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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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umschlossen waren.
    Am nächsten Tag hielt er ihr die Tür zum Café auf, als sie kam. Und am übernächsten wieder und auch am überübernächsten. »Arbeiten Sie nie?«, fragte sie, und er wies über die Straße zum oberen Stockwerk eines roten Backsteingebäudes.
    Â»Da ist mein Büro, Madam. Linc, hab ich mir gesagt, du gehst jeden Nachmittag auf einen Kaffee und diese Dame auch, lauf doch einfach zehn Minuten früher runter und hilf ihr, den Kinderwagen die Treppe hochzutragen.«
    Â»Linc?«, fragte sie.
    Er bot ihr die Hand. »Lincoln Strawbridge. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Madam.«
    Â»India Pharoah«, sagte sie. »Und das ist Abigail.«
    Er beugte sich über den Kinderwagen.
    Â»Darf ich?«
    Abigail war wach und wedelte mit den Armen. »Ja, wenn Sie möchten«, sagte sie.
    Sehr behutsam schob er eine Hand unter Abigails Köpfchen und hob sie heraus. Sie sah winzig aus in seinen Armen. »Na, du bist aber eine Süße«, murmelte er. »Sie sieht Ihnen ähnlich«, sagte er zu India.
    Â»Ja, nicht?« India nahm ihm das Kind ab und streichelte die silberblonden Haare. »Haben Sie auch Kinder, Mr. Strawbridge?«
    Â»Nein. Ich bin nicht verheiratet. Aber ich habe sechs jüngere Geschwister. Mein jüngster Bruder ist gerade erst anderthalb Jahre alt.«
    Sie wollte ihn zu einem Kaffee einladen, aber er bestand sehr höflich darauf, sie einzuladen. Er war in Midhurst geboren, erzählte er ihr, und dann weggegangen, um Architektur zu studieren. Aber nach seinem Abschluss war er zurückgekommen. »Ich habe die Familie vermisst«, sagte er. »Geht es Ihnen auch so, Mrs. Pharoah? Haben Sie Heimweh nach Ihrer Familie?«
    Abigail quengelte. India dachte an Sebastian und nickte. Sie packte das Fläschchen aus, das sie in eine Windel gewickelt hatte.
    Einmal erzählte er ihr von den Häusern, die er baute. Er hatte eine Papierrolle mitgebracht, die er auf dem Tisch ausbreitete, um ihr die Skizzen zu zeigen. Die Häuser hatten einen vorgebauten Windfang und Dachgauben und lange, schattige Veranden.
    Â»Ich versuche, mich an den einheimischen Stil zu halten«, erklärte er. »Er passt in die Landschaft. Wenn ich etwas hasse, ist es ein Haus, das nach Miami oder Los Angeles gehört, in einer Kleinstadt in Vermont. In Vermont sind die Häuser zurückhaltend und bescheiden. Kein Protz. Genau wie die Menschen hier. Meine Häuser sind kompakt gebaut, damit sie dem Wind standhalten. Die Mauern sind dick und die Fenster und Türen genau eingepasst, damit es im Haus auch warm bleibt, wenn es draußen eiskalt ist. Alle Fenster sind aus Doppelglas –« Er brach ab. »Du lieber Gott, hör sich das einer an. Als würden diese technischen Details Sie interessieren.«
    Â»Doch, sie interessieren mich«, sagte sie. Die Sonne schien durch das Fenster des Cafés, und sie setzte Abigail ihr Mützchen auf. »Leben Sie selbst in so einem Haus?«
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und streckte die langen Beine aus, die kaum unter den Tisch passten. »Ich wohne in einem Blockhaus etwas außerhalb, nördlich vom Ort, wo sich die Straße teilt. Nichts Großartiges, nur zwei Zimmer, aber mir gefällt es. Das Blockhaus steht in einer Senke, man hat einen herrlichen Blick auf die Berge, und ich kann auf der Vortreppe sitzen und die Kolibris beobachten. Eines Tages baue ich mir da mal ein richtiges Haus. Ich bin noch ganz am Anfang, Mrs. Pharoah, und bis jetzt habe ich nur ein paar Auftraggeber, die leichtsinnig genug sind, sich ihr Heim von mir bauen zu lassen. Das meiste, was ich im Augenblick mache, sind Garagen oder Anbauten, Glasveranden und Ähnliches. Aber das wird sich ändern.«
    An manchen Nachmittagen trank India im Café eine Tasse Kaffee nach der anderen und spielte mit Abigail. Sie schloss Bekanntschaft mit den Kellnerinnen und anderen Stammgästen. Wenn Linc nicht da war, schaute sie zum Fenster hinaus, wo die heiße Sommersonne die Schatten der Vorübergehenden auf die Bürgersteige warf. Ein offenes Kabriolett rollte die Straße entlang. Das Mädchen auf dem Beifahrersitz trug eine Sonnenbrille und hatte ein geblümtes Tuch um den Kopf geschlungen. Sie saß dicht neben dem Fahrer, den Arm hinter ihm auf der Rückenlehne.
    India stellte sich Linc auf einem Bauplatz vor, wie er die Augen von der Sonne abschirmte und am nackten

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