An einem Tag im Januar
ein Ballon, mied aber seinen Blick. Connie erwachte aus ihrer Erstarrung und hetzte die Treppe hinauf.
»Connie hat ihn auch gespürt«, sagte Chloe.
»Ich fürchte, wir haben uns alle etwas vorgemacht«, sagte Mark. »Leider.«
»Mark«, begann Trudy. »Bitte, lassen Sie mich …«
» Wir reden mit dem Jungen«, sagte Mark bestimmt. »Nur wir zwei.« Darauf hatte Trudy offenbar keine Antwort parat.
Er ging zur Treppe, Chloes Finger fest in den seinen. Sie kam fügsam mit – aber als sie hinaufzusteigen begannen, als sie in den Schatten der Stufen eintauchten, zog sie ihre Hand plötzlich weg, als hätte etwas sie gebissen.
Jacob lag bäuchlings auf seinem Bett und schluchzte. Die Brille hatte er abgenommen und wischte sich mit dem Deckenzipfel die Augen. Connie saß neben ihm und rieb seine Schulter. Der Kater hatte sich zwischen Jacobs Beinen zusammengerollt.
Chloe drängte sich an Mark vorbei und kniete bei Jacob nieder. Sie sagte seinen Namen.
Wie zärtlich ihre Stimme klingen konnte. Mark hatte vergessen gehabt, wie liebevoll sie mit den Kindern umging, die sie unterrichtete. Er hatte sich oft staunend gefragt, woher sie diese Gefühlsreserven nahm – wie sie ihrem eigenen Sohn eine so wunderbare Mutter sein konnte und trotzdem noch Liebe übrig hatte für die Kinder von Fremden. Er wollte sie in die Arme nehmen und nie mehr loslassen, als er diese Stimme hörte. Er wollte sie um Verzeihung bitten.
»Es tut mir so leid, Ms Ross«, wimmerte Jacob. »Es tut mir so leid!«
Chloes Schultern zuckten. Connie bedeckte die Augen mit der Hand.
»Jacob«, sagte Mark. »Was ist denn so schlimm, sag es uns.«
Jacob konnte kaum sprechen, aber nun gab es kein Halten mehr: Sein Geständnis brach aus ihm heraus, und Chloe, ihre Augen fest geschlossen, nahm seine Hände und hörte ihn an.
Die Geschichte des Jungen war kurz und lief grob auf das hinaus, was Mark gleich zu Anfang vermutet hatte: Seine Mitschüler hatten Jacob von Brendan erzählt, und der Rest war seine eigene Erfindung. Es war keine Absicht gewesen – das beteuerte er immer wieder. Er hatte seiner Mutter von einem bösen Traum erzählt, der ihn geweckt hatte: einem Traum von dem Geist eines kleinen Jungen, der in ihrem Haus gestorben war. Aber seine Mutter hatte sich offenbar verhört und gedacht, er hätte den Geist tatsächlich gesehen, und sie war so schockiert gewesen von seiner Geschichte, so erschrocken und besorgt um ihn, dass er die Sache nicht gleich richtigstellte.
Connie wich ein Stück zurück. »Aber …«
»Mom«, sagte er. »So war’s eben.«
Er hätte es ja geraderücken wollen, aber es ergab sich einfach nicht. Er fand nicht den rechten Moment, und nach ein paar Tagen begann er natürlich eine Strafpredigt zu fürchten, weil er seine Mutter für dumm verkauft hatte. Außerdem schadete er ja keinem damit, dachte er. Es war nur ein Geheimnis, das er mit seiner Mutter teilte, ein spannendes, grusliges Geheimnis. Er konnte doch nicht ahnen, dass seine Mutter damit zu Mark und Chloe gehen würde – er flehte Chloe an, ihm das zu glauben.
Und dann sagte seine Mutter plötzlich, sie hätte den Geist auch gehört. Und sie erzählte ihm, dass sie mit den Eltern des toten kleinen Jungen gesprochen hatte, und dann kam Chloe zu ihnen …
»Und Sie haben ihn gesehen !«, sagte er zu Chloe. »Und dann war es zu spät!«
»Jacob«, sagte Mark, »hast du den Geist irgendwann gehört? Vielleicht, nachdem Chloe ihn gesehen hatte?«
Jacob brachte das Wort nicht über die Lippen. Er sah Chloe an, vergrub das Gesicht dann in seiner Bettdecke und schüttelte den Kopf. Connie drückte beide Hände an den Mund, dann warf sie sich über ihren Sohn.
Mark beugte sich zu Chloe hinab und zog sie hoch – sie fühlte sich fast noch leichter an als vorhin im Wohnzimmer. Er führte sie hinaus in den Flur, bis zum Eingang des Turmzimmers. So behutsam er konnte, sagte er: »Ich glaube, wir sollten jetzt heimgehen, einverstanden?«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Wangen waren nass.
»Hier können wir ja nichts mehr tun«, sagte er.
»Ich will mit Trudy reden«, sagte Chloe, ohne ihn anzusehen.
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Liebling. Ich glaube nicht, dass Trudy und Warren die sind, für die sie sich ausgeben.«
Chloe hatte sich an die Wand gelehnt. Ihre Haare waren aus ihrer Spange gerutscht und hingen ihr in feuchten Strähnen ins Gesicht.
»Wir können es doch nicht ändern«, sagte er. »Lass uns nach Hause fahren.«
Als er ihrem
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