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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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Mark allein sprechen kann?«
    Warren hob das Kinn. »Ms Ross, kommen Sie doch kurz mit mir in die Küche, ja? Dann können wir ein bisschen plaudern.«
    Warren streckte die Hand aus, und Chloe stand auf – zögernd, so schien es Mark – und ging vor ihm her in die Küche. Mark musste einen Anflug ganz irrationaler Panik niederkämpfen – als würde Chloe von ihm weg zur Schlachtbank geführt.
    »Haben Sie keine Angst, Mark«, sagte Trudy. »Wir beißen nicht.«
    »Entschuldigen Sie. Das ist alles etwas … ungewohnt für mich.«
    »Das denke ich mir«, sagte Trudy. »Es muss Ihnen sehr schwergefallen sein.«
    Auch jetzt war Mark wieder seltsam berührt von Trudys sanftem, faltigem Gesicht, ihrem lockeren Ton. Diese Menschen wollten ihnen helfen. Chloe vertraute ihnen. »Jetzt, wo ich … wo er mir auch erschienen ist, tue ich mich leichter. Aber an diesen Punkt zu gelangen …«
    »Ich kann es mir bestens vorstellen.« Trudy beugte sich vor und klopfte ihm aufs Knie. »Chloe hat mir eine Menge über Sie erzählt, wissen Sie.«
    Was genau mochte Chloe über ihn erzählt haben? Trudy bedeckte seine Hand mit ihren gewichtslosen Fingern. »Keine Sorge«, sagte sie. »Nur Gutes.«
    Die Haut an seinen Armen kribbelte. »Das bezweifle ich.«
    Trudy tätschelte seine Hand. »Ist Chloe frustriert über Sie gewesen? Natürlich. Aber manche von uns haben eben eine Scheu vor diesen Dingen. Unsere Welt hat kein Ohr für Botschaften, wie Sie und Chloe sie empfangen haben. Viele von uns – Menschen wie Sie – haben einfach nicht gelernt, sie zu hören. Dafür können Sie nichts.«
    Noch einen Monat zuvor hätte er sich so etwas nicht angehört, er wäre wütend und verstört aufgestanden und gegangen. Jetzt jedoch nickte er.
    Er traute ihr. Er hatte sich auf mehr Schrulligkeit eingestellt oder auch mehr Hokuspokus. Nicht auf jemanden so … Handfestes wie Trudy.
    »Halten Sie mich bitte nicht für aufdringlich, Mark, aber ich würde gern einen Moment Ihre Hand halten. Es dauert nicht lang.«
    Er nickte, streckte ihr die Hand hin. Trudy wölbte ihre trockenen Handflächen um sie und beugte den Kopf darüber. Ihre Narbe glänzte im Feuerschein. Sie bewegte die Lippen, ihr Gesicht fiel für einen Augenblick in sich zusammen, bevor sie sich wieder aufrichtete und seine Hand freigab.
    »Ich kann Ihnen helfen«, sagte sie. »Sie sind bereit, Hilfe anzunehmen.«
    Einfach so? »Darf ich fragen … was haben Sie …?«
    Trudy zupfte ein Kleenex aus einer Schachtel auf dem Beistelltisch zwischen ihnen und tupfte sich die Augen, und er sah, dass sie weinte.
    »Ihr Brendan verlangt nach Ihnen«, sagte sie. »Wir brauchen Sie, wenn unser Plan gelingen soll. Aber Sie sind von Natur aus ungläubig. Es hätte sein können, dass Sie sich mit dem Verstand zu etwas zwingen, zu dem Sie emotional nicht wahrhaft bereit sind. Ich musste in Sie hineinsehen, um mich zu vergewissern.«
    Was redete sie da? Was konnte sie gesehen haben, das ihr Gewissheit gab und ihr die Tränen in die Augen trieb?
    »Sie sind ein Zweifler«, sagte Trudy mit einem Schniefen. Sie lächelte über sein Unbehagen. »Um das zu sehen, braucht man nicht zaubern zu können – ich muss mir nur Ihr Gesicht ansehen. Gesichter sind leicht zu lesen. Herzen gehen schwerer.«
    »Sie weinen«, sagte er.
    Trudys Lächeln verschwand wieder. Wenn sie nicht lächelte, waren ihre Züge geradezu erschütternd unscheinbar und zehn Jahre älter. »Herzen sind voller Schmerz. Jedes Herz. Aber Ihrs ganz besonders, Mark Fife.«
    Er wusste nichts darauf zu erwidern.
    »Sie haben Fragen an mich«, sagte Trudy. »Stellen Sie sie. Frei von der Leber weg. Glauben Sie mir, es ist lange her, dass es ein menschliches Wesen geschafft hat, mich zu kränken.«
    »Ich weiß nicht, was ich fragen soll.«
    »Mr Mark, lügen Sie mich nicht an.«
    Sie hatte recht. Er hatte hundert Fragen. Fünfhundert. Also schön. »Warum haben Sie Chloe in die Küche geschickt?«
    Trudy musterte ihn eine Spur länger, als ihm lieb war.
    »Ich habe mich letzte Woche über eine Stunde mit Chloe unterhalten«, sagte sie. »Wir haben über Brendan gesprochen, und wir haben über Sie gesprochen. Und am Ende unseres Gesprächs war ich fast ein klein wenig verliebt in sie. Was nur natürlich ist – Chloe Ross ist eine außergewöhnliche und charismatische Frau. Ich wünschte, sie und ich könnten Freunde werden. Ich wünschte – ich hoffe aus ganzer Seele –, dass ich die Wunde in Chloes Herzen heilen kann.« Trudy blinzelte kurz;

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