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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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rauskommt, und dann noch eine und noch eine. Das habe ich erst ganz spät begriffen – man denkt, Lügen würden Probleme lösen, aber in echt tun sie’s nicht. Nie.«
    Jacob starrte auf seine herumnestelnden Finger.
    »Ich habe Chloe Lügen aufgetischt, als sie noch meine Frau war, und gerade erst diese Woche habe ich eine Frau belogen, die Allison heißt und die ich eigentlich heiraten wollte. Und beide fanden es ziemlich beschissen von mir. Also musste ich um Verzeihung bitten.«
    Ohne den Kopf zu heben, sagte Jacob: »Chloe hat Ihnen aber verziehen, oder?«
    »Das stimmt«, sagte Mark bedächtig. Der Junge war schlau, so schlau. »Aber erst, nachdem ich meinen Fehler zugegeben hatte. Und selbst dann hat es lange gedauert, bis wir wieder Vertrauen zueinander hatten. Viele, viele Jahre.«
    Jacobs Finger malten Furchen in das Fell des Katers.
    »Ich möchte nur, dass du weißt, dass – wenn du dir nicht ganz sicher bist, was wirklich passiert ist, kannst du’s ruhig sagen. Ich nehm’s dir nicht übel. Ich verstehe so was. Wenn jemand es versteht, dann ich.«
    »Ich hab die Wahrheit gesagt«, beharrte Jacob.
    »Jacob. Schau mich an.«
    Jacob gehorchte, aber nur einen Moment lang, bevor sein Blick wieder zu dem Kater zurückschnellte.
    »Wenn du nicht die Wahrheit sagst, kann daraus sehr viel Unglück entstehen. Vielleicht auf eine Art, die du noch nicht verstehst. Aber es wird ein sehr schlimmes Unglück sein.«
    »Mr Fife«, sagte Jacob, »das weiß ich. Es ist wahr, ich schwör’s.«
    Mit niedergeschlagenen Augen streichelte er seinen Kater. Mark starrte ihn an. Er hatte sieben Jahre lang einen Sohn gehabt, er sah genau, wie verängstigt der Junge war. Aber vielleicht noch nicht verängstigt genug.
    »Ich habe heute noch mal mit Trudy Weill geredet«, sagte er. »Ich habe sie noch mal gefragt, was passieren würde, wenn es keinen Geist gibt. Und sie hat mir etwas gesagt, was mir wirklich Sorgen macht.«
    Jacob schluckte, sagte aber nichts.
    »Sie muss eine Tür aufmachen«, sagte Mark. »Und wenn Brendan auf der anderen Seite ist, wird er durch die Tür kommen und mit uns sprechen. Aber wenn da draußen kein Brendan ist, sagt Trudy, dann könnte etwas anderes hereinkommen.«
    Die Sätze hätten geradewegs aus einem der eselsohrigen Comichefte stammen können, die da in ihren Plastikhüllen in Jacobs Sammlung standen.
    Mark sagte: »Dieses Etwas, das durch die Tür kommt, wird dann hier festsitzen. Wir könnten uns einen Spuk ins Haus holen, der sehr viel unguter ist als ein kleiner Bub. Und es werden du und deine Mom sein, die dann mit ihm leben müssen.«
    Jacob beugte sich dicht zu Bigwig hinab, dessen Schwanz hin und her zuckte. »Oh«, sagte er.
    »Also solltest du dir sicher sein«, sagte Mark. » Bist du das?«
    Jacobs Stimme war ein kratziges Flüstern: »Ja.«
    »Wenn du es dir anders überlegst, musst du es mir sagen, bevor wir anfangen. Das ist ganz wichtig.«
    »Ist gut.«
    »Du sagst es mir? Wenn du’s dir noch anders überlegst?«
    Jacob nickte: »Okay.«
    Der Junge schien drauf und dran zu sprechen – die Waffen zu strecken, seine sämtlichen Geheimnisse hervorzusprudeln. Mark wartete … wartete … aber es kam nichts.
    Schließlich musste Mark sich eingestehen, dass er verloren hatte. »Also gut«, sagte er bedeutsam. »Dann lauf runter zu deiner Mutter. Und sag ihr, ich komme gleich nach, ja?«
    Jacob nickte und stand auf. Seine Katze im Arm schlurfte er an Mark vorbei aus dem Zimmer, vor zur Treppe.
    Mark ging den Gang entlang zur Tür von Brendans altem Zimmer. Auf halbem Weg blieb er stehen, um zu lauschen, wie Jacob die Stufen hinunterstampfte. Das Geräusch, musste er zugeben, hatte keinerlei Ähnlichkeit mit den Geräuschen neulich in der Nacht. Keinerlei Ähnlichkeit mit Brendans trappelnden Füßen.
    Bitte. Bitte .
    Brendans Zimmer bot einen anderen Anblick als beim letzten Mal: Chloes Kissen und Lampe unterm Fenster waren noch da, aber in der frei geräumten Zimmermitte war ein Kartentisch mit sechs Klappstühlen darum aufgebaut. Auf dem Tisch standen zwei große, dünne Wachskerzen. Neben den Kerzen lag ein Buch, und Mark musste nicht näher hinschauen, um zu wissen, dass es die Bibel war.
    Natürlich würden sie die Zeremonie hier abhalten, in dem Raum, in dem Brendans Geist erschienen war. Doch diese Gegenstände, hier – es hatte etwas von einer Entweihung. Sie waren nicht echt, sie passten nicht dazu.
    Mark zog einen der Klappstühle vors Fenster. Er setzte sich darauf, schob

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