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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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unglaublich neidisch, und zwar auf sich selbst. Das war das Schlimmste daran. Sie beneidete die Jess, die vor einem Jahr genau hier gestanden hatte, die wahrscheinlich sogar dasselbe khakifarbene Kleid und dieselben Flipflops getragen hatte. Die alte Jess hätte sich von den kleinen Streitereien und Missgeschicken heute nicht so fertigmachen lassen, dass sie fast weinen musste. Und selbst wenn, der alte Conor hätte gemerkt, dass es ihr nicht gut ging, und hätte sie in den Arm genommen, ihr die Haare hinters Ohr gestrichen und irgendetwas Liebes oder Lustiges gesagt, das sie innerhalb von Sekunden wieder zum Lachen gebracht hätte.
    Sie sah sich um, zwang sich, nicht zu weinen, und ihr Blick fiel auf ein Pärchen, das ihr eng umschlungen entgegenkam. Hinter ihnen lief ein niedlicher kleiner Junge mit Brille, der ein bisschen aussah wie eine Eule. Der Mann war groß, hatte eine etwas krumme Nase, dunkles, längeres Haar und einen ausgeprägten Dreitagebart. Die Frau hatte dunkles, schulterlanges Haar und trug ein auffälliges rotes Kleid und eine Sonnenbrille, kam ihr aber irgendwie bekannt vor. Jess trat einen Schritt vor und stieß Conor am Ellenbogen an.
    »Conor«, sagte sie, »ist das nicht …«
    »Hm?«
    Genau in diesem Moment beugte sich der Mann vor, umfasste das Kinn der Frau, und sie drehte ihr Gesicht zu ihm und küsste ihn. Aber als sie sich wieder nach vorn wandte, erkannte Conor sie sofort. Er lachte und rief nach ihr.
    Saffy stellte den großen Mann als Joe vor und den kleinen Jungen mit der Brille als seinen Sohn Liam. Sie und Conor taten, als ob das alles ganz normal wäre, aber Jess hätte am liebsten geschrien.
    Was war denn bloß los? Warum verwandelten sich die beiden Menschen, die ihr am nächsten waren, in Fremde? Sie erkannte Conor und Saffy nicht wieder. Die Saffy, die sie kannte, hätte sich nicht bis zum Filmriss betrunken und wäre auch nicht mit einem Wildfremden ins Bett gegangen. Sie hätte ihren Ehemann nicht nach nur ein paar Stunden Ehe verlassen. Oder wäre auf einmal in Begleitung eines Fremden aufgetaucht, der die Hände nicht von ihr lassen konnte. Während sich Conor und Saffy über das Wetter und die Musik unterhielten, hörte dieser Typ einfach nicht auf, sie zu betatschen.
    Saffy versuchte, sich telepathisch bei Jess zu entschuldigen. Es tat ihr leid, dass sie ihr nichts von Joe erzählt hatte, aber sie hatte ja noch niemandem von ihm erzählt. Ihrer Mutter nicht, und auch nicht den Mädels im Büro. Sie wusste, dass alle denken würden, sich wollte sich nur über Greg hinwegtrösten, aber das stimmte nicht. Sie wusste noch nicht genau, was das eigentlich war zwischen Joe und ihr, aber auf jeden Fall mehr als das. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie hier mit ihm erwischt werden könnte, aber obwohl sie sich hätte schämen sollen, konnte sie nicht aufhören zu lächeln.
    Und zu Jess’ Ärger lächelte Conor die ganze Zeit zurück. »Wollen wir zusammen was trinken gehen?«, fragte er. »Die Surf-Ninjas sind nur die Vorgruppe für so einen Inder, und ich bin nicht sicher, wie sich sein Shruti Stick mit meinem Hotdog von vorhin verträgt.«
    Saffy sah schüchtern zu Joe auf, dann lächelten beide auf diese dämliche Art. Dieses Lächeln, das bedeutet : Wir haben was Besseres vor. Und ihr könnt euch bestimmt denken, was.
    »Es war wirklich nett, euch kennenzulernen«, sagte Joe, »vielleicht ein anderes Mal.«

22
    Das kleine Mistvieh sprang zwischen einem Stapel Töpfe in der Spüle hervor, flitzte über die Granitarbeitsplatte, rannte dann unbeeindruckt von der Erdanziehung schnurgerade an der Tür des Einbauherds hinunter und verschwand hinter dem Kühlschrank. Gregs Bratpfanne knallte hart auf den Boden, verfehlte das Hinterteil der Ratte um Haaresbreite und schlug ein hübsches Dreieck aus einer der Marmorfliesen. An seiner nackten Fußsohle klebte etwas, das aussah wie ein Wildreiskorn. Es war Rattendreck. Na toll. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, die Viecher übertrugen doch Krankheiten.
    »Ich krieg dich, du kleines Arschloch!«, brüllte er und schlug mit der Pfanne gegen den Kühlschrank. »Irgendwann erwisch ich dich.«
    Auf einmal sah er sich selbst, wie die Ratte ihn sehen musste: ein nackter, grölender Mann, der eine Pfanne aus der Jamie-Oliver-Kollektion schwang. Ein bisschen zu sehr Tom und Jerry für seinen Geschmack. Er legte die Pfanne auf den Tisch, schlang sich ein Küchenhandtuch um die Hüften und schaltete Sky News an, um der Ratte zu zeigen,

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