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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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heranreichen.

ZWEIUNDZWANZIG
    Er erwachte davon, dass er Chloe telefonieren hörte. Er lag ganz still und hing der sanften Leere nach, die ihn bis eben umfangen hatte, diesem Gefühl von Frieden und Geborgenheit, der wohligen Schwere in seinem Penis, Produkt irgendeines halb erinnerten Traums. Chloes Stimme drang als Singsang zu ihm, und er war so gebannt von dem Klang, dass es eine Weile dauerte, bis er begriff, dass sie mit dem Medium sprach, Trudy Weill.
    Doch, versicherte Chloe ihr, sie würden auf jeden Fall kommen, nur etwas später als ursprünglich gedacht. Ob das sehr schlimm sei? Nein? Wunderbar!
    Mark roch Kaffee. Pfannkuchen. Er setzte sich auf, hievte sich dann mit schmerzenden, wackligen Beinen von der Couch hoch und stakste zur Toilette. Als er in die Küche kam, hatte Chloe ihr Gespräch beendet und löffelte Teig in eine Pfanne. »Guten Morgen«, sagte sie lächelnd, und er wäre fast zu ihr gegangen und hätte das Gesicht in ihrem Nacken vergraben, um die Schlafwärme unter ihrem Haar zu riechen.
    »Du hättest mich wecken sollen.«
    »Du hast deinen Schlaf gebraucht.« Sie reichte ihm einen Teller mit fertig gebackenen Pfannkuchen. »Ich offen gestanden auch.«
    »War das Trudy Weill?«
    Chloe nickte.
    »Wieso wusste sie nicht, dass wir zu spät kommen?«
    Chloe sah ihn verdutzt an und lachte dann laut auf. »Halt den Mund, und iss deine Pfannkuchen.«
    Er gehorchte, sein Herz übervoll. Dass sie das letzte Mal zusammen gelacht hatten – auch noch über einen pietätlosen Scherz –, war noch viel länger her als ihr letzter Sex.
    Er aß, duschte dann und zog sich an. Chloe ging nach ihm ins Bad. Er saß auf der Couch, sah Nachrichten und versuchte das Rauschen des Wassers auszublenden, das nur ein Zimmer weiter über Chloes nackten Körper lief.
    Eine halbe Stunde später folgte er Chloe zur Haustür hinaus in einen windigen, schneidend kalten Morgen. Der Himmel war mit dunklen Wolken verhangen, aber Mark war so lange nicht mehr im Freien gewesen, dass er beim Anblick dieser neuen Welt dennoch die Augen zukniff.
    Chloe saß in ihrer üblichen Haltung am Steuer: zum Lenkrad vorgebeugt wie eine alte Frau, die Hände auf zehn vor zwei. Als sie auf der Autobahn Richtung Norden waren, forderte sie Mark auf, eine cd auszusuchen. Die Sammelmappe, die sie ihm gab, enthielt ihre Lieblingsmusik aus Highschool- und Collegezeiten; er fand nicht ein Album, zu dem er und Chloe sich nicht irgendwann ekstatisch geliebt hatten. Schließlich wählte er Tears for Fears mit Songs from the Big Chair – melancholisch genug, so hoffte er, um seine Gedanken nicht abschweifen zu lassen.
    Nachdem der Highway zwei Songs lang an ihnen vorbeigezogen war, fragte er: »Und wie ist Trudy so?«
    Chloe runzelte nachdenklich die Stirn. »Sie ist … seltsam.«
    »Seltsamer, als man es bei einem Medium sowieso schon erwartet, meinst du?«
    »Sie ist ziemlich normal. Sympathisch. Aber irgendwie auch … heftig.«
    »Inwiefern?«
    »Na ja, sie ist religiös.« Chloe spähte zu ihm herüber; er verzog keine Miene.
    »Sie wird über Jesus sprechen«, sagte Chloe. »Aber ich habe ihr schon gesagt, dass du … dass du nicht gläubig bist. Sie hat gesagt – ich zitiere – ›Das ist kein Hindernis.‹«
    »Und was sagt sie über dich? Bist du ein Hindernis?«
    Chloe seufzte. »Ich weiß selbst nicht mehr, was ich bin.«
    Und das von der Frau, die gleich bei einem ihrer ersten Treffen bündig erklärt hatte: Ich bin als Methodistin aufgewachsen, aber ich habe eine Christektomie hinter mir.
    »Ich meine«, sagte Chloe, »es ändert ja doch etwas. Zu wissen, was wir beide wissen.«
    Unbehaglich dachte er an sein Gespräch mit Lewis. »Dass Brendan im Haus ist, zeigt, dass es Geister gibt, mehr auch nicht.«
    »Nein, aber … ein bisschen fragt man sich ja doch, oder? Wie viel Brendan weiß – was er tun kann. Was es alles bedeutet .«
    »Ja«, sagte Mark, »wenn man erst mal in dem Labyrinth drin ist, findet man nicht so schnell wieder raus.«
    Chloe nickte – voller Eifer, empfand er. »Das wird Trudy alles ansprechen. Sie sagt, sie kann einen kleinen Ausschnitt des großen Ganzen sehen. Aber für sie ist es alles Gottes Plan. Darauf musst du vorbereitet sein.«
    Chloe warf einen Blick zu ihm hin, und wie immer, wenn sie das tat, machte der Wagen einen Schlenker nach rechts.
    Er sagte: »Ich weiß einfach nicht, was ich … wie ich das alles einordnen soll.«
    Chloe tätschelte sein Knie. »Du bist kein Hindernis. Das musst du dir

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