An und für dich

Händen in den Papieren. Das meiste war nur Müll. Alte Kontoauszüge und Kinoprogramme, Fahrkarten und Scheckbücher, hingekritzelte Backrezepte und Bedienungsanleitungen mit Eselsohren. Sie stopfte das alles in eine der Tüten.
    Eine Klarsichthülle mit einem Packen professioneller Aufnahmen aus Jills Modeltagen und Ausschnitten aus Zeitschriften lagen noch da. Saffy schob sie unter ihren Sitz und betrachtete das, was noch übrig war. Achtundfünfzig Briefumschläge und ein kleines Päckchen. Ihre Mutter hatte sie alle vor ihr versteckt.
    Die Handschrift war bis auf einen Brief und das Päckchen überall dieselbe. Die I-Punkte saßen weit über dem I. Der Querstrich beim T war sehr tief. Die Unterlängen bei den »y«s und »p«s kippten fast bis zur Horizontalen nach links.
    Achtundzwanzig Weihnachtskarten. Ein Rentier, dahinter der Vollmond. Zwei Teddybären, die an einem Knallbonbon ziehen. Ein Marmorengel mit Schnee auf den Flügeln. Eine kleine Maus in einem Weihnachtsbaum. Ein Windhund mit einem Elchgeweih auf dem Kopf. Ein Pinguin mit einer Weihnachtsmannmütze, der eine Eisscholle entlangschlittert. Ein graues Eichhörnchen mit einer Patchwork-Schürze, das Geschenke einpackt. Der Weihnachtsmann, der auf seinem Schlitten über ein Hausdach mit glitzerndem Schnee drauf hinwegfliegt. Vom Dach löste sich Glitter und klebte ihr an den Fingerspitzen. Büchergutscheine und alte Geldscheine, dünn und spröde wie gepresste Blumen, fielen ihr in die Hände.
    Weihnachten 1978. Der Weihnachtsmann hat mich gebeten, dir diesen Büchergutschein zu schicken, damit Mum dir dein Lieblingsbuch kaufen kann. (Vielleicht ist es jetzt noch nicht dein Lieblingsbuch, aber bald!) Es heißt »Wo die wilden Kerle wohnen«. Fröhliche Weihnachten, mein Schatz.
    Alles Lieb e
    Da d
    Dezember 1992. Ich wünschte, wir könnten dieses Weihnachte n zusammen feiern. Und auch alle anderen Weihnachten. Und ic h hoffe, dass wir uns bald treffen und dann öfter sehen .
    Alles Lieb e
    Da d
    14. Dezember 1999. Fröhliche Weihnachten und ein fröhliches Millenium! Ich fahre am 31. Dezember nach London, um mir das Feuerwerk von der Tower Bridge aus anzusehen. Unsere Freunde Frank und Susan kommen mit, um mir mit Marie zu helfen. Allein würde ich es nicht schaffen, ich bin jetzt offiziell ein alter Mann. (Werde dieses Jahr fünfundsechzig. Seniorenfahrkarte. Rente. Haare in den Ohren.)
    Alles Liebe
    Dad
    Greg und Saffy waren auch zur Milleniumsfeier nach London gefahren. Sie hatten im Soho House gegessen und waren dann hinunter zur South Bank spaziert, um sich von dort aus das Feuerwerk anzusehen. Womöglich hatte ihr Vater dort am Fluss in der Menge neben ihr gestanden.
    Siebenundzwanzig Postkarten zum Geburtstag. Ein Jack-Russell-Terrier auf einem Liegestuhl: Ich wünsche dir einen tollen Geburtstag ! Ein grüner Papagei mit rotem Schwanz, über dem in einer Sprechblase stand: Sprich mir nach: Das wird der schönste Geburtstag, den ich je hatte ! Ein Cartoon-Hase auf einem Hüpfball: Alles Liebe zu deinem fünften Geburtstag ! Immer schön hüpfen, mein Schatz ! Zwei Schafe mit Handtaschen und High Heels: Geburtstag! Total Schaf!
    Ihr Lieblingscomic von Gary Larson, der mit den Kühen, die auf den Hinterbeinen stehen, und der einen Kuh, die »Auto!« ruft, und dann gehen alle schnell auf alle viere: Ich hoffe, Kühe machen so was wirklich! Und ich wünsche dir einen fantastischen Geburtstag, Sadbh. Ich werde am Abend des 17. Oktobers um 20:45 Uhr an dich denken, weil du dann nämlich vor genau fünfzehn Jahren geboren bist .
    Eine zusammengefaltete Urkunde aus Pergament, auf der stand: »Hiermit wird verkündet, dass der Stern mit den Koordinaten RA 273.21034164 Dec 63.68550278 von nun an den Namen Sadbh tragen wird, zu Ehren von Sadbh Martins siebzehntem Geburtstag.« Und eine Karte mit einem einzelnen, goldenen Stern darauf: Auch wenn du deinen Stern nicht jede Nacht sehen kannst, weißt du, dass er irgendwo dort draußen ist. Ich wünsche dir einen wundervollen Geburtstag !
    Ein Ausschnitt aus den Seerosen . Das gleiche Bild, das sie auch in ihrem Zimmer aufgehängt hatte, als sie fünfzehn war. Es hing immer noch dort. Alles Liebe zu deinem einundzwanzigsten Geburtstag. Entschuldige, dass die Karte so spät kommt. Ich hatte einen ganzen Monat lang Lungenentzündung (geschieht mir recht! Scheißzigaretten!). Ich hoffe, das Geld hier reicht für eine Fahrt nach Paris (und zurück!!), damit du dir dieses Gemälde im Original ansehen kannst.
    Es