Elfen um Hilfe bitten zu wollen. Sollte sein idiotischer Bruder doch selbst sehen, wie er mit seinem Liebesleben fertig wurde. Dann würde Maurice eben sterben. Er war nur ein Mensch. Es würde andere Menschen in Roderiks Leben geben, die nicht solche Feiglinge waren wie Maurice.
Gerade wollte Tolliver einen Ortswechselzauber durchführen, um so schnell wie möglich von Leto fortzukommen, als sich dessen Körper an seinen Rücken schmiegte und sich zwei Arme um seine Brust legten. Sofort vergaß der Dämon sein Vorhaben. Lange standen die beiden Männer so. Schließlich nahm Leto Tolliver bei der Hand und führte ihn durch einen stillen Flur in sein Schlafgemach. Schweigend entkleideten sie sich gegenseitig, scheinbar ruhig, doch in ihnen beiden loderte ein Feuer. Tolliver riss den etwas kleineren und schlankeren Leto jäh in seine Arme, was sich der Elfenkönig ohne Gegenwehr gefallen ließ. Oh ja, im Bett ließ sich der Elf gerne einmal dominieren. Dennoch hatte nie ein Zweifel daran bestanden, wer von den beiden der Mächtigere war. Mit einem Knurren biss Tolliver in die weiße Halsbeuge, die ihm so willig präsentiert wurde. Oh wie köstlich das Blut des Königs schmeckte. Es gelangte sofort in Tollivers Blutkreislauf und versetzte ihn in einen ekstatischen Rausch. Bald spürte der Dämon die Existenz eines zweiten Geistes in seinem Bewusstsein, Leto. Gemeinsam ließen sie sich von der Welle ihrer leidenschaftlichen Empfindungen tragen. Das starke, magische Blut des Elfen war fast zu viel für Tolliver, und er verlor das Bewusstsein. Als er wieder erwachte, lagen die beiden Männer auf dem Bett. Tollivers schwerer Körper hatte den des Elfen unter sich begraben. Aber Leto schien keineswegs unzufrieden mit dieser Stellung zu sein. Zart streichelte er über Tollivers Rückenmuskeln.
Du solltest nicht mehr von mir trinken als du verträgst, amüsierte sich der König telepathisch.
Wenn du aber auch immer so freigiebig bist, sandte Tolliver zurück.
Bei dir schon, mein Liebling, bei dir schon.
Der Dämon stützte sich auf seine Arme und erhob sich etwas, um Leto in die Augen sehen zu können. Tolliver verlor sich darin, wurde weich und willenlos. Elfenmagie? Doch Leto wollte keinen Liebessklaven, er wollte selbst genommen werden. Sein leidenschaftlicher Kuss erweckte den Dämon aus seinem Bann. Die Männer küssten sich, bis ihnen der Atem wegblieb.
Komm zu mir, komm!, übermittelte Leto. Tolliver las in seinen Gedanken Ungeduld, Sehnsucht und Gier. Der Dämon wollte diesen weißen, geschmeidigen Körper unter sich streicheln, küssen und liebkosen, ihn gemächlich in Besitz nehmen, wie schon vor 150 Jahren, als sie das erste Mal aufeinandergetroffen waren. Aber Letos Wünsche waren zu drängend. Der Elf manipulierte deshalb Tollivers Lustzentrum.
Also wirklich ... Ganz schön ungeduldig, sandte der Dämon seinem älteren Geliebten, bevor ihn die
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