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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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Mark ließ das Fenster herunter und brüllte: Krankenhaus!, und der Polizist nickte energisch und fuhr ihm mit heulender Sirene vor, machte ihm den Weg frei.
    Freie Bahn nun, sie rasten, die ganze Stadt eine einzige Zielgerade zur Klinik, ein Tunnel aus Lichtern …
    … und dann liefen aus den Automatiktüren der Notaufnahme Pfleger und eine Ärztin auf sie zu, rissen die Beifahrertür auf, hörten Marks: Überdosis!, nahmen ihm das Tablettenfläschchen aus der zitternden Hand und hoben Chloe heraus. Sie schoben sie auf einer Trage weg von ihm, gaben ihr Sauerstoff, und der Polizist, der vor ihm hergefahren war, fasste ihn plötzlich um die Schulter und sagte: geschafft! Gute Arbeit, Mann.
    Mark, in Schweiß gebadet, nickte. Gute Arbeit, doch. Ja.
    So fühlte es sich also an, wenn man Acht gab.
    So fühlte es sich an, wenn Zeit genug blieb.
    Wenn man Zuversicht haben durfte.

DREISSIG
    Die erste Zeit wartete Mark allein im Foyer. Eine schwerelose Zeit, die er mit Planen ausfüllte.
    Wenn Chloe wieder wach war, würde er ihr sagen: Ich konnte dich nicht gehen lassen.
    Weil du stärker bist, als du denkst, würde er sagen. Weil du mich liebst. Weil ein Herz wie deins zu kostbar ist. Weil du du bist.
    Er sah sich an ihrem Bett sitzen und ihre Hände streicheln. Er sah ihre Lider flattern.
    Bitte glaube mir, würde er sagen. Bitte komm du jetzt mit mir.
    Schließlich rief er seinen Vater an und danach Lewis. Beide waren innerhalb weniger Minuten da.
    Sam nahm Mark in die Arme; Mark spürte seine Erschütterung nur an dem kaum wahrnehmbaren Beben in seinen Schultern.
    Etwas später kam Connie Pelham mit Chloes Mantel, Handtasche und Handy. Jacob war nicht bei ihr. Lewis nahm ihr Chloes Sachen ab. Sam notierte Connies Nummer, sagte sonst aber nicht viel. Connie schien zu begreifen, dass sie störte.
    Als sie weg war, schaltete Sam Chloes Telefon an, suchte die Nummer ihrer Eltern heraus und übernahm es, bei ihnen anzurufen. Lewis holte Chloes Versicherungskarte aus ihrer Handtasche und gab sie den Schwestern; er wechselte noch ein paar Worte mit ihnen, dann setzte er sich neben Mark.
    Chloes Eltern waren noch nicht da, als endlich eine Ärztin – eine junge Frau mit dunkelblondem Haar und Pausbacken – Marks Namen aufrief.
    Ehe er sich halbwegs wappnen konnte, teilte die Ärztin ihm mit, dass Chloe wach sei, dass sie es überleben werde (»Sich mit Valium umbringen schaffen offen gestanden die wenigsten«, sagte sie stirnrunzelnd). Sie würden sie über Nacht zur Beobachtung dabehalten, und da Mark ja anscheinend nicht mit ihr verheiratet sei, könnten sie ihm Chloe leider auch danach nicht mitgeben.
    »Ihre Eltern sind auf dem Weg hierher«, sagte sein Vater, der neben ihm stand.
    »Ich muss mit ihr reden«, sagte Mark.
    Der Blick der Ärztin glitt von Mark zu Sam und wieder zu Mark zurück. Mark hörte ihre Stimme, sah sie kehrtmachen und in die Station zurückgehen. Er wollte ihr nachlaufen, aber sein Vater und Lewis führten ihn schon weg, und Mark hätte sich willig von ihnen forttragen, auf eine Zeitreise egal wohin schicken oder ganz und gar aus der Welt befördern lassen, wenn das nur die Worte der Ärztin ungesagt gemacht hätte:
    Tut mir leid, Mr Fife. Chloe will Sie nicht sehen.

VI
Sein neues Leben

EINS
    Ende August war Allison ungeheuer schwanger und ungeheuer schlecht gelaunt. Sie hatte eine beschwerliche Zeit hinter sich – fast als hätten die Probleme zwischen ihr und Mark sich direkten Wegs auf das Kind in ihrem Bauch übertragen. So dass Mark, als ihn Allie eines Nachmittags anrief und ihm befahl, ein Babybett zu kaufen – jetzt sofort, auf der Stelle –, augenblicklich Ja sagte, überglücklich, ihr etwas recht machen zu können.
    »Möchtest du, dass ich sonst noch was besorge?«, fragte er. »Ein Eis oder sonst irgendwas Leckeres?«
    Allie sagte: »Ich möchte nur dieses Drecksbaby endlich aus mir raushaben.«
    Er wartete.
    »Vielleicht ein Reuben-Sandwich«, sagte sie dann. »Aber ein ordentliches, von Katzinger.«
    Ihr Anruf stimmte ihn optimistisch: Sie nahm ein Sandwich von ihm an. Diese Momente des Vertrauens waren Kostbarkeiten für ihn, wie Bonbons, die er langsam lutschte und deren Süße auch danach noch vorhielt.
    Mark war fleißig gewesen in den Monaten seit Chloes Selbstmordversuch. Er hatte sich generalüberholt. Seit der Nacht, als er in ihr altes Haus eingebrochen war, hatte er nicht einen Tropfen Alkohol angerührt. Er hatte trainiert wie ein Wilder und wog jetzt fast fünf

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