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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Street. Alec entdeckte eine Lücke im Verkehr, fasste Ellen bei der Hand und rannte mit ihr über die Straße.
    Drüben sprach er weiter. »Andrée hat allen Ernstes geglaubt, Pharoah würde sich scheiden lassen und sie heiraten. Ich bin überzeugt, er hat nicht mal im Traum an so etwas gedacht. Seine Frau hat das Geld. Mit ihrem Vermögen hat er Gildersleve aufgebaut. Sie hätte ihn vernichtet, wäre die Geschichte mit Andrée herausgekommen. Sie hätte es niemals geduldet, vor aller Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden.«
    Alison Pharoah war schön und eisig gewesen. Pharoah hatte angedeutet, sie sei gemütskrank, depressiv vielleicht, aber möglicherweise war Alison Pharoahs Depression eine Folge der Rücksichtslosigkeit ihres Mannes.
    Â»Wie lange hat die Geschichte gedauert?«
    Â»Ein halbes Jahr. Pharoah hat sie in jenem Herbst damals beendet, ein paar Wochen vor Redmonds Tod. Er hat sie nur benutzt, hat sie nach allen Regeln der Kunst verführt, und als er ihrer überdrüssig war, hat er ihr den Laufpass gegeben.«
    Busse und Untergrundbahnhöfe schluckten die Menschenmengen. Pharoah und Andrée Fournier. Und nachdem er Andrée fallen gelassen hatte, hatte er schon die nächste Kandidatin ins Auge gefasst: Sie. War das möglich? War das in Wirklichkeit der Grund, warum Pharoah sie gefeuert und später diesen diffamierenden Brief an Professor Malik geschrieben hatte – nicht die Sache mit Dr. Redmond, nicht weil sie der Polizei von seinem Streit mit Redmond berichtet hatte, sondern weil sie auf seine Avancen nicht eingegangen, weil sie nicht seine Geliebte geworden war?
    Schon wieder drängte sich ihr ein Bild auf: Wie sie am Fenster ihres Labors stand, Martin an ihrer Seite, und beobachtete, wie unten im Wäldchen Alec Andrée küsste. »Warum sind Sie in Gildersleve geblieben?«, fragte sie.
    Â»Weil ich gehofft habe, sie würde zur Besinnung kommen.« Seine Stimme klang müde. »Ich dachte, wenn ich bliebe, würde sie Pharoah irgendwann durchschauen und zu mir zurückkehren. Eitel und dumm von mir. Man glaubt immer, was man glauben möchte, auch wenn die Tatsachen etwas anderes sagen. Sie war immer noch überzeugt, diesen Menschen zu lieben. Ich habe lange gebraucht, um das zu akzeptieren.«
    Â»Aber Sie haben sie immer noch geliebt, nicht?«
    Er zog die dunklen Brauen zusammen. »Zumindest habe ich das in den endlosen Monaten, in denen ich auf sie gewartet habe, geglaubt. Als Pharoah mit ihr Schluss gemacht hat, war ich froh – für sie und für mich. Andrée war natürlich völlig aufgelöst und hatte Angst um ihre Stellung. Sie brauchte jemanden, und ich war da, und es hat uns beiden gutgetan. Ich nehme an, dass sie deshalb nachgegeben hat und zu mir zurückgekehrt ist – weil sie jemanden brauchte. Aber es war nichts mehr da. Das haben wir beide sehr schnell gemerkt. Es war ungefähr so, als wollte man einem toten Gegenstand Leben einhauchen. In der Rückschau fragt man sich, ob man wirklich aus Liebe ausgeharrt hat oder vielleicht doch eher aus Besitzdenken.«
    Wer konnte sonst noch von Pharoah und Andrée Fournier gewusst haben? Martin ganz sicher nicht; bei seinem Vergnügen an Klatsch und Tratsch hätte er ihr das sicher weitererzählt. Was war mit Dr. Redmond? Hatte er sich darauf bezogen, als er Pharoah nach ihrer Auseinandersetzung gedroht hatte? Ich werde dafür sorgen, dass alle die Wahrheit über dich erfahren. Ellen verwarf den Gedanken. Dr. Redmond hatte sich nicht für Menschen interessiert. Eine Liebesgeschichte hätte er gar nicht bemerkt.
    London glitzerte im Licht der Gaslampen, das sich tausendfach in den Regentropfen brach. Zwischen den Häusern konnte Ellen immer wieder den trägen, dunklen Fluss erkennen. Der Wind fuhr unter ihren Schirm und stülpte ihn um. Alec nahm ihn ihr ab und brachte ihn wieder in Form. Er hielt jetzt den Schirm, und in seinem Schutz rückten sie näher zusammen. Als sein Arm den ihren streifte, klang die Berührung erregend nach.
    Am Strand bogen sie in Richtung King’s College ab. Alecs Labor war größer als das, in dem er in Gildersleve gearbeitet hatte, aber dank der darin befindlichen Geräte – Röntgenapparat, Rotationskamera, Thermostat – hatte es etwas Vertrautes.
    Verglichen mit den Straßen draußen war der Raum warm und behaglich.
    Ellen hängte

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