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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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Blick begegnete, wich er zurück. Er sah wieder das Gleiche passieren wie nach Brendans Tod: In ihre Trauer begann sich Wut zu mischen. Ihre innigste Hoffnung hatte sich zerschlagen – und sie gab die Schuld daran Mark.
    »Wir beide haben ihn doch gespürt«, sagte sie. » Ich habe ihn gespürt. Erzähl mir nicht, dass das eine Lüge war!«
    Damit drehte sie sich weg, und ehe er sie festhalten konnte, rannte sie den Flur entlang in Brendans Zimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    Gleichzeitig schloss Connie Jacobs Tür; dahinter hörte er sie beide weinen. Dann wurden all diese Geräusche von schweren Tritten auf der Treppe übertönt – Warren Weill.
    Mark fing ihn auf dem Treppenabsatz ab. »Reden wir unten.«
    Warren machte einen bösen Heftzweckenmund, wie ein Schurke in einer Karikatur.
    Im Wohnzimmer saß Trudy auf dem Sofa und las in einer Bibel auf ihren Knien. Als Mark hereinkam, schloss sie sie und stand auf. Warren bezog seinen üblichen Posten schräg hinter ihr. Er hatte das Rückgrat durchgedrückt, die Hände zu Fäusten geballt; in einer Bar wäre Mark bei einem Mann, der so dastand, vorsorglich in Deckung gegangen.
    »Mark«, sagte Trudy, »wir fürchten, dass Sie einen großen Fehler machen.«
    Er wollte sie nicht eine Silbe mehr sagen lassen als unbedingt nötig. »Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Wenn Sie das Geld für Ihr Zimmer und Ihr Benzin noch nicht bekommen haben, schreibe ich Ihnen gleich einen Scheck. Aber ich muss Sie jetzt bitten zu gehen.«
    »Mark«, sagte Trudy. »Bitte. Ihr Sohn …«
    »Danke, Trudy, aber das reicht.«
    »Mr Fife«, sagte Warren gezwungen, »wir erleben so etwas nicht zum ersten Mal. Das sind nur die Nerven. Bisher hat sich noch jede Familie anders besonnen, wenn sie Zeit zum Nachdenken hatte. Ich muss Sie daran erinnern, dass ein so günstiger Zeitpunkt für die Zeremonie nicht so schnell wiederkommen wird. Wenn Sie Ihren Sohn lieben …«
    Mark ging zu dem Garderobenständer neben der Haustür und nahm ihre Mäntel herunter. Dann kam er damit zurück und reichte sie Warren.
    »Lassen wir’s nicht eskalieren, ja?«, sagte er.
    Warren starrte seinen Mantel an, als würde Mark ihm ein totes Tier unter die Nase halten. »Ich habe das Gefühl, dass Chloe da anderer Meinung sein könnte.«
    »Warren, wie wär’s, wenn Sie sich irgendwelche Gefühle bezüglich meiner Frau ab sofort verkneifen?«
    Warren stierte ihn wütend an, aber Mark standen schwerere Kämpfe bevor; er würde vor diesem Scharlatan nicht einknicken. Trudy legte Warren die Hand auf den Unterarm. Ihr Ausdruck war so bekümmert – so voll von echter Angst –, dass Mark einen panischen Moment lang kurz davor war, auf die Knie zu fallen und sie zum Bleiben zu beschwören. Doch er beherrschte sich.
    »Warren«, sagte sie nach einer Pause. »Lass uns die Energien in diesem Haus nicht verunreinigen.«
    Mark begleitete sie zur Tür und wartete, bis sie auf der Veranda waren. Dann schob er hinter ihnen den Riegel vor. Er beobachtete sie, wie sie zu ihrem Auto gingen. Ihr Atem dampfte heftig. Er verließ seinen Wachposten nicht eher, als bis sie in ihren Geländewagen geklettert und weggefahren waren. Dann nahm er seinen und Chloes Mantel und Chloes Handtasche und kehrte zurück ins Obergeschoss.
    Jacobs Tür war immer noch zu. Mark ging daran vorbei zu Brendans altem Zimmer. Er klopfte leise. Chloe antwortete nicht, aber als er den Knauf drehte, sprang die Tür auf.
    Chloe hatte einen der Klappstühle vors Fenster gerückt. Das Rollo war hochgeschoben, und sie sah auf die Straße hinaus. Sie grub den Daumennagel in ihre Unterlippe.
    Er kauerte sich neben sie und legte ihren Mantel und die Handtasche vor sie hin. »Chloe. Lass uns heimfahren.«
    »Ich will nicht heim.« Ihre Stimme kaum hörbar.
    »Es ist Zeit, wirklich.«
    »Ich habe Brendan gerufen, und er kommt nicht.«
    Um Marks Brust zog sich ein eiserner Ring zusammen. »Liebling, Jacob hat sich das nur ausgedacht. Du hast ihn doch gehört.«
    »Ich habe ihn gehört«, sagte Chloe, aber sie wiederholte nicht Marks Worte. Sie meinte nicht Jacob.
    Er legte seine Hand auf ihre. Sie zog sie weg, aber auch so erschrak er, wie eisig ihre Finger waren, kalt bis zum Knochen, als schlüge in ihrem Körper kein Herz mehr.
    »Ich habe ihn gehört«, sagte sie, »und ich habe ihn gespürt.«
    »Ich auch«, sagte er. »Aber, Liebling« – diesmal zuckte sie bei dem Wort unwillig –, »ich wollte dasselbe spüren wie alle anderen auch, und ich habe

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