An hoechster Stelle
beschäftigter Mann, mein Freund. Blake Johnson ist wieder in Washington, deshalb vermute ich, Sie sind auf der Flucht.«
»Das kann man wohl sagen. Sean Dillon und irgendein weib licher Chief Inspector begleiteten ihn. Ich habe zwei Männer verloren, bin ihnen aber entwischt.«
»Gut. Von unserem Arrangement haben Sie nichts erwähnt, denke ich?«
»Natürlich nicht«, log Barry.
»Bestens. Ich halte Sie auf dem Laufenden.« Er schaltete ab.
Barry fluchte. Es ärgerte ihn maßlos, nicht zu wissen, mit wem er es zu tun hatte, aber das wusste keiner der Söhne Erins. Sie kannten sich nur untereinander. Er überlegte einen Moment und griff dann nach seinem Handy, um Senator Michael Cohan anzurufen. Sie hatten sich mehrmals in den Staaten getroffen und sich gut verstanden. Cohan hatte seinen Spaß an den haarsträubenden Geschichten über nächtliche Aktionen gehabt und fand alles einfach herrlich, wie ein prachtvolles Abenteuer.
»Wer spricht da?«
»Barry. Rufe ich zu einer ungünstigen Zeit an?«
»Ja, hier ist gerade eine Party. Ich habe mich in mein Arbeitszimmer geflüchtet. Ich hatte selbst schon vor, dich anzurufen, bin aber gerade erst aus Mexiko zurückgekommen. Hab ein paar schlechte Neuigkeiten erfahren. Martin Brady ist auf offener Straße erschossen worden. Man nimmt an, die Mafia hat ihn umgelegt.«
»Das ist aber ein merkwürdiger Zufall. Tim Pat Ryan ist es neulich genauso gegangen.«
»Tatsächlich?«, fragte der Senator. »Na ja, das war auch ein echter Gangster, dieser Kerl.«
»Was ist mit Kelly und Cassidy?«
»Ich habe schon seit ein paar Monaten nicht mehr mit ihnen gesprochen. Vielleicht sollte ich…« Im Hintergrund wurde offenbar eine Tür aufgestoßen, und übermütiges Gelächter erklang. »Verdammt, hier kommt die ganze Meute. Ich melde mich wieder.« Er legte auf.
Blake hatte für den folgenden Morgen ein Flugzeug der Air
Force angefordert. Es war wie meist im März etwas stürmisch, aber der junge Major der Flugbereitschaft war die Tüchtigkeit in Person.
»Der Stabschef ist beim Präsidenten auf Nantucket, Sir. Er hat uns befohlen, Sie per Helikopter dorthin zu bringen.«
»Landung am Strand?«, fragte Blake.
»Genau, Sir.«
»Mann, das kenne ich noch zur Genüge aus Vietnam.«
»War vor meiner Zeit, Sir. Wenn Sie mir folgen wollen? Ich habe Sandwiches und Kaffee besorgt. Wir starten in dreißig Minuten.«
Das alte, schindelgedeckte Haus auf Nantucket gehörte schon seit vielen Jahren der Familie Cazalet und beherbergte für den Präsidenten eine Vielzahl von Erinnerungen – nicht nur an seine Kindheit oder unbeschwerte Ferientage. Zweimal hatte er hier auch wieder Kräfte gesammelt nach Verwundungen in Vietnam – und hatte hier miterlebt, wie seine Frau langsam an Leukämie gestorben war, was zu den bittersten Erinnerungen gehörte. Die schlimmen Tage, als eine Terroristengruppe ihn zu erpressen versucht und seine Tochter entführt hatte — Comtesse Marie de Brissac, jetzt Kunstprofessorin an der Pariser Sorbonne –, waren ebenfalls in diesem Haus verstrichen. Er liebte das Meer bei jedem Wetter und ging auch heute mit Henry Thornton am Strand spazieren, gefolgt von Clancy Smith, einem Mann vom Geheimdienst, während Murchinson, der Retriever des Präsidenten, am Wasser entlanglief und immer wieder in die Wellen rannte. Es herrschte ein kräftiger Wind, der hohe Wellen vor sich hertrieb, und er fühlte sich herrlich lebendig. Washington schien weit, weit weg.
Der Präsident blieb stehen und winkte zweimal. Clancy, der das Zeichen kannte, schüttelte eine Marlboro aus einem Päckchen, entzündete sie im Schutz seines Mantels und reichte sie ihm.
»Ich habe es Ihnen schon oft gesagt«, meinte Thornton. »Lassen Sie sich dabei mal von einer Fernsehkamera erwischen, und Sie sind jede Menge Stimmen los.«
»Wir leben in einem freien Land, Henry. Es mag vielleicht nicht gesund sein, aber ich bin deswegen kein schlechter Mensch.« Cazalet beugte sich vor und kraulte Murchinsons Ohren. »Etwas anderes wäre es dagegen, wenn ich diesen wundervollen Hund prügelte.«
»Hubschrauber landet, Mr. President!«, rief Clancy, der eine Meldung über seinen Kopfhörer erhalten hatte. »Es ist Blake Johnson.« Aus der Ferne hörte man bereits das Dröhnen der Rotoren.
»Gut. Dann wollen wir mal sehen, was in Irland vor sich geht.« Jake Cazalet eilte über den Strand zurück zu
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