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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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eine größere Schlacht hinter sich, Janey.«
    Â»Ich bin hingefallen.« Sie krümmte die knochigen Schultern und zog an ihrer Zigarette. »Reine Blödheit.«
    Â»Wie geht’s Bernie?«
    Â»Gut.«
    Â»Und Lee?«
    Sie legte den Kopf in den Nacken und kniff die Augen zusammen, während sie einen dünnen Rauchfaden in die Luft blies. »Ich hasse Lee.«
    Â»Es braucht nur ein Wort, Janey.«
    Â»Damit mein Gesicht dann Matsch ist. Nein, danke.«
    Â»Jemand wie Lee weiß nicht, wann er aufhören muss«, sagte Riley ruhig. »Ich glaube, er hat schon zwei Menschen getötet. Ich möchte nicht, dass ein dritter dazukommt.«
    Das hübsche Gesicht verzog sich mürrisch; sie schob die Ärmel ihrer gelben Strickjacke über die dünnen, blau geäderten Handgelenke und sah zum Fenster hinaus. »Hauen Sie ab, Riley.«
    Â»Ich möchte nicht, dass Ihnen etwas zustößt.«
    Â»Ach, wie rührend. Ich wette, Sie hätten nichts gegen eine schnelle Nummer hinterm Haus.« Sie blies ihm Rauch ins Gesicht. »Lange nichts mehr gewesen, oder? Ach, ihr seid doch alle gleich. Lassen Sie mich einfach in Ruhe.«
    Auf der Heimfahrt musste Riley an Ellens Freundin India denken. Auch so ein hübsches Mädchen mit diesem Schlafzimmerblick und dem zerzausten weißblonden Haar, von einer nervösen, quirligen Lebendigkeit. Wie Janey erweckte sie diesen Eindruck von Leichtsinn, ja, Hemmungslosigkeit, der einen bestimmten Typ Männer anlockte. Männer wie Pharoah und Bernie Perlman. India Mayhew und Marcus Pharoah, Janey Kelly und Bernie Perlman. Anfangs suchten sie vielleicht einen Beschützer, diese Frauen. Jemand, der stark war und sich um sie kümmern würde.
    Manchmal hatte er das Gefühl, allmählich an Janey heranzukommen, und manchmal, wie heute, vermutete er, dass seine Bemühungen reine Zeitverschwendung waren. Im Laufe der letzten Jahre hatte er in gewissenhafter Kleinarbeit ein Dossier über Bernie Perlmans geschäftliche Unternehmungen zusammengestellt. Er wusste, dass auch die scheinbar unbedeutendsten Informationen dazu beitrugen, einen größeren Überblick zu gewinnen. In letzter Zeit hatten sich Perlmans Interessen von Glücksspiel und Schutzgelderpressung auf den Erwerb von Immobilien verlagert – Häuser, Wohnungen und Geschäftsräume im Zentrum Londons. Er glaubte offenbar, dort sei das große Geld zu holen, dort würden in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts Vermögen gemacht. Vielleicht hatte Perlman beschlossen, die kriminellen Aktivitäten seiner Jugend hinter sich zu lassen, um in halbwegs ehrenwerte Geschäfte einzusteigen. Diese Möglichkeit ärgerte Riley: In zwei, spätestens fünf Jahren würde vergessen sein, dass Perlmans Imperium auf Gewalt und Erpressung aufgebaut war. Die Menschen hatten ein kurzes Gedächtnis. Er wusste, dass ihm die Zeit knapp wurde.
    In den letzten zwei Jahren hatte er geduldig darauf gewartet, dass Janey sich einen Ruck geben, ihren Mut zusammennehmen und ihm helfen würde, Bernie Perlman hinter Gitter zu bringen. Und ebenso geduldig hatte er in diesen Jahren auf Ellen gewartet. Er fand, er habe lange genug Geduld gezeigt.
    Freundschaft reichte ihm nicht. Liebes  – das Wort war ihm herausgerutscht, aber er hätte es nicht zurückgenommen, selbst wenn er gekonnt hätte. Er wusste, dass er einen Punkt erreicht hatte, an dem er mit ihr über seine Gefühle sprechen musste, auch wenn damit das Risiko verbunden war, sie als Freundin zu verlieren. Es war Zeit für eine Entscheidung. So oder so.
    India begegnete ihm das erste Mal, als sie den Kinderwagen aus dem Café in Midhurst hinausbugsierte – die schwere Tür musste mit dem Ellbogen offen gehalten, die Räder vorsichtig die Stufen hinuntergelassen werden. Er kam über die Straße gerannt, hielt ihr die Tür auf und hob den Kinderwagen dann so vorsichtig die Treppe hinunter, dass Abigail überhaupt nichts merkte.
    Er war jung, ungefähr in ihrem Alter, vermutete sie, und er hatte braunes lockiges Haar und ein Lächeln, das wie Sonnenschein sein gebräuntes Gesicht erhellte. Er war ungefähr einen Kopf größer als sie, mit einer dunklen Drillichhose und einem großkarierten Hemd bekleidet. Als sie näher mit ihm bekannt wurde, entdeckte sie, dass die Pupillen seiner blauen Augen von einem bernsteinbraunen Ring

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