An und für dich
davon erzählen. Weder bevor du ›Ja, ich will‹ gesagt hast noch danach.«
Saffy ging in die Küche und schloss die Tür.
»Wie bitte?«
»Dein kleines Geheimnis ist aufgeflogen. Conor war gestern Abend ziemlich besoffen und hat mir alles erzählt.«
»Ich habe vielleicht in seiner Wohnung übernachtet, aber ich glaube nicht, dass wir …«
»Du hast mich angelogen. Du hast mich in der Honeymoon-Suite im Staub vor dir kriechen lassen, ich hab dich angefleht, mir zu verzeihen. Und die ganze Zeit hattest du genau dasselbe getan wie ich.«
»Das war etwas anderes, Greg. Du bist ununterbrochen von fremden Frauen angemacht worden.«
»Genau, Saff. Denk mal darüber nach, wie viele Frauen mit mir geflirtet haben. Hunderte. Vielleicht Tausende. Ich habe dich aber nur einmal betrogen. Mit einer von tausend. Und da war ich nicht ganz bei mir. Wie viele Kerle haben dich angemacht, Saff? Und wie oft hast du mich betrogen? Das war ja wohl eher ein von zehn Malen.«
Eher noch eins von fünf. »Du hast recht. Was soll ich sagen. Es tut mir leid«, sagte sie traurig. Aber er hatte schon aufgelegt.
Saffy legte sich wieder neben Joe. Auf einmal war sie sehr müde. Sogar ihre Zähne fühlten sich erschöpft an. Er zupfte an ihrem Bademantelgürtel. »Ist ja komisch«, sagte er. »Wenn ich dich anfasse, klingelt doch normalerweise sofort dein Handy.«
Es klopfte an der Tür. Saffy sprang auf, setzte sich auf den Stuhl und blätterte den Baustoffhandelkatalog durch. Liam kam herein und tappte auf das Bett zu. Er blinzelte verschlafen. Saffy war nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt sah. Er hatte seine Brille nicht auf.
»Ich hab schlecht geträumt«, sagte er. »Und ich hab jemanden r… reden gehört.«
Joe hob den Arm, Liam kletterte zu ihm ins Bett und kuschelte sich unter die Decke. Sobald sein Kopf das Kissen berührte, fielen ihm die Augen zu. Joe sah Saffy an und lächelte.
Da kann man nichts machen , sagte sein Gesicht. Dann hob er den anderen Arm, und Saffy legte sich dazu.
Saffy hatte das schreckliche Gefühl, Dermot der Nervöse wäre kurz davor, es sich schon wieder anders zu überlegen. Er hätte das Drehbuch eigentlich schon längst absegnen sollen, aber er hatte immer noch etwas daran auszusetzen. War es nicht ein bisschen zu anstößig, wenn der Engel mit freiem Oberkörper herumlief? Würde ein Kobold nicht freundlicher wirken als ein Engel, und vor allem auch irischer, was die Herkunft der Marke unterstreichen würde? Und war die Stimmung des Ganzen nicht etwas zu gedrückt? Könnten die Frauen nicht jubeln, wenn sie ihn sahen? Vielleicht singen und ein bisschen tanzen?
Er hatte vor einer Woche das Demoband des Regisseurs abgenickt, dann jedoch leider festgestellt, dass er nicht hundertprozentig Ja sagen konnte, solange er ihn nicht persönlich getroffen hatte, und darauf bestanden, dass dieses Treffen auf einem düsteren Industriegelände in Tallaght stattfinden müsste.
Der Meetingraum war winzig, vollgestellt und befand sich auf dem Dachboden über der Fabrikanlage. Saffy, Dermot der Nervöse und der Regisseur mussten sich an White-Feather-Kartons vorbeiquetschen, um an den Tisch zu kommen. Außerdem mussten sie fast schreien, um einander über das Brummen der Maschinen und den Lärm der Gabelstapler hinweg hören zu können.
Einen der besten New Yorker Regisseure anzuheuern war Saffys Versöhnungsangebot für Ant gewesen. Ihre Art, sich dafür zu entschuldigen, dass er für den Avondale-Dreh ihretwegen mit einem zweitklassigen Typen hatte vorliebnehmen müssen. Ben Rosen, ein Hippie von der Ostküste, war direkt von seinem Flug aus New York hierher zum Treffen gekommen. Er hatte graue Haare, die er in einem langen, strähnigen Pferdeschwanz trug, und ein enormes Ego. Er ließ schon in den ersten zehn Minuten wie nebenbei so viele berühmte Namen fallen, dass Saffy anfing mitzuzählen. »Als ich mit Martin Scorsese (3) zusammengearbeitet habe … Und ich sag so zu Steven Soderbergh (9) … Und dann ruft mich mein alter Freund Al Pacino (11) an …«
Sie traute sich kaum, Dermot den Nervösen auch nur anzusehen, aber als sie es schließlich wagte, wurde ihr klar, dass er vollkommen fasziniert war. Wie ein junges Mädchen, das seinen Lieblingsstar trifft. Sie hatte damit gerechnet, um jedes Detail kämpfen zu müssen, aber er rollte sich auf den Rücken wie eine Katze, die gestreichelt werden will, während Ben Rosen seine Einwände einen nach dem anderen zerpflückte.
Am Ende des Treffens
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