An und für dich
dass er Wichtigeres zu tun hatte. Dann schaltete er den Fernseher wieder aus, er musste sich nämlich wirklich um Wichtigeres kümmern. Zum Beispiel um diesen Brief von Lauren, den er gerade geöffnet hatte.
Schauspielagentur BlueSk y
Dublin, Sydney, L . A .
Betr: Ihr Vertrag mit der Agentur BlueSky
Sehr geehrter Mr. Gleeson,
wir nehmen Bezug auf unseren Vertrag vom 10. Januar 2002. In den Vertragsbedingungen ist eindeutig festgelegt, dass Sie ausschließlich durch L . S . Personal Management vermittelt werden.
Hiermit möchten wir Sie darauf hinweisen, dass eine Tätigkeit für jedwede andere Agentur einen Vertragsbruch darstellt.
Uns ist bekannt, dass Sie aktuell in der Kartei der Firma Venom Models Inc. gelistet sind.
Wenn Ihr Name nicht innerhalb von vierzehn Tagen aus dieser Kartei entfernt wird, wird unser Vertrag ohne weitere Benachrichtigung aufgelöst. Des Weiteren werden Schadensersatz und eine Konventionalstrafe fällig.
Wir freuen uns, zeitnah von Ihnen zu hören.
Mit freundlichen Grüße n
Lauren Smith & Partne r
Unter ihrem Namen stand noch eine handschriftliche Notiz von Lauren.
Noch so ein Ding, und du bist raus!
Greg knüllte den Brief zusammen und warf ihn gegen den Kühlschrank. Sollte Lauren ihn doch verklagen. Für ihn war sie an dem Tag als Agentin gestorben, als sie ihm bei der Sache mit The Station nicht beigestanden hatte.
Ja, verdammt noch mal, er hatte sich in die Kartei von Venom aufnehmen lassen. Er hatte nur noch ein paar Tausend übrig von dem, was er für sein Auto bekommen hatte, und die nächste Rate für die Wohnung stellte ihn vor ernsthafte Probleme. Was blieb ihm denn anderes übrig? Sollte er verhungern?
Er war Greta, einer der Agentinnen von Venom, vor ein paar Wochen rein zufällig über den Weg gelaufen. Sie war auf seiner Hochzeit gewesen und eigentlich nur auf ihn zugekommen, um ihm zu sagen, wie gut es ihr gefallen hatte. Daraus wurden Drinks und Sushi. Sie hatte die Rechnung übernommen und gesagt, sie könnte ihm haufenweise Aufträge vermitteln. Er hatte sogar schon einen Probeshooting-Termin für einen Unterwäschekatalog. Wenn er ehrlich war, konnte er sich angenehmere Sachen vorstellen, als sich mit Babyöl einreiben zu lassen und in knappen Unterhosen vor einem fetten Businesstypen und einem schwulen PR-Manager zu posieren. Aber wenn er den Auftrag bekam, würde es ordentlich Geld dafür geben. Außerdem war da noch die Sache mit Mark Wahlberg. Sich in Unterwäsche zu zeigen, hatte seiner Karriere nicht gerade geschadet.
Eine winzige Nase mit Schnurrhaaren guckte unter dem Kühlschrank hervor und verschwand sofort wieder. Greg lächelte. Wenn Ratti herausfinden wollte, wer länger aushielt, war er gern dabei. Er hatte alles, was er für seine Wache brauchte. Einen kleinen Joint, den er sich vorhin gebaut hatte, eine Packung kalten Orangensaft, die Fernbedienung und Conors Manuskript, das er sich aus dem Regal im Arbeitszimmer »geborgt« hatte. Nicht zu vergessen: seine gute, alte, antihaftbeschichtete 30-cm-Pfanne von Jamie Oliver. Die Ratte wäre bald im Rattenhimmel. Es war nur noch eine Frage der Zeit.
In der letzten Stunde am letzten Tag der Nachhilfeschule gab Conor die korrigierten Essays über das Gedicht »Canal Bank Walk« zurück. Alle bis auf einen.
Wayne Cross war in den ersten drei Wochen kein einziges Mal zum Unterricht erschienen. Es stellte sich heraus, dass er am Irish College gewesen war. Nachdem er dort rausgeflogen war, tauchte er in Conors Klasse zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen auf. Außer Musik zu hören und auf seinem Handy Snake zu spielen, tat er kaum etwas.
»Wer hat diesen Essay geschrieben, Cross?«
Der Junge lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die nikotingelben Finger in seinem fleischigen Nacken. »Ich.« »Nein, hast du nicht.«
Unter Waynes rasiertem Haaransatz bildete sich eine dicke Falte, die die ganze Stirn einnahm. »Wollen Sie behaupten, ich lüge?«
»Willst du behaupten, ich bin blöd? Die erste Seite, auf der dein Name steht …« Conor legte sie auf den Tisch. »… schwarzer Kuli. Der Rest des Essays?« Er blätterte die Seiten durch. »Blauer Füller.«
Wayne grinste. »Mein Kuli is’ kaputtgegangen.«
»Klar.« Conor nahm den Essay wieder hoch. »Ist das passiert, bevor oder nachdem du das hier geschrieben hast? ›Kavanagh beginnt sein Gedicht mit dem Neologismus »Leavy-with-Love« und sagt damit, dass die Pflanzen und Wiesen am Ufer des Kanals von Gottes Liebe
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