An einem Tag im Winter
Vorplatz stand ein Pferdeanhänger; Stiefmütterchen und Petunien ergossen sich aus einem Steintopf. Um die Haustür rankte sich eine weiÃe Rose.
Das Morgenlicht glänzte auf dem hellen Haar von Alison Pharoah, die, neben sich im Gras eine Pflanzkelle, vor einem Blumenbeet kniete und eine Geranie aus einem Topf klopfte. Als Ellen ihr einen Gruà zurief, drehte sie sich um und stand auf. Sie trug einen Tweedrock und einen kurzärmeligen blassrosa Pulli.
»Miss Kingsley?«
»Ja. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen.«
Alison Pharoah zog ihre Gartenhandschuhe aus, bevor sie Ellen die Hand gab. »Ich mache hier einfach weiter, wenn es Sie nicht stört.« Ihr Ton lieà keinen Zweifel daran, dass sie Ellens Zustimmung erwartete.
»Bitte. Der Garten ist wunderschön, Mrs. Pharoah.«
Alison Pharoah musterte die Beete und die Rasenflächen. »Er macht eine Menge Arbeit. Es ist heute fast unmöglich, zuverlässige Leute zu bekommen. Mein Mann meinte, ich solle das Haus verkaufen. Den Teufel werd ich tun.« Ihr kalter blassgrüner Blick heftete sich auf Ellen. »Sie sagten, Sie wollten mich etwas fragen.«
Mit anderen Worten: Nun mach schon, ich habe zu tun. Ellen stellte ein paar harmlose Fragen über Marcus Pharoahs beruflichen Werdegang, bevor sie sagte: »Sie waren nicht Dr. Pharoahs erste Frau, nicht wahr, Mrs. Pharoah?«
»Nein.« Ein kurzes, verächtliches Prusten. »Und auch nicht seine letzte.«
»Seine erste Frau war doch Amerikanerin?«
»Sie kam irgendwo aus Neuengland. Er war noch sehr jung, als er sie geheiratet hat.«
»Und sie ist gestorben?«
»Ja.« Alison Pharoah nahm sich eine Zigarette aus einer Packung, die auf einer der steinernen Urnenvasen lag, die Ellen von ihrem ersten Besuch erinnerte, und zündete sie an.
»Wissen Sie, woran sie gestorben ist?«
Alison Pharoah schüttelte kurz den Kopf. »Lungenentzündung oder so etwas. Marcus hat nie darüber gesprochen. Mit Krankheit konnte er überhaupt nicht umgehen. Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?«
»Ich war vor ungefähr fünf Jahren einmal sonntags zum Mittagessen bei Ihnen.«
»Waren Sie eine von Marcusâ Frauen?«
»Ich war seine Angestellte.«
Ein skeptisches Lächeln.
»Seine Angestellte, sonst nichts«, wiederholte Ellen kühl. »Was haben Sie gemeint, als Sie eben sagten, Dr. Pharoah könne mit Krankheit nicht umgehen?«
»Er kann kranke Menschen nicht ertragen.« Alison Pharoah deponierte ihre Zigarette auf dem Rand der Urnenvase und ergriff einen Blumentopf. »Bei Marcus muss jeder attraktiv, kerngesund und konventionell sein. Heute erkenne ich, was für ein langweiliger Mensch er ist. Aber warum wollen Sie das wissen? Was sagten Sie am Telefon, woran arbeiten Sie?«
Ellen wiederholte das Märchen, das Riley und sie sich ausgedacht hatten: dass sie für eine Fachzeitschrift einen kurzen Aufsatz über Marcus Pharoah schreibe, einen Ãberblick über sein Leben und seine Arbeit. Sie war nie eine gute Lügnerin gewesen und sah Alison Pharoah an, dass sie ihr nicht glaubte. Ein kurzer, energischer Schlag mit der Kelle auf den Boden des Topfes, und wieder wurde eine Geranie sauber aus dem Topf entfernt und in einem Loch in der Erde versenkt.
»Hatten Dr. Pharoah und seine erste Frau Kinder?«, fragte Ellen.
»Nein. Und wir haben auch nur ein Kind, unsere Tochter Rowena. Marcus wollte keine weiteren Kinder.« Alison Pharoah stand auf, zog die Handschuhe aus, die sie zum Pflanzen wieder übergezogen hatte, und griff nach ihrer Zigarette. »Ich hätte gern mehr gehabt.« Ihr Gesicht wirkte traurig und verbittert. »Ich wollte immer einen Sohn. Man sollte meinen, Marcus hätte sich auch einen Jungen gewünscht, aber nein. Dabei hat er Rowena von Anfang an weit mehr geliebt als mich. Man hätte meinen können â¦Â«
Sie brach ab und drückte eine Hand auf den Mund. »Verzeihen Sie«, murmelte sie. »Es geht mir nicht besonders gut.«
»Das tut mir leid.«
Alison Pharoas Gesichtsausdruck veränderte sich. »Ich bin froh, dass ich ihn los bin. Wenn ich ehrlich sein soll, fehlt Gosse mir mehr als Marcus. Aber er musste Gosse unbedingt mit nach Amerika nehmen. Und natürlich ist prompt am nächsten Tag der elende Durchlauferhitzer kaputtgegangen. Gosse war ein unangenehmer Mensch, aber er hat das Haus wunderbar
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